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«Ja. Und?«

«Action«, sagte er.

«Ja. Und?«

«Das war’s«, erwiderte er.

«Eine wichtige Regel hast du vergessen«, sagte ich.»Die Rolle. Bei jedem Spiel, das wir spielen, schlüpfen wir in eine Rolle, nehmen eine Identität an, mit der gespielt werden soll. Wir beschließen, wir sind Retter, Opfer, Führer-mit-allen-Antworten, Gefolgsmann-der-keine-Ahnung hat, klug, tapfer, ehrbar, schlau, dumm, hilflos, versuchen-einfach-uns-durchzubeißen, diabolisch, unbeschwert, bedauernswert, ernst, sorglos, Salz-der-Erde, Puppenspieler, komisch, Held… wir wählen unsere Rolle je nach Laune und Bedarf, und wir können sie jederzeit beliebig wechseln.«

«Welche Rolle spielst du?«fragte er.»In dieser Minute.«

Ich lachte.»In dieser Minute spiele ich den Recht-netten-Kumpel — aus — Deiner — Zukunft — mit — einigen — hübschen-Ideen-für-das-Kind-zum-Grübeln. Welche Rolle spielst du?«

«Ich gebe vor, der Junge-aus-Deiner-Vergangenheit-der-wissen-muß-wie-das-Universum-funktioniert zu sein. «Er sah mich ganz komisch an, als ob er keine Maske mehr trüge, als ob er wüßte, daß ich die Wahrheit, die in seinem Spiel lag, erkannte. Ich war jedoch so auf meine Rolle konzentriert, ihm Lehren zu vermitteln, daß ich das gar nicht bemerkte.

«Gut«, entgegnete ich.»Nun verschwinde aus dem Stück, aber halte mich über das Spiel auf dem laufenden.«

Er lächelte und zog die Brauen zusammen.»Was meinst du damit?«

Ich flog eine Kurve nach rechts und wies auf die Erde in drei Meilen Tiefe.»Was weißt du aus dieser Höhe über Spiele?«

Er schaute hinunter.»Oh! Es wird eine ganze Menge zur gleichen Zeit gespielt. Andere Zimmer, andere Höfe, andere Felder, andere Städte, andere Länder…«

«…und andere Planeten, Galaxien und Universen«, ergänzte ich.»Ja! Und?«

«Andere Zeiten!«sagte er.»Spieler können ein Spiel nach dem anderen spielen. «Beim Betrachten der Erde aus der Vogelperspektive begriff er den Sinn des Ganzen.»Wir können in verschiedenen Mannschaften, aus Spaß am Spiel und für die Ewigkeit spielen, wir können auch gegen jemanden spielen, der leicht zu schlagen ist, oder gegen jemanden, gegen den man keine Chancen hat…«

«Du spielst nur, wenn du weißt, daß du nicht verlieren kannst, nicht wahr?«

«nein! Je schwieriger das Spiel, desto mehr Spaß macht es!«Er dachte noch einmal darüber nach.»Solange ich gewinne.«

«Wenn kein Risiko bestünde, wenn du wüßtest, daß du nicht verlieren kannst, wenn du wüßtest, wie das Spiel enden wird, würde es dir dann immer noch Spaß machen?«

«Spaß hat man, wenn man am Anfang nicht weiß, wie das Spiel ausgehen wird. «Er wendete sich mir abrupt zu.»Bobby kannte das Ende.«

«War Bobbys Leben eine Tragödie, weil er so jung starb?«

Er blickte zum Kabinenfenster hinaus, wieder in die Tiefe.»Yeah. Ich werde nie wissen, wie er geworden wäre. Wie ich geworden wäre.«

«Tu so, als ob das Leben ein Spiel sei. Würde Bobby denken, daß sein Leben eine Tragödie war?«

«Mach mit mir ein Gedankenexperiment.«

Ich lächelte darüber.»Du und Bobby, ihr spielt Schach in einem wunderschönen Haus, in dem es viele verschiedene Zimmer gibt. Mitten im Spiel merkt dein Bruder, wie es enden wird, er sieht keine andere Lösung, er gibt das Spiel auf und geht weg, um das Haus zu erkunden. Denkt er, daß das, was geschehen ist, eine Tragödie ist?«

«Es macht keinen Spaß, wenn man das Ende kennt, und er möchte noch die anderen Zimmer sehen. Für ihn ist es keine Tragödie.«

«Ist es für dich eine Tragödie, wenn er fortgeht?«

«Ich weine nicht, wenn jemand den Raum verläßt«, erwiderte er.

