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»Und Sie werden ihn hierlassen, n'est-ce pas? Sie nehmen doch den Rat von Papa Poirot an?«

»Monsieur Poirot, das muß ich Ihnen erst erklären. Wir gehen nächsten Freitag nach Schloß Yardly, um ein paar Tage bei Lord und Lady Yardly zu bleiben.« Ihre Worte riefen eine vage Erinnerung in mir wach. Gesellschaftsklatsch - wenn ich mich recht erinnerte. Vor einigen Jahren waren Lord und Lady Yardly nach Amerika gefahren, und man erzählte, daß Seine Lordschaft sich mit Hilfe mehrerer Damenbekanntschaften großartig amüsiert hatte. Weiter wußte man zu berichten, daß Lady Yardly sich mittlerweile mit einem Filmstar in Hollywood die Zeit vertrieb - plötzlich durchzuckte es mich -, das war niemand anders als Gregory B. Rolf gewesen.

»Ich werde Ihnen ein kleines Geheimnis anvertrauen, Monsieur Poirot«, fuhr Miss Marvell fort. »Wir haben ein Geschäft mit Lord Yardly vor. Es besteht die Möglichkeit, daß wir einen Film in seinem mittelalterlichen Schloß drehen werden.«

»In Schloß Yardly?« warf ich interessiert dazwischen. »Das ist eines der schönsten alten Schlösser Englands.« Miss Marvell nickte.

»Ich glaube auch, es wäre gerade das richtige alte Feudalschloß, das wir brauchen. Aber er verlangt einen ziemlich gesalzenen Preis dafür, und deshalb weiß ich nicht, ob das Geschäft zustande kommt. Wissen Sie, Greg und ich verbinden immer gern das Geschäft mit dem Vergnügen.« »Aber - ich bitte um Verzeihung, Madame, wenn ich so hartnäckig bin - es ist doch sicher nicht notwendig, anläßlich dieses Besuches in Schloß Yardly den Diamanten mitzunehmen?« Ein scharfer, harter Zug erschien in Miss Marvells Gesicht, der ihre sonst kindliche Erscheinung Lügen strafte. Sie sah plötzlich viel älter aus. »Ich möchte ihn dort tragen.« »In der Schmucksammlung von Schloß Yardly gibt es ein paar sehr schöne Stücke, ist da nicht auch ein großer Diamant dabei?« fragte ich.

»Ja, so ist es«, erwiderte Miss Marvell recht kurz angebunden. Ich hörte, wie Poirot leise vor sich hin murmelte: »Ah, c'est comme pa!« Laut sagte er - in seiner üblichen Taktik, den Stier bei den Hörnern zu packen (er selber pflegte es Psychologie zu nennen): »Dann sind Sie sicher mit Lady Yardly bekannt? Oder kennt sie Ihr Gatte?«

»Gregory lernte sie kennen, als sie vor drei Jahren in Amerika war«, sagte Miss Marvell. Einen Augenblick lang zögerte sie und fuhr dann fort:

»Liest einer von Ihnen die Zeitung Gesellschaftsklatsch?« Wir mußten beide schamvoll zugeben, daß wir sie gelegentlich aus Berufsgründen lasen. »Ich frage, weil in der letzten Nummer ein Artikel über berühmte Juwelen erschienen ist, und es ist wirklich komisch -« Sie unterbrach sich.

Ich stand auf, ging zu dem Tisch am anderen Ende des Zimmers und kehrte mit der fraglichen Nummer zurück. Sie nahm sie mir ab, schlug den Artikel auf und fing an, laut vorzulesen:

In die Reihe der berühmten Steine muß man den Star of the East einbeziehen, einen Diamanten im Besitz der Familie Yardly. Ein Vorfahre des jetzigen Lord Yardly hat ihn aus China mitgebracht, und es wird behauptet, mit ihm sei eine romantische Geschichte verknüpft. Danach soll der Stein früher das rechte Auge einer Tempelgottheit gewesen sein. Ein anderer Diamant, völlig gleich in Form und Schönheit, bildete das linke Auge, und die Sage berichtet, daß auch dieser Diamant im Laufe der Zeit gestohlen würde. Das eine Auge wird nach Westen gehen, das andere nach Osten, so lange, bis sie sich wieder begegnen. Dann werden sie im Triumphzug zu ihrer Gottheit zurückgeleitet werden! Es ist ein merkwürdiger Zufall, daß augenblicklich ein Stein, der beinahe völlig mit dem oben beschriebenen übereinstimmt, in England ist, und zwar der Star of the West oder Western Star! Er ist im Besitz der berühmten Filmschauspielerin Miss Mary Marvell. Ein Vergleich der beiden Steine wäre sehr interessant. »Epatant!« murmelte Poirot. »Zweifellos eine höchst romantische Geschichte.« Er wandte sich an Mary Marvell. »Und Sie haben keine Angst, Madame? Sie sind nicht abergläubisch? Sie haben keine Bedenken, diese siamesischen Zwillinge zusammenzubringen? Wenn nun plötzlich ein Chinamann auftaucht und, hey presto, die beiden Steine nach China abtransportiert?« Sein Ton war leicht spöttisch, ich hörte aber trotzdem heraus, daß er es im Grunde ernst meinte. »Ich glaube nicht, daß Lady Yardlys Diamant auch nur annähernd so gut ist wie meiner«, sagte Miss Marvell. »Aber ich werde es ja sehen.«

