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»Eine komische Frage hat der Sheriff mir gestellt.« Sie sah seine Knöchel weiß werden, als er das Lenkrad umklammerte. »Nicht viel. Aber er hat gefragt, ob ich irgendwas über Nigels Green Card weiß.«

»Du meinst seine Einwanderungsbescheinigung? Seine Arbeitser­laubnis?«

»Ja, die Green Card.« Sie zuckte die Achseln. »Ich hab gesagt, die hab ich nie gesehen. Warum er wohl danach gefragt hat?«

9

Montags mußten Harry und Mrs. Hogendobber Post schaufeln. Berge von Katalogen, Postkarten, Rechnungen und Briefen ergossen sich aus dem leinenen Postkarren auf den Holzboden, der vom jahrelan­gen Gebrauch blank poliert war.

Mrs. Murphy, verstimmt, weil sie sich nicht in den Postkarren ku­scheln konnte, flitzte durch die Tierpforte, die für sie am Hinterein­gang eingebaut worden war, nach draußen. Tucker lag schnarchend auf der Seite mitten auf dem Fußboden, wo sie das größte Hindernis bildete. Die Katze weckte sie nicht auf.

Um die Wahrheit zu sagen, sie liebte Tucker, aber Hunde, selbst Tucker, gingen ihr auf die Nerven. Sie waren so geradeheraus. Mrs. Murphy hatte Freude an Feinheiten und leisen Tönen. Tucker neigte zum Schwafeln.

Das Türchen klappte hinter ihr zu. Sie setzte sich auf die rückwär­tige Veranda des Postamtes und beobachtete die Gasse, die die Reihe alter Geschäftshäuser von den privaten Gärten trennte. Mrs. Hogen­dobbers Grundstück lag direkt hinter dem Postamt. Ihr gemulchter und gedüngter Garten, der normalerweise von Farben überquoll, war auf den Winter vorbereitet. Sie hatte die letzten Chrysanthemenblü­ten abgezwickt.

Die Katze atmete den eigentümlichen Geruch absterbender Blätter und feuchter Erde ein. Da es schon elf Uhr war, hatte der Frost sich verflüchtigt, und die Witterung von wilden Tieren schwand mit ihm. Mrs. Murphy ging gern im Herbst und Winter auf die Jagd, weil es leicht war, der Witterung zu folgen.

Sie plusterte ihr Fell auf, um die Kälte abzuwehren, dann mar­schierte sie zu Markets Laden hinüber.

Während sie sich dem Hintereingang näherte, schmetterte sie: »Pewter, Pewter, Autoscooter, komm raus und spiel mit mir!«

Die Tierpforte, die erst kürzlich im Lebensmittelladen installiert worden war, schwang auf. Pewter wälzte sich heraus wie eine graue Kanonenkugel.

»Alle sind heute von der Rolle.«

Mrs. Murphy pflichtete ihr bei.»Montags sind Menschen mies drauf. Ist dir das schon mal aufgefallen?« »Das sowieso, aber seit dieser Jockey erstochen wurde, gibt jeder seinen Senf dazu.« Sie hob den Kopf hoch in die Luft.»Komm, laß uns unter Mrs. Hogendobbers Veranda stöbern.«

Die zwei stürmten über die Gasse und duckten sich unter Mirandas Veranda.

»Er war heute nacht wieder hier.« Pewters Pupillen weiteten sich.

Mrs. Murphy schnupperte.»Wie ein Stinktier, bloß, hmm, süßer.« Sie trat vorwärts, und ihre Schnurrhaare verfingen sich in Spinnwe­ben.»Ich hasse Spinnen!« Sie schoß unter der Veranda hervor.

»Haha!« Pewter folgte ihr, sie fand die über Schnurrhaare und Ge­sicht ihrer Freundin drapierten Spinnweben äußerst amüsant.»Du siehst aus wie ein Gespenst.«

»Wenigstens bin ich nicht fett.«

Die verdutzte Pewter erwiderte:»Ich bin nicht fett, bloß rund.« Sie schlenderte zum Garten hinüber.»Wetten, Mrs. H. würde einen An­fall kriegen, wenn sie wüßte, daß sie jede Nacht von einem Fuchs heimgesucht wird.«

»Er muß gute Beute machen.«

»Ich möchte nicht ungezähmt sein«, bekannte Pewter, die gekochte Speisen über alles liebte.

