«Er weiß, daß ihn die Ehe einmal erwartet. Wenn er so ist wie du, wird er dich bestimmt fragen«, sagte sie.»Was wirst du ihm antworten?«
«Ich werde sagen: Es ist die glücklichste, schwerste, wichtigste, längste Herausforderung deines Lebens. «Ich bot ihr einen Teelöffel voll zu kosten an. Es ist noch nicht fertig, dachte ich, aber es schadet nie, einer verwandten Seele gegenüber höflich zu sein.»Möchtest du mal probieren?«
«Zu hart«, sagte sie.»Es ist furchtbar trocken.«
«Hm. «Ich nahm die Pfanne vom Herd und stellte sie in den Ausguß, öffnete den Wasserhahn, um eine Tasse
Wasser abzufüllen, und stellte die Pfanne wieder zurück auf das Gas. Dann ließ ich das Gericht noch zehn Minuten weiterschmoren.
«Kann ich dir helfen?«fragte sie.
«Liebling, du hast gearbeitet. Rühr dich nicht vom Fleck.«
Sie ging zum Schrank und holte Teller und Gabeln heraus.»Was würdest du ihm sagen?«
«Ich würde ihm zuerst mein Geheimnis von der Ehe verraten und ihm dann die Fakten nennen. «Ich fand den Entsafter, steckte den Stecker in die Steckdose und holte ein Bund Karotten aus dem Kühlschrank.
Sie lächelte mir zu.»Du bist aber klug! Wie lautet das Geheimnis der Ehe?«
«Hör auf damit, Wookie, zieh mich bitte nicht damit auf, daß ich klug sei. Ich sagte ihm, ich würde ihm verraten, was ich weiß. «Ich stellte ein Glas unter die Tülle des Entsafters.
«Na schön, du bist nicht klug. Worin besteht das Geheimnis der Ehe?«
Ich betätigte den Schalter und preßte die erste Karotte in den Trichter. Der Saft ist paradiesisch, aber wenn unsere Maschine läuft, macht sie höllischen Krach.
«Es ist in Ordnung, wenn du machst, was du für richtig hältst«, übertönte ich das knirschende Geräusch der Schneidemesser.»Es ist in Ordnung, wenn deine Frau macht, was sie für richtig hält. und es ist in Ordnung, wenn du nicht damit einverstanden bist!«
«ich bin anderer meinung!«sagte sie.»demnach wäre es in ordnung, wenn wir uns betrügen, belügen, in jeder erdenklichen weise, die wir für ›richtig‹ halten, uns gegenseitig hinters licht führen würden! du musst hinzufügen, dass dein geheimnis deshalb funktioniert, weil wir jahre gegenseitigen vertrauens hinter uns haben, jahre, in denen wir den charakter des partners, mit dem wir es zu tun haben, kennengelernt haben! ich weiss, es ist in ordnung, wenn du tust, was du für richtig hältst, denn deine auffassung darüber, was richtig ist, stimmt mit meiner weitgehend überein!«
Der Entsafter macht nicht nur Krach, er ist auch blitzschnell. Das zweite Glas war voll, und ich schaltete das Gerät aus.
«Bist du mit mir einer Meinung?«fragte sie in die Stille hinein, die plötzlich eingetreten war.
«Nein. «Ich trank meinen Karottensaft schlückchenweise.»Es ist immer in Ordnung, daß wir tun, was wir für richtig halten. Ausnahmslos.«
Sie lachte über meine Antwort, und ich mußte selbst ein wenig lächeln.
«Wäre durch dieses Geheimnis deine erste Ehe gerettet worden?«
Ich schüttelte den Kopf.»Es war zu spät. Wenn man durch eine Ehe entmenschlicht wird, ist es an der Zeit, sie zu beenden. Sie und ich hatten so konträre Auffassungen, daß wir nicht mehr jene waren, die wir sein wollten. Wir hörten nicht nur einfach auf, uns zu lieben, wir konnten es tatsächlich nicht mehr ertragen, uns im selben Zimmer aufzuhalten. Dagegen hilft kein Mittel.«
«Ich erinnere mich an Zeiten, wo du und ich auch nicht im selben Raum sein konnten«, scherzte sie. Sie hatte den Deckel von der Bratpfanne gehoben und probierte erneut das Essen mit ihrem Löffel.»Glaubst du, wir hätten miteinander Schluß machen sollen?«
«Du bist hungrig, nicht wahr?«fragte ich.
