Reilly schüttelte trübsinnig den Kopf. »Ich kann's nicht ändern. Das ist Ihre Rechnung. Entweder begleichen Sie sie oder wir behalten die Fracht. So ist das geregelt.«
Die beiden anderen Männer waren lautlos an seine Seite getreten.
»Das ist völlig lächerlich«, widersprach ich. »Das muß ein Scherz sein.«
»Mister«, sagte der Vorarbeiter, »das ist durchaus kein Scherz.«
Ich besaß keine vierhundert Kredits, aber auch andernfalls hätte ich die Rechnung nicht bezahlt; allerdings konnte ich ebensowenig mit dem Vorarbeiter und den beiden strammen Packern neben ihm fertig werden.
»Ich werde die Rechnung prüfen lassen«, sagte ich, indem ich das Gesicht zu wahren versuchte, während ich keine Vorstellung davon hatte, was ich als nächstes unternehmen sollte. Sie hatten mich kaltgestellt, ich wußte es. Nicht sie allerdings; es war Maxwell Peter Bell. Er hatte mich kaltgestellt.
»Tun Sie das, Mister«, sagte Reilly. »Das dürfen Sie ruhig tun.«
Ich konnte bei Bell vorsprechen, doch genau das wollte er. Er rechnete damit, daß ich es tun würde, und dann wäre natürlich alles in Ordnung, man würde mir alles verzeihen, wenn ich eine Zuwendung des Friedhofs akzeptierte und meine Arbeit im Sinne des Friedhofs durchführte. Aber auch darauf beabsichtigte ich mich nicht einzulassen.
»Fletcher«, sagte hinter mir Cynthia, »sie rotten sich gegen uns zusammen.«
Ich drehte den Kopf und sah weitere Männer durch die Tür kommen.
»Das ist keine Zusammenrottung«, bemerkte Reilly. »Wir möchten bloß dafür sorgen, daß Sie uns unmißverständlich begreifen.«
Hinter Reilly ertönte ein leises, schrill knarrendes Geräusch, und als ich es vernahm, begriff ich sofort, was es verursachte, nämlich ein Nagel, den man aus dem Holz zwang, worin er steckte.
Reilly und seine Gefolgsmannen fuhren herum.
»Also los, Elmer! Heraus und zeig ihnen was du kannst!« brüllte ich.
Auf meinen Ruf hin, schien die Kiste zu explodieren, die Bretter, die über die Oberseite genagelt lagen, bogen sich und zerbrachen, und aus der Kiste erhob sich Elmer auf seine acht Beine.
Beinahe behutsam trat er heraus.
»Was gibt es, Fletch?«
»Sei nachsichtig mit ihnen, Elmer«, sagte ich. »Töte sie nicht. Brich ihnen nur ein paar Knochen.«
Er trat einen Schritt vor, und Reilly und die beiden Männer zu seinen Seiten wichen zurück.
»Ich werde sie nicht verletzen«, beschloß Elmer, »sondern nur ein wenig durchmangeln. Wer ist das dort hinter dir, Fletch?«
»Das ist Cynthia«, antwortete ich. »Sie wird uns begleiten.«
»Wirklich?« meinte Cynthia.
»Hören Sie mal, Carson«, schnauzte Reilly, »versuchen Sie's nicht auf die harte Tour ...«
»Verschwindet! sagte Elmer drohend. Er tat einen schnellen Schritt vorwärts und schwang seinen Arm. Alle stürzten davon und zur Tür hinaus.
»O nein!« rief Elmer. Er eilte an uns vorüber. Sie schlossen die Tür, doch bevor sie zufallen konnte, zwängte er eine Hand in den Spalt, packte die Tür, drückte sie auf und rammte die Schulter dagegen. Sie wölbte sich und hing schief.
»Das wird sie lehren«, sagte Elmer, »uns einsperren zu wollen! Stelle sich einer so etwas vor! Aber jetzt läßt die Tür sich nicht länger schließen. Erzähl mir, Fletch, was los ist.«
»Maxwell Peter Bell«, erklärte ich, »hat etwas gegen uns. Komm, packen wir den Bronco aus. Je schneller wir abhauen, um so ...«
»Ich muß den Wagen holen«, sagte Cynthia. »Meine ganzen Vorräte und meine Kleidung sind darin.«
»Vorräte?« fragte ich.
»Klar. Nahrung und anderes Zeug, das wir brauchen werden. Ich bezweifle, daß Sie dergleichen mitgebracht haben. Das ist einer der Gründe, warum ich so blank bin. Ich habe sie vom letzten Geld gekauft ...«
»Gehen Sie und holen Sie den Wagen«, sagte Elmer. »Ich passe auf. Niemand wird Sie belästigen.«
»Sie haben an alles gedacht«, stellte ich fest. »Sie waren sich offenbar ihrer Sache sehr sicher ...«
Aber sie lief schon aus der Tür. Von Reilly oder seinen Männern war nichts zu sehen. Sie stieg in den Wagen und fuhr ihn durch den Eingang in die Halle.