«Jetzt zoome dich zurück zum Schachbrett. Aber statt das Spiel zu spielen, bist du das Spiel. Die Schachfiguren heißen Dickie und Bobby und Mom und Dad, und statt aus Holz bestehen sie aus Fleisch und Blut und du hast sie dein ganzes Leben lang gekannt. Statt der Spielfelder gibt es Häuser und Schulen und Straßen und Geschäfte. Nun verläuft das Spiel so, daß die Figur, die Bobby heißt, geschlagen wird. Sie verschwindet völlig vom Schachbrett. Ist das eine Tragödie?«

«Ja! Er ist nicht einfach in einem anderen Zimmer. Er ist fort! Es gibt niemanden, der ihn ersetzen kann, und ich muß für den Rest meines Lebens ohne ihn zurechtkommen.«

«Je mehr wir uns dem Spiel nähern«, sagte ich,»und je mehr wir von ihm gefesselt sind, um so mehr empfinden wir Verlieren als eine Tragödie. Aber Verluste sind nur für die Spieler eine Tragödie, Dickie. Nur wenn wir vergessen, daß es sich um Schach handelt, wenn wir vergessen, wieso wir spielen, und wenn wir glauben, unser Schachbrett sei das einzige, das existiert.«

Er beobachtete mich aufmerksam.

«Je mehr wir vergessen, daß es ein Spiel ist und daß wir die Spieler sind, um so sinnloser wird es zu leben. Aber das Leben auf der Erde ist das gleiche wie Baseball und Fechten… sobald das Spiel zu Ende ist, erinnern wir uns… oh, ich spiele doch, weil ich diesen Sport mag!«

«Wenn ich das vergesse, brauche ich dann nur über dem Schachbrett zu schweben und zuzuschauen?«fragte er.

Ich nickte.

«Du hast es von den Flugzeugen gelernt«, sagte er.

«Ich habe es von der Höhe aus gelernt. Dadurch, daß ich hier oben throne und auf eine Menge Schachbretter in der ganzen Welt hinunterschaue.«

«Bist du nicht traurig, wenn jemand stirbt?«

«Nein, den Toten nützt es nichts«, sagte ich.»Und mir schon gar nicht. Wann immer ich getrauert habe, bin ich in Selbstmitleid versunken, und jedesmal habe ich es nicht heil überstanden, sondern war danach abgestumpft und dem Trunk ergeben. Ich konnte mich nicht zu der Überzeugung durchringen, daß der Tod in der Raumzeit ebensowenig real ist wie das Leben in der Raumzeit, und nach einer Weile versuchte ich nicht mehr zu trauern.«

Ich ging in 20.000 Fuß Höhe zum Horizontalflug über und nahm das Gas zurück, um mit Reisegeschwindigkeit weiterzufliegen. Der Übergang von der Steigleistung zur Reisegeschwindigkeit dauerte eine ganze Weile, aber das war normal. Die Drosselklappen der Turbolader waren geschlossen, und weißes Feuer wurde direkt in die Turbinen geblasen. Außerhalb des Flugzeuges herrschte eine Temperatur von 30 Grad minus, doch die Auspuffrohre waren so heiß, daß sie Silber hätten zum Schmelzen bringen können. Dank eines solchen Kontrastes fliegen wir, dachte ich.

«Die meisten Leute sagen, Trauern sei wichtig, Dickie, Kummer sei gesünder als Karottensaft und Waldluft. Ich bin zu dumm, um das zu begreifen. Wir müssen nicht mehr trauern, wenn wir den Tod verstanden haben, genauso wie die Angst aufhört, wenn wir fliegen können. Warum soll man um jemanden trauern, der nicht gestorben ist?«

«Erwartet man es?«fragte er.»Man setzt voraus, daß getrauert wird, wenn Menschen verschwinden.«

«Wieso?«fragte ich.

«Weil man von dir erwartet, daß du zu denken aufhörst und von dem, was du siehst, ergriffen bist, und dann erwartet man, daß du dich… unglücklich fühlst. Das sind die Regeln, Richard! Jeder verhält sich so!«

«Nicht jeder, Kapitän. Sogar Trauer muß einen Sinn haben, und warum sollten wir ohne den denn trauern? Wenn ich dir eines sagen kann, was das Leben betrifft, so dies: Vergiß nie, daß es ein Spiel ist.«

Etwa zu diesem Zeitpunkt begann das hintere Triebwerk wieder zu pumpen…

«Verdammt!«sagte ich genervt.

«Es ist nur ein Spiel, Richard«, bemerkte er.

«Mir reicht’s«, sagte ich und schluckte meinen Ärger hinunter. Ich trimmte die Nase des Flugzeugs nach unten, und wir begannen an Höhe zu verlieren.

«Sag mir etwas anderes, was ich wissen muß. Gib mir einige Maximen mit auf den Weg, die mir im Alltag nützen können.«

«Maximen«, erwiderte ich. Es ist mir stets eine Freude, wenn wenige Worte so viel ausdrücken! »Wenn du einen Propeller anwirfst, wundere dich nicht, wenn der Motor zu laufen beginnt.«