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Wie den Bauern gemein, und jeder empfahl sie den Seinen.

Und so brachten bei uns auf deutscher Seite gewöhnlich

Auch die Kinder des Morgens mit Händeküssen und Knickschen

Segenswünsche den Eltern und hielten sittlich den Tag aus.

Alles, was ich gelernt und was ich von jung auf gewohnt bin,

Was von Herzen mir geht — ich will es dem Alten erzeigen.

Aber wer sagt mir nunmehr: wie soll ich dir selber begegnen,

Dir, dem einzigen Sohn und künftig meinem Gebieter?»

Also sprach sie, und eben gelangten sie unter den Birnbaum.

Herrlich glänzte der Mond, der volle, vom Himmel herunter;

Nacht war's, völlig bedeckt das letzte Schimmern der Sonne.

Und so lagen vor ihnen in Massen gegeneinander

Lichter, hell wie der Tag, und Schatten dunkeler Nächte.

Und es hörte die Frage, die freundliche, gern in dem Schatten

Hermann, des herrlichen Baums, am Orte, der ihm so lieb war,

Der noch heute die Tränen um seine Vertriebne gesehen.

Und indem sie sich nieder ein wenig zu ruhen gesetzet,

Sagte der liebende Jüngling, die Hand des Mädchens ergreifend:

«Laß dein Herz dir es sagen, und folg ihm frei nur in allem!»

Aber er wagte kein weiteres Wort, so sehr auch die Stunde

Günstig war; er fürchtete, nur ein Nein zu ereilen,

Ach, und er fühlte den Ring am Finger, das schmerzliche Zeichen.

Also saßen sie still und schweigend nebeneinander.

Aber das Mädchen begann und sagte:»Wie find ich des Mondes

Herrlichen Schein so süß! er ist der Klarheit des Tags gleich.

Seh ich doch dort in der Stadt die Häuser deutlich und Höfe,

An dem Giebel ein Fenster; mich deucht, ich zähle die Scheiben.»

«Was du siehst«, versetzte darauf der gehaltene Jüngling,

«Das ist unsere Wohnung, in die ich nieder dich führe,

Und dies Fenster dort ist meines Zimmers im Dache,

Das vielleicht das deine nun wird; wir verändern im Hause.

Diese Felder sind unser, sie reifen zur morgenden Ernte.

Hier im Schatten wollen wir ruhn und des Mahles genießen.

Aber laß uns nunmehr hinab durch Weinberg und Garten

Steigen; denn sieh, es rückt das schwere Gewitter herüber,

Wetterleuchtend und bald verschlingend den lieblichen Vollmond.»

Und so standen sie auf und wandelten nieder, das Feld hin,

Durch das mächtige Korn, der nächtlichen Klarheit sich freuend;

Und sie waren zum Weinberg gelangt und traten ins Dunkel.

Und so leitet' er sie die vielen Platten hinunter,

Die, unbehauen gelegt, als Stufen dienten im Laubgang.

Langsam schritt sie hinab, auf seinen Schultern die Hände;

Und mit schwankenden Lichtern, durchs Laub, überblickte der Mond sie,

Eh' er, von Wetterwolken umhüllt, im Dunkeln das Paar ließ.

Sorglich stützte der Starke das Mädchen, das über ihn herhing;

Aber sie, unkundig des Steigs und der roheren Stufen,

Fehlte tretend, es knackte der Fuß, sie drohte zu fallen.

Eilig streckte gewandt der sinnige Jüngling den Arm aus,

Hielt empor die Geliebte; sie sank ihm leis auf die Schulter,

Brust war gesenkt an Brust und Wang' an Wange. So stand er,

Starr wie ein Marmorbild, vom ernsten Willen gebändigt,

Drückte nicht fester sie an, er stemmte sich gegen die Schwere.

Und so fühlt' er die herrliche Last, die Wärme des Herzens

Und den Balsam des Atems, an seinen Lippen verhauchet,

Trug mit Mannesgefühl die Heldengröße des Weibes.

Doch sie verhehlte den Schmerz und sagte die scherzenden Worte:

«Das bedeutet Verdruß, so sagen bedenkliche Leute

Wenn beim Eintritt ins Haus, nicht fern von der Schwelle, der Fuß knackt.

Hätt' ich mir doch fürwahr ein besseres Zeichen gewünschet!

Laß uns ein wenig verweilen, damit dich die Eltern nicht tadeln

Wegen der hinkenden Magd, und ein schlechter Wirt du erscheinest.»

