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«Ich möchte etwas Neues kennenlernen. Ich möchte etwas anderes haben.«

«Da hast du den Grund für die Welt der Erscheinungen.«

«Lernen wir gern neue Dinge kennen?«

«Wir erinnern uns gern an das, was wir bereits kennen. Wenn du deine Lieblingsmusik hörst oder dir einen guten Film immer wieder ansiehst oder deinen Lieblingsroman immer wieder liest, weißt du dann, wie diese Musik klingen wird, wie der Film sein wird und wie die Story ausgehen wird? Das Vergnügen stellt sich dadurch ein, daß man etwas immer wieder erlebt, und zwar sooft, wie man will. So verhält es sich auch mit unseren Kräften. Erst versuchen wir es mit dem Prinzip der freien Wahl, probieren es mit dem Gesetz des Zufalls, mit dem ›Was immer wir im Sinn haben, wird wahr‹ und dem ›Gleich und gleich gesellt sich gern‹ und experimentieren mit dem Gesetz der sich ändernden Erscheinungen, um zu erreichen, daß unsere äußere Welt unsere innere widerspiegelt.«

«Es ist gruslig.«

«Und wenn sie sich einmal, dreimal, zehnmal ändert, werden wir ein wenig kühner und selbstsicherer. Die Methoden funktionieren! Dank der Praxis vertrauen wir ihnen grenzenlos, wir haben uns an alles erinnert, was wir durch sie erlangen können, wir können nach Belieben Erscheinungen verändern und gehen neuen Abenteuern entgegen, wo andere Gesetze gelten.«

«Erzähl mir über weitere Methoden«, bat er.

«Wie viele benötigst du? Unsere Herzen sind voller kosmischer Gesetze. Erlerne einfach einige davon, lerne sie gut zu beherrschen, und nichts steht zwischen dir und der Person, die du sein möchtest.«

«Aber das ist doch der Grund, weshalb ich mit dir rede. Ich bin mir nicht sicher, wer ich sein möchte!«

Ich runzelte die Stirn. Es war ein Rätsel, das ich nicht lösen konnte.»Das«, erwiderte ich,»kann allerdings zwischen dir und jener Person stehen.«

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Das geschieht gewiß mit uns allen, dachte ich. Was wir bisher gelernt haben, bewahren wir und lassen das Vertraute hinter uns. Dieses Aussortieren ist keine angenehme Sache, aber irgendwie ahnen wir: Die einzige Sicherheit, die wir je haben werden, besteht darin, das, was sicher war, zu vergessen.

Wie oft passiert das in unserem Leben? Immer wieder.

Wir flüchten uns aus dem sicheren Schoß der Familie zu den Fremden auf dem Spielplatz; wir geben die Geborgenheit bei den Freunden aus der Nachbarschaft auf und stürzen uns in den Hexenkessel der Schule; die Sicherheit des Zuhörens tauschen wir gegen den Schrecken, unseren eigenen Vortrag mündlich halten zu müssen. Vom hohen Sprungturm mit seiner friedlichen Stille wagen wir einen zweieinhalbfachen Auerbach. Aus dem leichten und einfachen Englisch begeben wir uns in die unergründlichen Tiefen des Deutschen mit seinen Umlauten. Aus der wärmespendenden Abhängigkeit in die eisige Selbständigkeit. Aus dem Kokon der beruflichen Ausbildung in die Stürme des Geschäftslebens. Vom schützenden Boden in die so schönen Gefahren des Fliegens. Aus dem sicheren Junggesellendasein in die stürmischen Gewässer der Ehe. Vom verschlissenen Komfort des Lebens in das unheilvolle Abenteuer des Sterbens. Jeder Schritt in jedem stolzen Leben ist eine Flucht aus der Sicherheit in die Finsternis, und die einzige Sache, der wir wirklich vertrauen können, ist unsere persönliche Wahrheit.

Ich fragte mich, woher ich das wußte und wer mich diese Erkenntnis gelehrt hatte.

Ich brauchte nicht erst auf den Schlaf zu warten und war nicht auf Dickie angewiesen, damit ich meine Antworten erhielt. Ich kannte sie, kaum daß ich mir die Fragen gestellt hatte.

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Zuhause ist das, was wir kennen und lieben. Zuerst empfand ich diese Erkenntnis, dann artikulierte ich sie: Gefühl als der Magnet hinter dem Wort. Und als ich die Air Force verließ, fühlte ich mich noch am ehesten in Long Beach, Kalifornien, zu Hause.