Elmer trat zu den übrigen Kisten und klopfte gegen die kleinste. »Bist du das, Bronco?« fragte er. »Bist du da drin?«
»Ich bin es«, antwortete eine gedämpfte Stimme. »Elmer, bist du es? Haben wir die Erde erreicht?«
»Ich wußte nicht«, sagte Cynthia, »daß Bronco ein Sensualapparat ist und sprechen kann. Professor Thorndyke hat davon nichts erwähnt.«
»Er ist sensorisch«, klärte Elmer sie auf, »besitzt jedoch nur einen niedrigen Intellekt. Nicht gerade ein Geistesriese.«
Er wandte sich an Bronco. »Hast du den Flug gut überstanden ?«
»Ich bin in Ordnung«, antwortete Bronco.
»Wir brauchen eine Zange, um die Kisten zu öffnen«, sagte ich.
»Überflüssig«, sagte Elmer. Er ballte eine Faust und schmetterte sie auf eine Ecke der Kiste. Das Holz brach und splitterte, und er schob seine Finger in das entstandene Loch und riß ein Brett los.
»Das ist leicht«, behauptete er. »Ob ich aus meiner Kiste kommen würde, dessen war ich mir weniger sicher. Es war nicht viel Platz darin, ungünstig für den Einsatz von Hebelkraft. Aber als ich hörte, was sich abspielte ...«
»Ist Fletch hier?« fragte Bronco.
»Fletch kommt ganz gut allein zurecht«, meinte Elmer. »Er ist zur Stelle und hat schon ein Mädchen abgeschleppt.«
Er riß weitere Bretter aus der Kiste.
»Gehen wir an die Arbeit«, sagte er.
Das taten wir; wir beide.
Bronco war ein komplizierter Apparat und nicht leicht zu montieren. Die Kisten enthielten zahlreiche Teile, und sie alle mußten mit größter Präzision zusammengefügt und aufeinander abgestimmt werden. Aber wir beide arbeiteten schon seit fast zwei Jahren mit Bronco und kannten ihn in- und auswendig. Zuerst hatten wir uns nach der Bauanleitung gerichtet, doch die brauchten wir längst nicht mehr. Wir hatten sie fortgeworfen, als sie sich in derart zerfleddertem Zustand befand, daß sie ohnehin unbrauchbar war, und unterdessen hatte Bronco, immer wieder verfeinert, verbessert und umgebaut, sich zu einem Apparat entwickelt, der nur noch wenig Ähnlichkeit mit dem Modell der Bauanleitung besaß. Wir beide kannten infolge unserer Zusammenarbeit jedes Teil ganz genau. Wir vermochten Bronco zu demontieren und im Dunkeln wieder zusammenzusetzen. Keinen überflüssigen Handgriff taten wir, eine Verständigung oder Anweisungen erübrigten sich. Elmer und ich arbeiteten wie Maschinen zusammen. Innerhalb einer Stunde hatten wir Bronco montiert.
Zusammengesetzt war er ein ziemlich verrücktes Ding. Er hatte acht Gliederbeine, die insektenhaft wirkten. Jedes ließ sich in so gut wie alle Winkelstellungen bringen. Er verfügte über ausfahrbare Klauen zum besseren Zugreifen. Er konnte sich überall bewegen, in jeglichem Gelände. Er vermochte fast senkrechte Wände zu erklettern. Sein walzenförmiger Rumpf, mit einem Sattel ausgestattet, bot den empfindlichen Instrumenten in seinem Innern ausgezeichneten Schutz. Darauf befand sich eine Reihe von Ringen zum Festschnallen von Gepäck. Er besaß ein einziehbares Schwanzstück, ausgerüstet mit verschiedenen Sensoren, und den Kopf krönte ein seltsamer Aufbau mit einem weiteren Sortiment von Sensoren.
»Ich fühle mich gut«, sagte er. »Brechen wir nun auf?«
Cynthia hatte ihre Anschaffungen aus dem Wagen geladen.
»Lagerausrüstung«, sagte sie. »Konzentratnahrung, Decken, Wetterkleidung und ähnliches. Keine Luxusartikel. Für so etwas hatte ich kein Geld.«
Elmer begann die Kisten und Kästen auf Broncos Rücken zu laden, wo er sie befestigte.
»Meinen Sie, Sie können ihn reiten?« fragte ich Cynthia.
»Sicher kann ich das. Aber was ist mit Ihnen?«
»Er reitet auf mir«, sagte Elmer.
»Nein, keineswegs«, widersetzte ich mich.