Was Poirot darauf erwidern wollte, kann ich nicht sagen, denn die Tür flog auf, und herein trat ein blendend aussehender Mann. Vom Scheitel bis zur Sohle sah er wie der Held aus, in den die Mädchen sich vom Heck weg verliebten. »Ich habe dir doch versprochen, Mary, daß ich dich abholen würde - da bin ich«, sagte Gregory Rolf. »Was sagt denn Monsieur Poirot zu unserer kleinen Geschichte? Ist er derselben Ansicht wie ich, daß sich jemand ein Späßchen mit uns erlaubt?« Poirot lächelte den stattlichen Schauspieler an. Sie bildeten einen komischen Kontrast, die beiden. »Späßchen oder nicht, Mr. Rolf«, erwiderte er trocken. »Ich habe Ihrer Frau Gemahlin geraten, am Freitag den Stein nicht mit nach Schloß Yardly zu nehmen.«

»Ich bin völlig Ihrer Meinung, Sir, und ich habe es Mary auch schon mehrere Male gesagt. Aber Sie wissen ja, sie ist eine typische Frau, und der Gedanke, daß eine andere schönere Juwelen hat als sie selbst, ist ihr unerträglich.« »Was für'n Unsinn!« sagte Mary Marvell scharf. Vor Unwillen bekam sie rote Flecken im Gesicht Poirot hob die Schultern.

»Madame, ich habe Ihnen geraten. Mehr kann ich nicht sagen. C'est fini!« - Er brachte die Herrschaften zur Tür. »Olala!« bemerkte er zurückkehrend. »Frauengeschichten! Ihr guter Gatte traf den Nagel auf den Kopf - zwar nicht sehr taktvoll -, aber er hatte recht.«

Ich berichtete ihm von meinen vagen Erinnerungen, und er nickte ein paarmal kräftig.

»So etwas Ähnliches habe ich vermutet. Trotzdem ist irgend etwas an der Geschichte seltsam. Wenn Sie nichts dagegen haben, mon ami, werde ich ein wenig an die frische Luft gehen. Warten Sie, bitte, bis ich zurückkomme. Ich werde nicht lange wegbleiben.«

Ich war gerade in meinem Stuhl eingeschlafen, als die Wirtin an die Tür klopfte und ihren Kopf hereinstreckte. »Da ist noch eine Dame, die Mr. Poirot sprechen möchte. Ich habe ihr gesagt, er sei nicht da, aber sie möchte gerne auf ihn warten, da sie extra von auswärts gekommen ist.« »Führen Sie sie herein, Mrs. Murchinson. Vielleicht kann ich etwas für sie tun.«

Mein Herz klopfte heftig, als die Dame hereinkam und ich sie erkannte. Es war Lady Yardly. Ihr Bild war so oft schon in den Zeitungen erschienen, daß es unmöglich war, sie nicht sofort zu erkennen.

»Bitte setzen Sie sich, Lady Yardly«, sagte ich und schob ihr einen Sessel hin. »Mein Freund Poirot ist ausgegangen, aber ich weiß mit Bestimmtheit, daß er bald zurückkommt.« Sie nahm dankend Platz. Sie war ein ganz anderer Typ als Mary Marvell. Groß, dunkel, mit blitzenden Augen und einem blassen, stolzen Gesicht -und doch lag ein etwas leichtsinniger Zug um den Mund. Ich wollte mich der Situation würdig erweisen. Poirots Gegenwart hemmte mich oft, meine Gaben zu entfalten, und schließlich besaß auch ich eine gehörige Portion Spürsinn. Einem plötzlichen Impuls folgend, beugte ich mich vor. »Lady Yardly«, sagte ich,