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»Hören wir auf damit«, schlug ich vor. »Womöglich war es keine Kriegsmaschine. Es kann etwas ganz anderes gewesen sein.«

»Und was?« fragte Cynthia.

»Zehntausend Jahre sind verstrichen«, sagte ich.

»Das schon«, meinte Cynthia. »Inzwischen kann es vieles andere geben.«

Elmer sagte nichts. Er saß reglos.

Auf dem Hügelkamm über uns rief jemand, und wir sprangen alle auf die Füße. Irgendwo oben tanzte ein Licht, und wir vernahmen die Geräusche, mit denen Gestalten sich einen Weg durch die Wirrnis der gefallenen Bäume bahnten.

Wieder rief jemand. »Ho, ihr am Feuer!« rief er.

»Ho, ihr da!« antwortete Elmer. Das Licht tanzte unverändert.

»Eine Laterne«, sagte Elmer. »Höchstwahrscheinlich sind das die Leute, die mit den Hunden auf Jagd waren.«

Wir beobachteten die Laterne. Man rief uns nicht mehr an. Schließlich hörte das Licht zu tanzen auf und wanderte den Hügel herab, auf uns zu.

Es waren drei; drei hochgewachsene Männer, die Vogelscheuchen ähnelten und grinsten, daß ihre Zähne im Flackern unseres Feuers blitzten, Gewehre über den Schultern, und einer trug etwas auf dem Rücken. Ihre Hunde sprangen um sie herum.

Am Rand des Lagerplatzes blieben sie stehen, verharrten für einen Moment wortlos und betrachteten uns, musterten uns.

»Wer seid ihr denn?« erkundigte sich einer schließlich.

»Besucher«, sagte Elmer. »Reisende. Fremde.«

»Was bist du? Du bist kein Mensch.« Er sprach das Wort aus wie >Mänsch<.

»Ich bin ein Roboter«, sagte Elmer. »Ich bin Einheimischer. Man hat mich hier auf der Erde hergestellt.«

»Große Begebenheiten«, sagte ein anderer von ihnen. »Eine Nacht großer Begebenheiten.«

»Wißt ihr, was das war?« fragte Elmer.

»Der Räuber«, sagte jener, der zuerst gesprochen hatte. »Man erzählt alte Geschichten über ihn. Die kannte schon Urgroßväterchen sein Pappi.«

»Wenn er euch verschont hat«, sagte der dritte, »braucht ihr euch nicht länger zu fürchten. Kein Mensch sieht ihn zweimal im Leben Er kommt erst nach vielen Jahren wieder.«

»Und ihr habt keine Ahnung, was es ist?«

»Der Räuber.« Die Antwort klang, als erübrige sich jede nähere Erklärung, als brauche man weitere Fragen erst gar nicht zu stellen.

»Wir haben euer Feuer gesehen«, sagte der erste, »und wollten mal kurz Tagchen sagen.«

»Setzt euch zu uns«, forderte Elmer sie auf.

Sie traten vor und kauerten sich ans Feuer, die Gewehrkolben auf den Boden gestützt, so daß die Läufe an ihren Schultern lehnten. Jener mit der Last auf dem Rücken warf sie nun vor sich hin.

»Ein Waschbär«, konstatierte Elmer. »Eure Jagd hat sich gelohnt.«

Die Hunde kamen ebenfalls heran und streckten sich hechelnd am Boden aus. Gelegentlich wedelten sie freundlich mit den Schwänzen, ließen Elmer aber nicht aus den Augen.

Die drei saßen nebeneinander und grinsten uns an. »Ich bin Luther«, sagte einer, »und das da ist Zeke, und der Bursche dort heißt Tom.«

»Ich freue mich, euch kennenzulernen«, sagte Elmer, der so höflich sprach wie er es vermochte. »Mein Name ist Elmer. Die junge Dame hier heißt Cynthia, und dieser Gentleman ist Fletcher.«

Sie nickten. »Und was habt ihr da für ein Tier?« fragte Tom.

»Sein Name ist Bronco«, erwiderte Elmer. »Er ist ein Instrument.«

»Ich bin erfreut«, sagte Bronco, »eure Bekanntschaft zu machen.«

Sie starrten ihn an. »Denkt euch nichts dabei«, meinte Elmer. »Wir kommen alle von den Siedlerwelten.«

»Nun, ach«, sagte Zeke, »das macht wirklich nichts. Wir haben euer Feuer bemerkt und beschlossen, einmal vorbeizuschauen.«

Luther griff in seine Hüfttasche und zog eine Flasche hervor. Einladend fuchtelte er damit.

Elmer schüttelte den Kopf. »Ich bin zum Trinken außerstande«, erklärte er.

Ich trat hinüber und langte nach der Flasche. Es war an der Zeit, daß ich mitmischte; bis jetzt hatte Elmer das Gespräch allein geführt.

