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«Reizend. Sehr schön. Aber ein bißchen zu leicht, nicht wahr?«

«Du gehst einkaufen«, befahl sie.

Ich seufzte.

Gewöhnlich konnte ich sie eine ganze Weile ablenken, indem ich entweder besorgt davon redete, daß arbeitende Frauen die Magersucht bekämen, oder indem ich über die nahende Eiszeit und die knapp werdenden Nahrungsreserven der Welt klagte. Inzwischen durchschaute Leslie sogar meine geschicktesten Ablenkungsmanöver.

Noch war nicht alles verloren, denn ich sah, wieviel sie wog.

«Möchtest du etwas Besonderes?«Ich hoffte, sie würde Kuchen, Torte und Schokoladenplätzchen sagen.

«Gemüse und Getreide«, erwiderte sie.»Brauchen wir noch mehr Karotten?«

«Sie stehen auf meiner Liste.«

Einen Tag, bevor wir beschließen, unsere Körper zu verlassen, werde ich zwei Zitronentörtchen backen, für jeden von uns eins, und ich werde vorschlagen, daß wir sie warm essen. Vor lauter Entsetzen darüber, daß ich die Selbstbeherrschung verloren habe, wird meine Frau ablehnen, so daß ich beide Törtchen aufessen muß.

* * *

Er traf mich im Supermarkt in der Abteilung für Getreide.»Gibt es eine Philosophie des Fliegens?«

Ich drehte mich um und freute mich, ihn zu sehen.»Ja, Dickie! Um fliegen zu können, müssen wir dem vertrauen, was wir nicht sehen, nicht wahr? Und je mehr wir über das unsichtbare Gesetz der Aerodynamik erfahren, um so mehr Freiheit erlangen wir, bis es uns wie ein Wunder vorkommt, was uns alles möglich ist, wenn wir…«

«Und gibt es eine Philosophie des Bowlings?«

Ich war so verblüfft über den Gedankensprung, daß ich laut rief:»Bowling?«

Die Frau vor dem Regal mit Weizenflocken blickte mich erstaunt an, denn ich stand allein da mit einer Tüte braunem Reis in der Hand.

Ich schüttelte den Kopf und lächelte ihr kurz zu:»Ich bin ein wenig exzentrisch.«

Dickie nahm davon keine Notiz.»Es muß eine geben«, sagte er.»Wenn es eine Philosophie des Fliegens gibt, so gibt es auch eine Philosophie des Bowlings — für Leute, die Flugzeuge nicht mögen.«

«Kapitän, «flüsterte ich ihm zu, als ich meinen Einkaufswagen zur Gemüseabteilung schob,»das gibt es nicht: Leute, die keine Flugzeuge mögen. Aber eine Philosophie des Bowlings gibt es: Wir alle entscheiden, wie wir die Kugel auf der Bowlingbahn werfen, und das Vergnügen besteht darin, die Kegel, die unsere Tests im Leben sind und immer wieder aufgestellt werden, umzuwerfen. Die Kegel sind so konstruiert, daß sie umfallen, wenn sie von der Kugel getroffen werden; sie sind dafür gemacht. Und sie werden so lange am Ende der Bowlingbahn stehen, bis wir uns dazu entschließen, die Kugel gezielt zu werfen. Es ist kein Malheur, wenn nur sieben von zehn getroffen werden. Bowling ist ein Vergnügen, es bietet uns die Möglichkeit, unsere Disziplin, Geschicklichkeit und körperliche Gewandtheit im Wettkampf zu beweisen, und diejenigen, die zuschauen, sind genau so erfreut wie wir, wenn uns der Wurf gelingt.«

«Gartenarbeit«, sagte er.

«Wir ernten natürlich, was wir säen. Wir überlegen genau, welche Samen wir aussäen, denn das, was aus diesen Samen wächst, essen wir eines Tages…«

Meine Aufmerksamkeit war von diesem Test so in Anspruch genommen, daß ich meinen Einkaufswagen am Schokoladenstand vorbeischob, ohne ein zweites Mal hinzuschauen. Ich gab meine Metaphern von der Sonne, den Samen und dem Wasser zum besten und präparierte mich währenddessen schon auf seine Fragen zur Philosophie des Stabhochsprungs, des Autorennsports und des Einzelhandels. In dem Beruf, den wir lieben, finden wir die klarste Metapher und die einfachste Antwort darauf, warum wir uns auf der Erde zu tummeln bereit sind.

«Aber wie funktioniert es, Richard?«Sofort biß er sich vor Schreck über seinen Schnitzer auf die Lippen.»Wie funktioniert es deiner Meinung nach

«Das Universum? Ich habe es dir doch schon erklärt. «Ich wählte einen Beutel Äpfel aus.