Sie nickte, und ihre Augen waren weit geöffnet.»Scharf…«
«Es ist in einer Minute fertig. «Schnell stellte ich die Flamme ab.»Du warst anders, Wookie. Selbst als ich damals furchtbar wütend auf dich war, konnte ich nicht vergessen, wie toll du gleichzeitig warst. Manchmal wollte ich ausziehen und war völlig verzweifelt, weil du nicht verstandest, wer ich war oder was ich dachte oder was ich empfand. Ich rief im Wagen beim Wegfahren: Lieber Gott, wie kannst du von mir erwarten, daß ich mit Leslie Parrish weiter zusammenlebe? Es ist unmöglich! Es kann nicht sein! Und sogar in jenem Moment wußte ich: Du warst so verdammt nett und immer noch so schön, daß es mich schmerzte. Die Scheidung war unvermeidlich, aber ich liebte dich trotzdem. Ist das nicht seltsam?«
Ich stellte die Pfanne auf den Tisch und servierte das ›Vejiwheat‹ für zwei.
«Oh, Richard, die Scheidung war nie unvermeidlich«, sagte sie.»Es war ein verzweifelter Gedanke.«
Schnee von gestern zu verteidigen, ist kein Zeichen von Klugheit, dachte ich. Unvermeidlich oder nicht — wir hatten uns jedenfalls nicht scheiden lassen.
Wenn wir uns von Ehefrau oder Ehemann trennen müssen, werden wir eine unglückliche Verbindung los, und wir finden zu uns selbst. Doch was für ein schönes Abenteuer beginnt — mit Stürmen und allem anderen —, wenn eine Ehe zwischen zwei Menschen zustande kommt, die bereits zu sich selbst gefunden haben!
«Sobald ich nicht mehr von dir erwartet habe, daß du mich immer verstehst — als ich lernte, daß es völlig in Ordnung ist, wenn du und ich ganz verschiedene Ideen haben und unterschiedliche Schlußfolgerungen ziehen; seit ich weiß, daß es in Ordnung ist, wenn jeder von uns tut, was er tun muß, hat sich für uns ein Weg aus der Sackgasse geöffnet. Ich fühlte mich nicht mehr durch deine Schlußfolgerungen und du dich nicht mehr durch meine konträren Auffassungen eingeengt.«
«Das stimmt«, sagte sie.»Und danke für das Essen. Es schmeckt vorzüglich.«
«Habe ich es nicht zu stark gewürzt? Du hast gesagt, es sei scharf.«
«Es ist jetzt besser. «Sie nippte am Karottensaft.»Und Dickie wird vielleicht doch nicht nach der Ehe fragen.«
«Er wird. Er wird fragen: Wozu sind wir deiner Meinung nach hier? Und ich werde ihm antworten, ich denke, wir sind hier, damit wir Liebe zum Ausdruck bringen, damit wir uns einer Million verschiedener Prüfungen unterziehen, um festzustellen, ob wir Liebe zeigen können, einer weiteren Million Prüfungen, wenn wir versagen, und einer weiteren Million, wenn wir bestehen. Und nirgendwo in der Welt werden mehr Prüfungen auferlegt, und zwar Minute um Minute und Tag für Tag, als in den Jahren innigen täglichen Zusammenlebens mit einer anderen Seele.«
«Das ist reizend«, sagte sie.»Ich habe nicht gewußt, daß du die Ehe für so wichtig hältst.«
«Nicht die Ehe, die Liebe ist so wichtig.«
«Ich freue mich, daß du das sagst. Ich denke, du bist wunderbar, aber manchmal bist du auch der Liebloseste von allen. Ich bin noch nie jemandem begegnet, Mann oder Frau, der so kalt und so wenig fürsorglich sein kann wie du. Dornen in Eis, wenn du dich bedroht fühltest.«
Ich zuckte die Achseln.»Ich bin also noch nicht am Ziel. Ich sage auch nicht, daß ich meine Prüfungen bestehen werde, aber ich werde mich ihnen stellen. Geduld. Ich werde schon noch zu einem Leben finden, dem Typ ›liebe Seele‹ gemäß, wie ihn bereits viele Leute verkörpern. Derzeit bin ich glücklich, so zu sein, wie ich bin. Mißtrauisch, wie von einem Panzer umgeben, defensiv…«
«Oh, du bist nicht so schlecht!«sagte sie heiter.»Du warst schon lange nicht mehr mißtrauisch.«
«Ich bin auf Komplimente aus!«sagte ich.»Weiter so.«
«Erzähl Dickie, daß du in meinen Augen nicht der schlechteste Mann auf der Welt bist.«
«Wenn du böse auf mich bist, denkst du aber ganz anders.«
«Nein! Nicht im entferntesten«, erwiderte sie.»Was wirst du ihm noch über die Ehe erzählen?«
«Ich werde ihm den Unterschied zwischen Ehe und Zeremonie erklären. Ich werde ihm sagen, daß eine richtige Ehe nicht darin besteht, daß zwei Menschen in Frack und Brautkleid über eine Brücke hasten, sondern daß sie in ihrem Leben eines entdecken: Sie haben diese Brücke zusammen gebaut, mit eigenen Händen.«