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»Bei allem nötigen Respekt«, bemerkte ich, »aber wir haben unter uns eine Dame ...« Aber er schenkte mir keinerlei Aufmerksamkeit.

»Als ich tot war«, fuhr er fort, »und man meinen Körper gefunden hatte, entschloß mein Clan sich zu einem Schritt, den man zuvor noch nie getan hatte. Alle unsere ehrenvollen Toten begruben wir in der Prärie, ohne die Gräber zu kennzeichnen. Der Gedanke dabei war, daß ein Mensch sich nicht mehr wünschen konnte, als eins zu werden mit der Welt, auf der er herumgelaufen war. Einige Jahre zuvor hatten wir Kunde von dem Friedhof hier auf der Erde erhalten, aber hatten ihr wenig Bedeutung beigemessen, weil wir die Dinge anders handhabten. Aber nun traf sich der Clan zu einer Beratung und entschied, daß mir die Ehre zuteil werden solle, im Boden von Mutter Erde zu schlafen. Daher wurde ein großes Faß hergestellt, das meine armseligen Überbleibsel, in Alkohol eingelegt, aufnahm. Man karrte es zum einzigen, jämmerlichen Raumhafen des Planeten, wo es viele Monate lang in einem Lagerraum auf die Ankunft eines Schiffs wartete, womit es schließlich zum nächsten Hafen flog, von dem aus ein Bestattungsschiff regelmäßig verkehrte.«

»Ihr könnt nicht verstehen«, sagte der Volkszähler, »was dieser Entschluß seinen Clan gekostet hat. Es sind verdammt arme Leute auf dem Planeten Prairie, und ihr einziger Reichtum sind die Herden und Rudel. Sie brauchten Jahre, um die Anzahl ihrer Tiere wieder auf den alten Stand zu bringen, nachdem sie den Friedhof für seine Dienste bezahlt hatten. Es war ein nobles Opfer und es ist schade, daß daraus solch eine traurige Geschichte wurde. Wie ihr vielleicht erratet, war und ist Ramsey der einzige Bewohner Prairies, der je im Friedhof begraben wurde - nicht, daß man ihn wirklich hier begrub, wenigstens nicht in der Art, wie man es mit ihm vorgehabt hatte. Die Friedhofsverwaltung, nicht das gegenwärtige Management, sondern eines vor vielen Jahren, brauchte zu jener Zeit zufälligerweise einen Sarg, um gewisse Gegenstände zu verstecken. Einen zusätzlichen Sarg ...«

»Du meinst sicher - Artefakte«, sagte ich.

»Du weißt davon?« fragte der Volkszähler.

»Wir hatten bereits einen diesbezüglichen Verdacht«, sagte ich.

»Euer Argwohn war berechtigt«, meinte der Volkszähler, »und unser ar-mer Freund hier war eins der ersten Opfer ihres Verrats und ihrer Gier. Sein Sarg wurde für Artefakte gebraucht, und was von ihm übrig war, wurde in eine tiefe Schlucht, eine Leichengrube am Rande des Friedhofs geworfen, und seit jenem Tag wandelt sein Gespenst über die Erde, so wie es viele andere aus dem gleichen Grund tun.«

»Du erzählst das sehr schön«, sagte O'Gillicuddy, »und mit ergreifend schlichter Wahrhaftigkeit.«

»Trotzdem würde ich nur ungern noch mehr davon hören«, sagte Cynthia. »Ich glaube euch auch ohne die Aufzählung schauriger Einzelheiten.«

»Wir haben ohnehin nicht länger Zeit für so etwas«, sagte der Volkszähler. »Wir müssen nun überlegen, was ihr beiden unternehmen sollt. Sobald die Wölfe eure beiden Freunde eingeholt haben, werden sie sofort feststellen, daß ihr nicht in ihrer Begleitung seid, und da es dem Friedhof nicht um die beiden Roboter geht, sondern um euch ...«

»Sie werden zurückkommen«, sagte Cynthia mit einem furchtsamen Unterton in der Stimme.

Auch mir war nicht sonderlich wohl zumute. Die Vorstellung, wie die großen Metallbestien nach unseren Beinen schnappten, war mir höchst unangenehm.

»Wie bewerkstelligen sie die Verfolgung?« fragte ich.