«Nicht das Universum. Ich meine die Samen. Die Art und Weise, wie es geschieht und warum. Das spielt zwar keine große Rolle, denn du sagst, das alles seien ja nur Erscheinungen, aber wie kommt es, daß unsichtbare Überzeugungen zu sichtbaren Objekten und Ereignissen werden?«

«Manchmal wünsche ich mir, du wärst ein Erwachsener, Dickie.«

«Wieso?«

Eine interessante Frage, dachte ich und suchte mir eine Handvoll roter Rüben aus. Kein enttäuschtes Murmeln, wenn ich den Wunsch nach einer Änderung äußerte, den er nicht erfüllen konnte. Hatte ich etwa in emotionaler Hinsicht als auch in Gestalt dieses aufgeweckten kleinen Jungen Fortschritte gemacht?

«Weil ich dir das mit viel weniger Worten erklären könnte, wenn du über die Quantenmechanik Bescheid wüßtest. Ich habe die Physik des Bewußtseins auf einhundert Worte gekürzt, aber du wirst ewig daran herumknobeln. Du wirst nie erwachsen werden, und ich werde dir nie mein kurzes Traktat aushändigen können, das nur eine Seite lang ist.«

Die Neugier siegte.»Nehmen wir einfach einmal an, ich wäre ein Erwachsener, der die Quantenmechanik liebt. Sag mir bitte, wie deiner Auffassung nach das Bewußtsein funktioniert. Ich bin natürlich zu klein, um das zu verstehen, aber es wäre schön, wenn du es trotzdem erläutern könntest. Sag es so kompliziert, wie du möchtest.«

Er fordert mich heraus, dachte ich. Er glaubt, ich bluffe. Ich schob den Wagen in Richtung Ausgang.

«Erstens möchte ich dich über den Titel informieren. Er lautet: ›Die Physik des Bewußtseins oder die Erläuterung der Raumzeit‹.«

«Du könntest mir doch eigentlich die Zusammenfassung erzählen«, sagte er.

Ich sah ihn erstaunt an. Ich hatte das Wort Zusammenfassung erst gehört, als ich nicht mehr in der Schule war. Woher hatte er diesen Begriff?

«Einverstanden«, erwiderte ich.»Und nun muß ich in der Art der Amerikanischen Zeitschrift für Teilchenphysik‹ mit dir reden. Hör genau zu, Kind, oder was du auch sein magst. Vielleicht wirst du das eine oder andere Wort verstehen.«

Er lachte:»Kind, oder was ich auch sein mag.«

Ich räusperte mich, schob den Einkaufswagen langsamer und hielt in der Nähe der Kasse an. Ich war froh, daß ich eine Minute lang anstehen mußte.»Du möchtest dies alles auf einmal hören?«

«Als wäre ich ein Quantenmechaniker«, sagte er.

Anstatt diesen Ausdruck zu korrigieren, erzählte ich ihm, was ich dachte.

«Wir sind enorm kreative Brennpunkte des Bewußtseins«, sagte ich.»Wenn wir uns in den selbstkonstruierten hologrammetrischen Bereich begeben, den wir Raumzeit nennen, beginnen wir durch eine heftige thermische Reaktion, sofort unentwegt eine Unmenge von Kreativitätsteilchen, die Imajonen, zu erzeugen. Diese haben keine eigene Ladung, sie sind aber durch unser Verhalten sowie durch die Kraft unserer Wahl und unseres Verlangens nach Wolken von Konzeptonen, einer Familie positiver, negativer oder neutraler Teilchen sehr hoher Energie, polarisiert.«

Er hörte zu und tat so, als ob er mich verstünde.

«Exhilaronen, Excytonen, Rhapsodonen, Jovionen zählen zu den gewöhnlichen positiven Konzeptonen. Zu den gewöhnlichen negativen Konzeptonen gehören die Gloomonen, Tormentonen, Tribulonen, Agononen und Miseronen.

In einer unaufhörlichen Eruption, einer donnernden Kaskade von Kreativität, die sich aus jedem Zentrum des persönlichen Bewußtseins ergießt, entstehen unendlich viele Konzeptonen. Sie bilden Wolken von Konzeptonen, die neutral oder stark geladen sein können — belebend, gewichtslos oder bleiern, je nachdem, welchen Charakter ihre vorherrschenden Teilchen haben.

Jede Nanosekunde bildet eine unbestimmte große Zahl von Konzeptonen eine kritische Masse; diese wandeln sich durch Quantenexplosionen in energiereiche Wahrscheinlichkeitswellen um, die sich mit der Geschwindigkeit von Tachyonen durch ein ewiges Reservoir übersättigter alternierender Ereignisse ausbreiten. Je nach Ladung und Charakter führen die Wahrscheinlichkeitswellen zur Kristallisation mancher potentiellen Ereignisse, um die geistige Polarität der Bewußtseinsbildung, die sie bewirken, der holographischen Erscheinung anzupassen. Kannst du mir folgen, Dickie?«