»Ist richtig gut, das Zeug«, versicherte Zeke. »Timothy der Alte, der hat's gemacht. Kann was mit seiner Matschpresse.«

Ich entkorkte die Flasche und setzte sie an die Lippen. Fast wäre ich erstickt. Ich unterdrückte verzweifelt einen Hustenanfall. Das Gesöff brannte in meinem Magen. Meine Knie wurden weich.

Sie beobachteten mich aufmerksam, mit erstarrtem Grinsen.

»Ein sehr männliches Getränk«, versicherte ich. Nach einem zweiten Zug reichte ich die Flasche zurück.

»Die Dame?« fragte Zeke.

»Für sie ungeeignet«, sagte ich.

Sie ließen die Flasche untereinander kreisen. Ich setzte mich ihnen gegenüber. Sie boten mir die Flasche nochmals an. Ich trank einen weiteren Schluck. Von den drei Zügen, die ich in kurzen Abständen genommen hatte, begann sich mein Verstand ein wenig zu umnebeln, aber ich sagte mir, das sei bloß gut für die Stimmung. Jemand von uns mußte nach ihrer Art mit ihnen reden.

»Noch einen?« fragte Tom.

»Jetzt nicht«, sagte ich. »Vielleicht später. Ich will euch nicht alles wegsaufen.«

»Ich habe noch eine in Reserve«, sagte Luther und klopfte auf eine Ta-sche.

Zeke zog ein Messer aus dem Gürtel, streckte einen Arm aus und zerrte den Waschbären zu sich heran.

»Luther, hol'n paar Äste für'n Bratspieß«, sagte er. »Wir haben Frischfleisch und Schnaps und ein schönes warmes Feuer. Wir machen eine gemütliche Nacht.«

Über meine Schulter sah ich Cynthia an. Ihr Gesicht war bleich und verzerrt, ihre Augen beobachteten voller Entsetzen, wie Zekes Messer säuberlich den breiten Bauch des Waschbären der Länge nach aufschlitzte.

»Nur die Ruhe«, sagte ich.

Sie schenkte mir ein kränkliches Lächeln.

»Am Morgen«, sagte Tom, »kehren wir heim. Im Hellen kommt man durch den Wald besser voran. Großer Tanz morgen abend. Könnt uns begleiten, würde uns freuen. Bestimmt macht ihr mit.«

»Natürlich kommen wir«, sagte Cynthia.

Ich schaute zu Bronco hinüber. Er stand starr, alle seine Sensoren ausgefahren verfolgte er das Abhäuten und Ausnehmen des Tiers.

8

Er hatte mir die Felder mit den aufgetürmten Garbenhaufen von Korn und den Kürbissen gezeigt, die golden in der Sonne glänzten; die Gärten, in denen noch ein paar Gemüsesorten standen, doch das meiste war schon abgeerntet; die Schweine, aus dem Gehölz geholt, fettgefressen von Eicheln, schlachtreif; die Rinder und Schafe im kniehohen Weideland; das Räucherhaus, vorbereitet für die Schinken und Speckseiten; das Eisenhaus, worin man in sorgsam sortierten Haufen verschiedene Arten von ausgegrabenem, geborgenem Metall aufhob; die Hühnerfarm, das Werkzeuglager, die Schmiede und die Scheunen, und nun hockten wir beide auf dem obersten Balken einer morschen Umzäunung.

»Wie lange sind Sie schon hier?« fragte ich ihn. »Ich meine, seit wann wohnen Menschen in diesem Tal?«

Er wandte mir sein runzliges altes Patriarchengesicht zu, die sanften blauen Augen, den Vollbart, der wie weiße Seide auf seine Brust hing. »Das ist eine alberne Frage«, sagte er. »Wir waren schon immer hier. Überall im Tal leben kleine Gemeinschaften von uns. Ein paar Leute wohnen allein, aber wenige. Zumeist leben wir zusammen. Einige Familien bilden schon länger Gemeinschaften als ein Mensch zurückzudenken vermag. Natürlich ziehen manche fort, um sich in einer besseren Gegend niederzulassen, oder was sie für besser halten. Wir sind nicht viele, wir waren nie viele. Manche Frauen gebären nicht. Viele Kinder sterben. Man sagt, in uns stecke eine uralte Krankheit die das Licht über uns gebracht habe. Ich weiß es nicht. Man sagt so vieles, erzählt alte Geschichten aus der Vergangenheit, aber man kann nicht feststellen, ob sie wahr sind oder nicht.«

Er stemmte seine Absätze fester gegen den zweiten Querbalken und stützte seine Arme auf die Knie. Seine Hände waren krumm vom Alter. Die Knöchel wölbten sich wie Knoten, die Finger waren steif und verkrümmt. Auf seinen Handrücken bildeten die heraustretenden Adern ein faszinierendes, blaues Profil.