»Hock du nur im Laden und träum schön. Ich hab noch nie über so was nachgedacht.«

»Weißt du, worüber ich noch nachgedacht habe?« Pewter wartete eine Antwort nicht ab.»Sushi. Was Crozet noch fehlt, ist eine gute Sushi-Bar. Stell dir vor, jeden Tag frischen Thunfisch. Also, Thun­fisch aus der Dose mag ich auch, am liebsten leicht eingelegt, nicht in schwerem Öl, wohlgemerkt. Aber frischer Thunfisch... himm­lisch.«

Die Tigerkatze leckte ihre rechte Pfote und wischte sich damit über die Ohren.»Müssen wir dann mit Stäbchen essen?«

»Sehr komisch. Ich wette, ich könnte Sushi von einem Paar Stäb­chen auf dem Weg zu irgendeinem dämlichen Mund klauen.« Sie führte ihre Bewegung des Klauens vor, ein einziger schneller Schlag mit der Pfote, mit ausgefahrenen Krallen. Bei dem Gedanken daran schauderte sie vor Wonne.

»He, guck mal«, unterbrach Mrs. Murphy Pewters Tagträume.

Beide Katzen sahen Addie Valiant hinter dem Postamt vorfahren und parken. Sie schloß die Tür ihres blauen Subaru-Kombi, der hin­ten vollbeladen war mit Sattelzeug, Decken, Sattelunterlagen und diversem anderem Pferdezubehör. Sie schlug den Kragen ihres dicken Hemdes hoch, klopfte an die Hintertür des Postamtes, lauschte, öffnete dann die Tür.

»Los, komm.« Murphy lief durch den Garten.

»Wozu?« Pewter rührte sich nicht von der Stelle.

»Der tote Jockey war ihr Freund.«

»Oh!« Pewter beeilte sich, sie einzuholen. Beide Katzen erreichten die Tierpforte zur gleichen Zeit, fauchten sich an, dann schlüpfte Murphy zuerst hinein, die verstimmte Pewter im Gefolge.

Da Murphy erst das halbe Gesicht geputzt hatte, glitzerte die andere Hälfte von Spinnweben.

Addie zog ihre Post aus der Rückseite ihres Postfachs.

Harry sah in dem Zeitschriftenstapel nach, ob etwas für sie dabei war.

»Meine Liebe, wenn wir etwas für Sie tun können, irgendwas, las­sen Sie es mich wissen.« Miranda reichte Addie ein süßes Brötchen mit Orangenglasur. Sie war eine vorzügliche Bäckerin und verdiente sich ein bißchen Geld nebenbei, indem sie fur Markets Laden buk.

»Danke, ich habe keinen Hunger.«

»Aber ich«, schnurrte Pewter.

Tucker, die jetzt wach war, rappelte sich hoch.»Ich auch.« Sie be­merkte Mrs. Murphys Gesicht»Halloween ist vorbei.«

Harry sah es zur gleichen Zeit. »Wo bist du gewesen?«

»UnterMirandas Veranda.«

Harry hob die hübsche Katze hoch, nahm ein Papiertuch und wischte die Spinnweben ab, was nicht so leicht ging, wie sie dachte, weil sie klebrig waren.

Addie ließ sich auf einen Stuhl fallen. »Was dagegen, wenn ich mich einen Moment hinsetze? Ich bin fix und fertig.«

»Das macht der Schock.« Miranda tätschelte ihren Rücken.

»Ja - ich weiß Ich hatte wohl nicht damit gerechnet, daß mir noch mehr passieren könnte.«

»Das Leben ist voll seltsamer Überraschungen, guter und böser«, sagte die gütige Frau.

»Ißt jemand das Orangenbrötchen?« fragte Pewter.

»Plaudertasche.« Harry kraulte die graue Katze hinter den Ohren.

Miranda brach kleine Stückchen von dem Brötchen ab und kaute darauf herum.

Pewter stieß ein Geheul aus.»Gib mir was!«

Miranda achtete nicht auf sie, deshalb kletterte Pewter auf einen Stuhl und von da auf den kleinen Tisch, auf dem die Brötchen ver­lockend auf einem weißen Teller ruhten. Sie schleckte die Glasur ab, was die Menschen, ganz ins Gespräch vertieft, nicht bemerkten. Mrs. Murphy wollte nicht zurückstehen und leistete ihrer Freundin Gesell­schaft.