Dort zog ich hin, und unweit der Stadt fand ich in der Publikationsabteilung der Douglas Aircraft eine Anstellung als Fachautor. Das Verfassen von Pilotenhandbüchern für den DC-8-Jet und den C-124-Frachter bot mir die Möglichkeit, mit Hilfe einer Schreibmaschine und von Flugzeugen zu existieren. Konnte es einen besseren Job geben?

Das Gebäude der Publikationsabteilung trug die Bezeichnung A-23. Eine weite Fläche war von einem einzigen hohen Dach überspannt. Das Ganze war eine riesige stählerne Insel. Sie erhob sich abrupt aus einem Meer von Parkplätzen, umgeben von einem viele Meilen langen Maschendrahtzaun.

Ich passiere die Türen und loche meine Stempelkarte. Ich drehe mich um: Zeichentische, so weit das Auge reicht. Man meint, eine monotone Tapete zu erblicken, auf der die weißen Hemden der Konstrukteure im fluoreszierenden Licht der Deckenbeleuchtung wie grünliche Flecken aussehen.

Von den Tischen kamen die Zeichnungen für die Flugzeughandbücher; die Wahl der Worte war uns überlassen. Man nehme die genauen Erklärungen einer Konstruktionsingenieurin, wenn zum Beispiel alle Drosselklappen geöffnet sind. Dann muß man herausfinden, was sie meint, und dies so formulieren, daß ein Pilot den Text versteht.

Uns hatte man gesagt, Piloten besäßen die Auffassungsgabe von Schülern der achten Klasse, man sollte sie nicht nötigen, ihren Verstand zu gebrauchen. Der Sachverhalt sollte in einfachen Worten und kurzen Sätzen erklärt werden. Die Instruktionen mußten klar abgefaßt sein.

Zum Beispiel die Checkliste zum Durchstarten für die C-124. Im Pilotenhandbuch hatte gestanden, der Flugkapitän sollte, wenn er seine Landeabsicht ändern und statt dessen beschließen würde, das Flugzeug wieder hochzuziehen, dem Bordingenieur» Takeoff Power!«-»Startleistung!«— zurufen. Dieser würde dann wie beim Start Vollgas geben.

Hatte das Flugzeug nach einigen Augenblicken eine positive Steigrate erreicht, würde der Pilot den Befehl» Landing Gear Up!«—»Fahrwerk einfahren!«— geben; der Kopilot würde daraufhin den Fahrwerkschalter nach oben stellen. Das Flugzeug würde die Räder einziehen, wodurch es noch rascher steigen könnte.

Eines Tages geschah es, daß eine C-124 in der letzten Phase ihres Landeanflugs eine zu geringe Höhe hatte. Daher beschloß der Pilot, durchzustarten, um es dann erneut zu versuchen.

«Takeoff Power!«rief er, wie unser Buch es vorschrieb. Der Bordingenieur, der sich in Gedanken bereits auf die Landung eingestellt hatte, dachte, das Flugzeug sei nur noch wenige Zentimeter von der Landebahn entfernt. Als er das Kommando hörte, verstand er» Take off Power«,»Gas weg!«, und er zog alle vier Triebwerke auf Leerlauf.

So kam es, daß eines der größten Flugzeuge der Welt vom Himmel stürzte. Eine halbe Meile vom Flugplatz

entfernt berührte es den Boden und rutschte in der darauffolgenden Minute durch Reisfelder. Wrackteile flogen durch die Luft… Die Maschine kam erst zum Stehen, als sie mit ihrer zerbeulten Nase auf den ersten Zentimetern der Landebahn lag.

Der Leiter der Publikationsabteilung von Douglas Aircraft erhielt von der US Air Force eine harsche Kritik. Eilig ersetzten wir auf der Checkliste für die C-124 die Worte» Takeoff Power!«durch» Maximum Power!«. Wir alle beschlossen, die Folgen jedes Wortes, das wir wählten, künftig sorgfältig zu bedenken. Ein wichtiger Job, die Fachschriftstellerei.

Die meisten Handbuchverfasser bei Douglas waren ehemalige Militärpiloten. Wir waren die Schriftgelehrten, die die Bibel umschrieben, und konnten direkt mit dem Chefkonstrukteur sprechen. Davon, daß wir den Sinn der technischen Vorgänge in einfache Worte übersetzten, konnten wir alle gut leben. Es war nicht nur eine verantwortliche Tätigkeit, sondern ein nützliches und lohnendes Lebenswerk.

Indes, nach einigen Monaten wurde ich unruhig. Von Zeit zu Zeit akzeptierten die Gruppenleiter meine Syntax nicht und waren der Meinung, sie wüßten besser als ich, wo ein Komma hingehörte.