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Die ihr das Kinn umgibt, das runde, mit reinlicher Anmut;

Frei und heiter zeigt sich des Kopfes zierliches Eirund;

Stark sind vielmal die Zöpfe um silberne Nadeln gewickelt;

Vielgefaltet und blau fängt unter dem Latze der Rock an

Und umschlägt ihr im Gehn die wohlgebildeten Knöchel.

Doch das will ich Euch sagen und noch mir ausdrücklich erbitten:

Redet nicht mit dem Mädchen, und laßt nicht merken die Absicht,

Sondern befraget die andern und hört, was sie alles erzählen.

Habt Ihr Nachricht genug, zu beruhigen Vater und Mutter,

Kehret zu mir dann zurück, und wir bedenken das Weitre.

Also dacht' ich mir's aus, den Weg her, den wir gefahren.»

Also sprach er. Es gingen darauf die Freunde dem Dorf zu,

Wo in Gärten und Scheunen und Häusern die Menge von Menschen

Wimmelte, Karrn an Karrn die breite Straße dahin stand.

Männer versorgten das brüllende Vieh und die Pferd' an den Wagen,

Wäsche trockneten emsig auf allen Hecken die Weiber,

Und es ergötzten die Kinder sich plätschernd im Wasser des Baches.

Also durch die Wagen sich drängend, durch Menschen und Tiere,

Sahen sie rechts und links sich um, die gesendeten Späher,

Ob sie nicht etwa das Bild des bezeichneten Mädchens erblickten;

Aber keine von allen erschien die herrliche Jungfrau.

Stärker fanden sie bald das Gedränge. Da war um die Wagen

Streit der drohenden Männer, worein sich mischten die Weiber,

Schreiend. Da nahte sich schnell mit würdigen Schritten ein Alter,

Trat zu den Scheltenden hin; und sogleich verklang das Getöse,

Als er Ruhe gebot, und väterlich ernst sie bedrohte.

«Hat uns«, rief er,»noch nicht das Unglück also gebändigt,

Daß wir endlich verstehn, uns untereinander zu dulden

Und zu vertragen, wenn auch nicht jeder die Handlungen abmißt?

Unverträglich fürwahr ist der Glückliche! Werden die Leiden

Endlich euch lehren, nicht mehr, wie sonst, mit dem Bruder zu hadern?

Gönnet einander den Platz auf fremdem Boden und teilet,

Was ihr habet, zusammen, damit ihr Barmherzigkeit findet!»

Also sagte der Mann, und alle schwiegen; verträglich

Ordneten Vieh und Wagen die wieder besänftigten Menschen.

Als der Geistliche nun die Rede des Mannes vernommen

Und den ruhigen Sinn des fremden Richters entdeckte,

Trat er an ihn heran und sprach die bedeutenden Worte:

«Vater, fürwahr! wenn das Volk in glücklichen Tagen dahinlebt,

Von der Erde sich nährend, die weit und breit sich auftut

Und die erwünschten Gaben in Jahren und Monden erneuert,

Da geht alles von selbst, und jeder ist sich der Klügste

Wie der Beste; und so bestehen sie nebeneinander,

Und der vernünftigste Mann ist wie ein andrer gehalten:

Denn was alles geschieht, geht still, wie von selber, den Gang fort.

Aber zerrüttet die Not die gewöhnlichen Wege des Lebens,

Reißt das Gebäude nieder und wühlet Garten und Saat um,

Treibt den Mann und das Weib vom Raume der traulichen Wohnung,

Schleppt in die Irre sie fort, durch ängstliche Tage und Nächte:

Ach! da sieht man sich um, wer wohl der verständigste Mann sei,

Und er redet nicht mehr die herrlichen Worte vergebens.

Sagt mir, Vater, Ihr seid gewiß der Richter von diesen

Flüchtigen Männern, der Ihr sogleich die Gemüter beruhigt?

Ja, Ihr erscheint mir heut als einer der ältesten Führer,

Die durch Wüsten und Irren vertriebene Völker geleitet.

Denk ich doch eben, ich rede mit Josua oder mit Moses.»

Und es versetzte darauf mit ernstem Blicke der Richter:

«Wahrlich, unsere Zeit vergleicht sich den seltensten Zeiten,

Die die Geschichte bemerkt, die heilige wie die gemeine.

Denn wer gestern und heut in diesen Tagen gelebt hat,

Hat schon Jahre gelebt: so drängen sich alle Geschichten.

Denk ich ein wenig zurück, so scheint mir ein graues Alter

Auf dem Haupte zu liegen, und doch ist die Kraft noch lebendig.

