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»Sie werden sicher eine Weile bei uns bleiben«, meinte der Alte. »Sie wissen, daß Sie willkommen sind. Sie können hier bleiben und die Arbeit ausführen, die Sie vorhaben.«

Ich schüttelte den Kopf. »Das bedarf genauer Überlegung. Wir werden unsere Pläne beraten. Aber vielen Dank.«

Sie tanzten nun einen derben und ziemlich wilden Tanz, aber mit einer gewissen Würde und Beschwingtheit, und oben auf der Bühne, bei den Musikanten, röhrte ein Mann, der lederne Lungen besitzen mußte, ein Lied.

Der Alte kicherte. »Das ist ein Square Dance. Haben Sie noch nie davon gehört?«

»Noch nie«, sagte ich.

»Ich werde auch mitmachen«, versicherte der Alte, »sobald ich noch einen oder zwei getrunken und meine Gelenke geschmiert habe. Da fällt mir ein ...«

Er holte eine Flasche aus seiner Tasche, entkorkte sie und reichte sie mir. In meinen Händen fühlte sie sich kalt an; ich hob sie an den Mund und tat einen Zug. Das Getränk war erheblich besser als jenes, das ich in der Nacht zuvor gekostet hatte. Es rann schnell und leicht in den Magen und brannte nicht.

Ich hielt ihm die Flasche hin, aber er schob meine Hand zurück. »Nehmen Sie noch einen«, sagte er. »Sie sind im Rückstand.«

Also nahm ich noch einen Schluck. Innerlich wurde mir wärmer, und ein Wohlgefühl durchströmte mich.

Ich händigte die Flasche aus, und der Alte trank. »Whiskey vom Friedhof«, sagte er. »Den machen sie besser als wir. Ein paar Jungs waren heute früh beim Friedhof und haben eine ganze Kiste erhandelt.«

Der erste Tanz war beendet, und ein neuer bahnte sich an. Unter diesen Tänzern war auch Cynthia. Im Feuerschein war sie schön, und sie tanzte mit einer geschmeidigen Anmut, die mich überraschte, obwohl ich eigentlich keinen Grund zu der Auffassung hatte, sie könne nicht anmutig sein.

Der Mond war unterdessen aufgegangen und erklomm den Nachthimmel. So wohl hatte ich mich noch nie im Leben gefühlt.

»Hier, trinken Sie noch einen«, sagte der Alte und reichte mir die Flasche.

Die Nacht war warm, die Menschen waren erhitzt, die Wälder dunkel, das Feuer loderte hell, und dort tanzte Cynthia, und ich wollte zu ihr und mit ihr tanzen.

Die Musik verstummte, und ich begann mich nach vorn zu schieben, in der Absicht, Cynthia zu fragen, ob sie mit mir tanze. Doch bevor ich mehr als ein paar Schritte getan hatte, betrat Elmer den Tanzplatz. Er stellte sich in die Mitte und vollführte so etwas wie einen Stegreifstep, und dann erhob sich auf der Bühne einer der Fiedler und begann zu spielen, vielleicht keinen Step, aber immerhin eine sehr spritzige Melodie, und gleich darauf fielen die anderen Musikanten ein.

Elmer tanzte. Er hatte stets wie ein sturer, schwerfälliger Roboter auf mich gewirkt, doch nun stampften seine Füße verblüffend schnell über den Boden, sein Rumpf schaukelte. Die Menschen bildeten einen Kreis um ihn und schrien und riefen begeistert und klatschten beifällig, zu seiner Ermutigung, in die Hände. Bronco verließ seinen Posten am Waldrand und strebte zum Tanzplatz. Einige Menschen, die ihn kommen sahen, kreischten auf, und der Kreis öffnete sich, um ihn durchzulassen. Er trat hinein, stellte sich vor Elmer auf und begann zu wackeln und mit allen acht Füßen auf den Boden zu trampeln.

Die Musikanten spielten wie verrückt und steigerten das Tempo der Musik immer weiter, und Elmer und Bronco, im Kreis der Zuschauer, hielten mit. Broncos acht Beine fuhren auf und nieder wie durchgedrehte Kolben, und zwischen den Beinen, die stampften und tanzten, wand sich und zuckte sein Rumpf. Unter den Füßen der beiden rumpelte der Boden wie eine Trommel, und es schien mir, als spüre ich die Vibration durch meine Sohlen. Die Leute schrien und jubelten vor Begeisterung. Ein paar außerhalb des Kreises hatten zu tanzen angefangen, und die anderen begannen nun ebenfalls damit, sie tanzten mit Bronco und Elmer.

Ich blickte zur Seite, und auch der Alte tanzte, sprang wie verrückt her-um, sein weißes Haar flog, sein weißer Bart hüpfte im Rhythmus seiner Raserei auf und nieder. »Tanz!« brüllte er mich an, kurzatmig und mit einem Rasseln in den Bronchien. »Was'n los, du tanzt nicht?«

Dabei griff er in seine Tasche, zog die Flasche heraus und streckte sie mir entgegen. Ich packte zu, nahm sie und begann zu tanzen. Während ich tanzte, riß ich den Korken heraus und setzte die Flasche an, und das Glas klapperte gegen meine Zähne, worauf etwas vom Getränk in mein Gesicht spritzte, aber ein guter, anständiger Schluck ergoß sich in meine Kehle. Er rann in meinen Magen, wo er warm schwappte und gluckerte, und ich tanzte, fuchtelte mit der Flasche, und ich glaube, ich schrie auch irgend etwas, nicht aus besonderem Anlaß, sondern aus schierer Freude an dieser Nacht.