Urania

Aussicht

Musen, die ihr so gern die herzliche Liebe begünstigt,

Auf dem Wege bisher den trefflichen Jüngling geleitet,

An die Brust ihm das Mädchen noch vor der Verlobung gedrückt habt:

Helfet auch ferner den Bund des lieblichen Paares vollenden,

Teilet die Wolken sogleich, die über ihr Glück sich heraufziehn!

Aber saget vor allem, was jetzt im Hause geschiehet!

Ungeduldig betrat die Mutter zum drittenmal wieder

Schon das Zimmer der Männer, das sorglich erst sie verlassen,

Sprechend vom nahen Gewitter, vom schnellen Verdunkeln des Mondes;

Dann vom Außenbleiben des Sohns und der Nächte Gefahren;

Tadelte lebhaft die Freunde, daß, ohne das Mädchen zu sprechen,

Ohne zu werben für ihn, sie so bald sich vom Jüngling getrennet.

«Mache nicht schlimmer das Übel!«versetzt' unmutig der Vater;

«Denn du siehst, wir harren ja selbst, und warten des Ausgangs.»

Aber gelassen begann der Nachbar sitzend zu sprechen:

«Immer verdank ich es doch in solch unruhiger Stunde

Meinem seligen Vater, der mir, als Knaben, die Wurzel

Aller Ungeduld ausriß, daß auch kein Fäschen zurückblieb

Und ich erwarten lernte sogleich, wie keiner der Weisen.»

«Sagt«, versetzte der Pfarrer,»welch Kunststück brauchte der Alte?»

«Das erzähl ich Euch gern, denn jeder kann es sich merken»,

Sagte der Nachbar darauf.»Als Knabe stand ich am Sonntag

Ungeduldig einmal, die Kutsche begierig erwartend,

Die uns sollte hinaus zum Brunnen führen der Linden.

Doch sie kam nicht; ich lief wie ein Wiesel dahin und dorthin,

Treppen hinauf und hinab und von dem Fenster zur Türe.

Meine Hände prickelten mir; ich kratzte die Tische,

Trappelte stampfend herum, und nahe war mir das Weinen.

Alles sah der gelassene Mann; doch als ich es endlich

Gar zu töricht betrieb, ergriff er mich ruhig beim Arme,

Führte zum Fenster mich hin und sprach die bedenklichen Worte:

›Siehst du des Tischlers da drüben für heute geschlossene Werkstatt?

Morgen eröffnet er sie; da rühret sich Hobel und Säge,

Und so geht es von frühe bis Abend die fleißigen Stunden.

Aber bedenke dir dies: der Morgen wird künftig erscheinen,

Da der Meister sich regt mit allen seinen Gesellen

Dir den Sarg zu bereiten und schnell und geschickt zu vollenden;

Und sie tragen das bretterne Haus geschäftig herüber,

Das den Geduld'gen zuletzt und den Ungeduldigen aufnimmt,

Und gar bald ein drückendes Dach zu tragen bestimmt ist.‹

Alles sah ich sogleich im Geiste wirklich geschehen,

Sah die Bretter gefügt und die schwarze Farbe bereitet,

Saß geduldig nunmehr und harrete ruhig der Kutsche.

Rennen andere nun in zweifelhafter Erwartung

Ungebärdig herum, da muß ich des Sarges gedenken.»

Lächelnd sagte der Pfarrer:»Des Todes rührendes Bild steht

Nicht als Schrecken dem Weisen und nicht als Ende dem Frommen.

Jenen drängt es ins Leben zurück und lehret ihn handeln;

Diesem stärkt es, zu künftigem Heil, im Trübsal die Hoffnung;

Beiden wird zum Leben der Tod. Der Vater mit Unrecht

Hat dem empfindlichen Knaben den Tod im Tode gewiesen.

Zeige man doch dem Jüngling des edel reifenden Alters

Wert und dem Alter die Jugend, daß beide des ewigen Kreises

Sich erfreuen und so sich Leben im Leben vollende!»

Aber die Tür ging auf. Es zeigte das herrliche Paar sich,

Und es erstaunten die Freunde, die liebenden Eltern erstaunten

Über die Bildung der Braut, des Bräutigams Bildung vergleichbar;

Ja, es schien die Türe zu klein, die hohen Gestalten

Einzulassen, die nun zusammen betraten die Schwelle.

Hermann stellte den Eltern sie vor mit fliegenden Worten.

«Hier ist«, sagt' er,»ein Mädchen, so wie Ihr im Hause sie wünschet.

Lieber Vater, empfanget sie gut; sie verdient es. Und liebe

Mutter, befragt sie sogleich nach dem ganzen Umfang der Wirtschaft,

Daß Ihr seht, wie sehr sie verdient, Euch näher zu werden.»

Eilig führt' er darauf den trefflichen Pfarrer beiseite,