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»Das ist mir schnuppe! Wurde einmal auf ihn eingestochen oder zweimal?« bellte Frank ins Telefon.

»Zweimal«, erwiderte Hank. »Der Zustand der Leber zeigte Anzei­chen von beginnender Alkoholschädigung und.«

»Das interessiert mich nicht. Schicken Sie nur den Bericht.«

»Hm, aber das hier dürfte Sie vielleicht interessieren.« Verschnupft hob Hank die Stimme. »Er hat sein Alter für seine Bewerbung als Jockey beim Nationalen Hindernisrennverband mit sechsundzwanzig angegeben, aber ich schätze ihn eher auf circa fünfonddreißig. Könn­te sich lohnen, daß Sie sich diese Kleinigkeit merken, ebenso wie die Tatsache, daß er eine hohe Dosis Kokain im Blut hatte. Ich schicke die Akte rüber, sobald ich meinen Bericht geschrieben habe.« Belei­digt legte Hank auf.

Frank knallte den Hörer hin. »Arschloch.«

»Und?« fragten Rick und Cynthia gleichzeitig.

»Zweimal gestochen. Vollgekokst.«

»Klingt plausibel. Er wäre kaum da sitzen geblieben, während ihm jemand eine Karte aufs Herz legt.«

»Doch, Rick, wenn man ihm eine Pistole an den Kopf gehalten hat.«

»Eins zu null für Sie, Partnerin.« Rick lächelte Cynthia an.

»Noch etwas. Hank sagt, sein Alter sei eher fünfonddreißig gewe­sen als sechsundzwanzig, wie er beim Rennverband angegeben hat.«

»Hmm«, murmelte Rick. »Wer immer er war, er war ein erstklassi­ger Lügner.«

»So erstklassig nun auch wieder nicht«, erwiderte Coop. »Er ist tot. Jemand hat ihn ertappt.«

»Also, ich weiß Ihre Hilfe wirklich zu schätzen.« Frank stand auf. »Ich nehme an, die braven Bürger von Orange können nachts ruhig in ihren Betten schlafen.« »Genau das tu ich jetzt. Nach Hause gehen, ins Bett.« Cynthia hatte ein Gefühl, als hätte sie Sand in den Augen, nachdem sie die letzten zweieinhalb Tage auf den Computerbildschirm gestarrt hatte.

Auf dem Weg nach Charlottesville in einem nicht gekennzeichne­ten Wagen rauchte Rick eine Zigarette, nachdem er zuvor das Fen­ster einen Spalt geöffnet hatte. »Frank ist überfordert.«

»Ja.«

»Wenn wir Glück haben, war dieser Mord ein Racheakt, und damit hat die Sache ein Ende. Wenn nicht, wird sich das auf andere Hin­dernisrennen oder andere Rennställe ausweiten, was bedeutet, daß die braven Bürger von Orange und Albemarle County vielleicht nicht so ruhig schlafen können - sofern sie Pferde im Stall haben.«

Cynthia streckte die langen Beine aus. »Pferdeliebhaber sind beses­sen.«

»Ich mag sie nicht besonders«, sagte Rick nüchtern.

»Das kann ich nicht sagen, ich weiß nur, daß sie sich in zwei Kate­gorien aufteilen.«

»Nämlich?«

»Sie sind entweder sehr, sehr intelligent oder total bekloppt. Nichts dazwischen.«

Rick lachte und überschritt die Geschwindigkeitsbegrenzung.

12

Ein schnittiger BMW 75oil, das Zwölfzylindermodell, kreuzte Dienstag morgen um halb acht vor dem Postamt herum. Harry be­merkte Mickey Townsend am Steuer, als sie in ihrem Transporter vorbeifuhr.

»Das ist mal ein Wagen!«

Mrs. Murphy und Tucker warfen pflichtschuldig einen Blick auf das metallicsilberne Automobil, doch da sie keine Autonarren waren, wandten sie sich wieder wichtigeren Angelegenheiten zu.

»Hey, Ella!« rief Mrs. Murphy Eloquenz zu, Herb Jones' jüngster Katze, die vor der Haustür des Pastors saß. Da das Fenster nicht her­untergekurbelt war, konnte Eloquenz es nicht hören, Harry dafür um so besser.

»Du bist schuld, wenn mir das Trommelfell platzt.«

»Mutter, ich muß dich morgens, mittags und abends hören.«

»Ja, aber sie kreischt ihre Freundinnen nicht an.«

»Tucker, du bist ruhig.« Die Katze boxte ihr auf die lange, heraus­fordernde Nase. Murphy fragte sich, was Katzen machten, die mit Möpsen, Bulldoggen und Chow-Chows zusammenlebten, deren Na­sen reingedrückt waren. Vermutlich sprangen sie ihnen auf den Rücken und bissen sie in den Nacken.