Wir waren alle schlicht und einfach verrückt - verrückt von der Nacht, dem Feuer und der Musik. Wir tanzten ohne Bewußtsein und ohne Sinn. Jeder tanzte, weil alle anderen tanzten, oder weil zwei Maschinen tanzten, ihre wesensmäßige Plumpheit in unglaubliche, unvergleichliche Anmut verwandelt - oder vielleicht tanzten wir bloß aus reiner Lebensfreude, weil wir alle tief im Innern wußten, daß das Leben nicht ewig währte.

Der Mond segelte über den Himmel, und der Rauch des Feuers wälzte sich in schlanken weißen Fahnen zu ihm empor. Die quietschenden Fiedeln und die klimpernden Gitarren kreischten, schluchzten und sangen.

Urplötzlich, wie auf einen Befehl (obwohl niemand einen Befehl erteilte), verstummte die Musik unter Mißtönen, die Tänzer hielten inne. Ich sah, wie die anderen verharrten und blieb ebenfalls stehen, die Flasche noch fest umklammert.

Ich spürte, wie jemand an meinem erhobenen Arm zerrte und hörte eine Stimme. »Die Flasche, Mann! Um Gottes willen, die Flasche!« Es war der Alte. Ich gab ihm die Flasche. Er deutete damit zur einen Seite des Kreises hinüber, dann schob er ihren Hals unter seinen Schnurrbart und warf den Kopf in den Nacken. Die Flasche gluckerte, und im Einklang mit dem Gluckern zuckte sein Kehlkopf auf und ab.

Ich schaute in die Richtung, in die er gewiesen hatte, und sah dort einen Mann reglos stehen. Er trug eine schwarze Robe, die herab bis über seine Füße fiel, und sie besaß eine Kapuze, die seinen Kopf bedeckte, so daß man von ihm nur den weißen Flecken seines Gesichts sah.

Der Alte sabberte und spuckte, halb erstickt, und löste die Flasche von seinen Lippen. Wieder zeigte er damit hinüber.

»Der Volkszähler«, sagte er.

Die Menschen wichen zurück, fort vom Volkszähler; auf der Bühne saßen zusammengesunken die Musikanten und wischten sich die Gesichter mit den Hemdsärmeln ab.

Der Volkszähler stand einen Moment lang ruhig da, während all die Leute ihn anstarrten, dann schwebte er - er ging nicht, er schwebte! - in die Mitte des Tanzplatzes. Der Mann mit der Rohrflöte hob das Instrument an die Lippen und begann mit einem Pfeifen, das dem Geräusch des Windes glich, der durch die Grashalme der Weiden fährt, dann anschwoll, eine Reihe von Noten trillerte, die man nahezu in der Luft hängen sehen konnte. Die Geigen fielen leise ein und untermalten den Klang der Flöte, und wie aus weiter Ferne knarrten die Gitarren hohle Laute; dann fingen die Geigen zu schluchzen an, die Flöte schraubte sich zu wahnwitzigen Tönen empor, und die Gitarren summten wie vibrierende Trommelhäute.

Inmitten des Tanzplatzes tanzte der Volkszähler, nicht mit den Füßen -seine Füße konnte man wegen der langen Robe nicht sehen -, sondern mit dem Körper, der wallte wie ein Tischtuch an einer Leine und im Wind schwankte, einen seltsamen, bizarren, eckigen Tanz, wie eine Puppe ihn darbieten würde.

Er war nicht allein. Andere tanzten mit ihm; eine Vielzahl schemenhafter Gestalten, erschienen aus dem Nichts, hatten sich ihm zum Tanz beigesellt, und der Feuerschein durchdrang hell den substanzlosen Schimmer ihrer geisterhaften Leiber. Zuerst zeigten sie sich nur als Umrisse, aber während ich sie voller Staunen anstarrte, nahmen sie langsam eine eindeutigere Form und erkennbare Züge an, obwohl sie nicht an Substanz gewannen. Sie blieben nebelhaft und verwaschen, aber sie glichen nun mehr Personen als bloßen Gestalten, und entsetzt erkannte ich, daß sie die Kleidung vieler verschiedener Rassen trugen, die fern zwischen den Sternen lebten. Da war ein bärtiger Brigant in Kilt und Umhang jenes abgelegenen Planeten mit dem höchst seltsamen Namen >End of Nothing<; dort ein riesiger Händler in stattlicher Toga vom Planeten Cash; und zwischen ihnen tanzte in einem Fransenkleid, eine Kette aus Edelsteinen um den Hals, selbstvergessen ein Mädchen, das nirgendwoher als vom Vergnügungsplaneten Vegas stammen konnte.