»Sie besitzen einen Geruchssinn«, erklärte der Volkszähler. »Nicht von der Art, wie ihn Menschen haben, sondern die Fähigkeit, chemische Geruchsteilchen aufzunehmen und zu identifizieren. Wenn ihr euch auf steinigem Grund haltet, könnte sich das als schwierig erweisen. Dort hinterlaßt ihr kaum Spuren, und euer Geruch bleibt nicht haften. Vorhin hatte ich befürchtet, sie würden Witterung aufnehmen, aber sie befanden sich niedriger als ihr, und eine günstige Luftströmung muß euren Geruch fortgetragen haben.«

»Sie werden den Pferden folgen«, sagte ich. »Die Spur ist noch ganz frisch, und sie laufen sehr schnell. Möglicherweise haben wir nur noch wenige Stunden, bis sie herausfinden, daß wir nicht bei den anderen sind.«

»Etwas Zeit habt ihr noch«, bemerkte der Volkszähler. »Es sind noch mehrere Stunden bis Sonnenaufgang, und solange es nicht hell ist, könnt ihr nicht aufbrechen. Ihr müßt schnell vorwärtskommen und dürft daher nur wenig mitnehmen.«

»Wir nehmen Lebensmittel«, sagte Cynthia, »und Decken ...«

»Nicht zuviel Lebensmittel«, unterbrach der Volkszähler. »Nur das Aller-nötigste. Auf eurem Weg werdet ihr etwas zu essen finden. Ihr habt doch Angelhaken mit, oder nicht?«

»Ja, wir haben Schnur und einige Angelhaken«, sagte Cynthia. »Von Fisch allein können wir aber nicht leben.«

»Es gibt auch Wurzeln und Beeren.«

»Wir wissen aber doch nicht, welche Wurzeln und Beeren.«

»Das braucht ihr auch nicht«, sagte der Volkszähler. »Ich kenne sie alle.«

»Heißt das, daß du uns begleitest?«

»Natürlich werden wir das«, warf O'Gillicuddy ein. »Wir alle werden euch begleiten. Viel können wir nicht ausrichten, aber geringere Hilfe vermögen wir doch zu erweisen. Zum Beispiel nach Verfolgern Ausschau halten ...«

»Aber Geister ...«, gab ich zu bedenken.

»Gespenster«, korrigierte mich O'Gillicuddy.

»Aber Gespenster existieren doch am Tage nicht.«

»Das ist ein menschlicher Trugschluß«, erwiderte O'Gillicuddy. »Wir können bei Tageslicht natürlich nicht gesehen werden. Aber nachts verhält es sich genauso. Wenn wir es nicht wollen, kann man uns nicht sehen.«

Die anderen Gespenster ließen ein Gemurmel der Zustimmung vernehmen.

»Wir packen unsere Habseligkeiten«, sagte Cynthia, »und lassen den Rest zurück. Elmer und Bronco werden wiederkommen, und deshalb müssen wir für sie eine Nachricht hinterlassen. Damit sie sie auch finden, befestigen wir sie an einem der Bündel.«

»Wir müssen ihnen mitteilen, wohin wir aufbrechen«, sagte ich.

»In die Berge«, sagte der Volkszähler.

»Kennst du einen Fluß«, fragte Cynthia, »den man Ohaio oder so ähnlich nett?«

»Den Ohio? Den kenne ich sehr gut«, antwortete der Volkszähler. »Wollt ihr dorthin?«

»Nun hör einmal zu«, sagte ich zu Cynthia. »Wir können nicht ...«

»Warum nicht?« unterbrach sie mich. »Wenn wir fort müssen, irgendwohin, können wir genauso gut dorthin, wohin wir eigentlich wollten ...«

»Aber ich dachte, wir wären uns darin einig ...«

»Ich weiß«, sagte Cynthia. »Du hast dich klar genug ausgedrückt. Deine Komposition hat Vorrang, und ich schlage vor, daß das auch so bleibt. Aber du kannst überall daran arbeiten, nicht wahr?«

»Gewiß, so lange es sinnvoll ist.«

»Dann erklären wir den Ohio zu unserem Ziel«, sagte Cynthia. Sie wandte sich an den Volkszähler. »Falls du keine Einwände hast.«

»Ich bin damit einverstanden«, erwiderte er. »Um den Fluß zu erreichen, müssen wir durch die Berge. Ich hoffe, daß es uns gelingt, die Wölfe irgendwo in den Bergen abzuschütteln. Darf ich fragen ...?«

»Das ist eine lange Geschichte«, erwiderte ich knapp. »Wir erzählen sie dir später.«

»Hast du jemals von einem Unsterblichen gehört, der das Leben eines Einsiedlers führt?« erkundigte sich Cynthia.

Wenn sie einmal die Krallen in etwas geschlagen hatte, dann ließ sie nicht mehr locker.