Drinnen war schon Licht, als Harry den Transporter parkte.

»Hallo«, rief sie. Sie öffnete die Hintertür, und der Duft nach fri­schem Zimt stieg ihr in die Nase.

»Morgen.« Mrs. Hogendobber gab Kaffeebohnen in eine zylindri­sche elektrische Kaffeemühle. Das Geräusch erschreckte Tucker, die sich unter den leeren Postkarren verkroch.

»Angsthase.«

»Ich hasse das Geräusch«, winselte der Hund.

Harry erhitzte Wasser auf der Kochplatte. Sie konnte nicht viel Kaffee trinken, deswegen machte sie Tee. Doughnuts, noch damp­fend, waren in konzentrischen Kreisen auf dem weißen Teller ange­richtet.

»Zimt?« fragte Harry.

»Und auch Doughnut-Törtchen. Ich experimentiere mit zwei ver­schiedenen Teigsorten.« Ein Klopfen an der Hintertür unterbrach sie. »Wer ist da?« »Attila der Hunne.«

»Kommen Sie rein«, antwortete Mrs. Hogendobber.

Susan Tucker, das Gesicht rosig von der Kälte, öffnete die Tür. »Ist das eisig heute morgen. Hi, Tucker.« Sie bückte sich, um den Hund zu streicheln. »Hallo, Mrs. Murphy, ich weiß, daß du im Postkarren bist, ich kann die Ausbuchtung unten drunter sehen.«

»Morgen«, lautete die schläfrige Antwort.

»Hab Mickey Townsend vorbeifahren sehen«, sagte Susan.

»Hab ihn unterwegs überholt. Ach, Susan, ich habe ein Einschrei­ben für dich.«

»Verdammt.« Für Susan bedeuteten eingeschriebene Briefe ge­wöhnlich Strafmandate oder, schlimmer noch, eine dringende Mah­nung vom Finanzamt.

Harry angelte den Brief mit dem angehefteten dicken rosa Papier samt Durchschlag heraus. »Du mußt fest drücken, damit deine Un­terschrift auf dem Durchschlag erscheint.«

Den Kugelschreiber in der Hand besah sich Susan den Absender »Plaistow, New Hampshire?« Sie schrieb ihren Namen mit Nach­druck.

Harry riß sorgfältig den rosa Zettel ab, den sie behielt, während die Durchschrift am Umschlag blieb.

Susan klemmte den Zeigefinger unter die versiegelte Umschlag­klappe und öffnete den Brief. »Ach, das ist ja nett.«

»Was?« Harry las über Susans Schulter mit.

»State Line Tack sind die reduzierten Teppiche in Rotgold ausge­gangen. Wenn ich mich für einen marineblauen mit roter Borte ent­scheide, geben sie mir noch einmal zehn Prozent Rabatt, und sie entschuldigen sich für die Unannehmlichkeit. Sie konnten mich tele­fonisch nicht erreichen.« Sie zerriß den Zettel. »Weil die verdamm­ten Blagen immer die Leitung blockieren! Das ist ja eine klasse Fir­ma.«

»Das kann man wohl sagen. Weißt du, welche auch noch wirklich gut ist: L. L. Bean.«

»Superb.« Mrs. Hogendobber aß ein Doughnut. »Hmm. Hab mich selbst übertroffen.«

Susan faltete den Brief zusammen, steckte ihn in den Umschlag zu­rück, und dann sprang sie, wie es zwischen alten Freundinnen so oft geschieht, ohne Erklärung zu einem anderen Thema über, weil sie wußte, daß Harry den Zusammenhang verstehen würde: Unterschrif­ten. »Du mußt alle Unterschriften in Crozet kennen.«

»Tun wir alle beide.« Mrs. Hogendobber wischte sich Krümel vom Mund. »Wir könnten als sachverständige Zeugen in Fälschungspro­zessen auftreten. Ich wünschte, Sie würden einen von diesen probie­ren. Meine besten.«

Harry schnappte sich einen Zimtdoughnut, obwohl sie geschworen hatte, es nicht zu tun.

»Greifen Sie zu.« Mrs. Hogendobber beobachtete, wie Susan vor dem Teller das Wasser im Munde zusammenlief. »Ich kann sie nicht alle allein essen.«

»Ned hat gesagt, ich darf diesen Winter nicht wieder fünf Pfund zunehmen. Er hat mir sogar einen Heimtrainer gekauft.« Susan starr­te auf die Doughnuts.

»Laß das Mittagessen ausfallen.« Harry ersparte ihr die Qual der Entscheidung und reichte ihr einen Doughnut.

Kaum wehte ihr der frische Duft in die Nase, schob sich Susan den Doughnut in den Mund. »Oh, verdammt.« Sie nahm sich eine Tasse Tee. »Hab was Dolles gehört.«