Oh, wir anderen dürfen uns wohl mit jenen vergleichen,

Denen in ernster Stund' erschien im feurigen Busche

Gott der Herr; auch uns erschien er in Wolken und Feuer.»

Als nun der Pfarrer darauf noch weiter zu sprechen geneigt war

Und das Schicksal des Manns und der Seinen zu hören verlangte,

Sagte behend der Gefährte mit heimlichen Worten ins Ohr ihm:

«Sprecht mit dem Richter nur fort und bringt das Gespräch auf das Mädchen.

Aber ich gehe herum, sie aufzusuchen, und komme

Wieder, sobald ich sie finde. «Es nickte der Pfarrer dagegen,

Und durch die Hecken und Gärten und Scheunen suchte der Späher.

Klio

Das Zeitalter

Als nun der geistliche Herr den fremden Richter befragte,

Was die Gemeine gelitten, wie lang sie von Hause vertrieben,

Sagte der Mann darauf:»Nicht kurz sind unsere Leiden;

Denn wir haben das Bittre der sämtlichen Jahre getrunken,

Schrecklicher, weil auch uns die schönste Hoffnung zerstört ward.

Denn wer leugnet es wohl, daß hoch sich das Herz ihm erhoben,

Ihm die freiere Brust mit reineren Pulsen geschlagen,

Als sich der erste Glanz der neuen Sonne heranhob,

Als man hörte vom Rechte der Menschen, das allen gemein sei,

Von der begeisternden Freiheit und von der löblichen Gleichheit!

Damals hoffte jeder sich selbst zu leben; es schien sich

Aufzulösen das Band, das viele Länder umstrickte,

Das der Müßiggang und der Eigennutz in der Hand hielt.

Schauten nicht alle Völker in jenen drängenden Tagen

Nach der Hauptstadt der Welt, die es schon so lange gewesen

Und jetzt mehr als je den herrlichen Namen verdiente?

Waren nicht jener Männer, der ersten Verkünder der Botschaft,

Namen den höchsten gleich, die unter die Sterne gesetzt sind?

Wuchs nicht jeglichem Menschen der Mut und der Geist und die Sprache?

Und wir waren zuerst, als Nachbarn, lebhaft entzündet.

Drauf begann der Krieg, und die Züge bewaffneter Franken

Rückten näher; allein sie schienen nur Freundschaft zu bringen.

Und die brachten sie auch: denn ihnen erhöht war die Seele

Allen; sie pflanzten mit Lust die munteren Bäume der Freiheit,

Jedem das Seine versprechend, und jedem die eigne Regierung.

Hoch erfreute sich da die Jugend, sich freute das Alter,

Und der muntere Tanz begann um die neue Standarte.

So gewannen sie bald, die überwiegenden Franken,

Erst der Männer Geist, mit feurigem munterm Beginnen,

Dann die Herzen der Weiber, mit unwiderstehlicher Anmut.

Leicht selbst schien uns der Druck des vielbedürfenden Krieges;

Denn die Hoffnung umschwebte vor unsern Augen die Ferne,

Lockte die Blicke hinaus in neueröffnete Bahnen.

Oh, wie froh ist die Zeit, wenn mit der Braut sich der Bräut'gam

Schwinget im Tanze, den Tag der gewünschten Verbindung erwartend!

Aber herrlicher war die Zeit, in der uns das Höchste,

Was der Mensch sich denkt, als nah und erreichbar sich zeigte.

Da war jedem die Zunge gelöst; es sprachen die Greise,

Männer und Jünglinge laut voll hohen Sinns und Gefühles.

Aber der Himmel trübte sich bald. Um den Vorteil der Herrschaft

Stritt ein verderbtes Geschlecht, unwürdig, das Gute zu schaffen.

Sie ermordeten sich und unterdrückten die neuen

Nachbarn und Brüder und sandten die eigennützige Menge.

Und es praßten bei uns die Obern und raubten im großen,

Und es raubten und praßten bis zu dem Kleinsten die Kleinen;

Jeder schien nur besorgt, es bleibe was übrig für morgen.

Allzu groß war die Not, und täglich wuchs die Bedrückung;

Niemand vernahm das Geschrei, sie waren die Herren des Tages.

Da fiel Kummer und Wut auch selbst ein gelaßnes Gemüt an,

Jeder sann nur und schwur, die Beleidigung alle zu rächen

Und den bittern Verlust der doppelt betrogenen Hoffnung.

Und es wendete sich das Glück auf die Seite der Deutschen,

Und der Franke floh mit eiligen Märschen zurücke.