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»Schnappen Sie die beiden.« wimmerte Addie.

»Wir wollten sie gestern verhaften. Sie sind weg.« Verlegen sah Rick die Bestürzung in ihren Gesichtern.

»Steht meine Schwester - « Chark bekam die Worte kaum heraus - »unter Arrest?«

»Nein. Zumindest noch nicht«, sagte Rick.

»Also hören Sie, Shaw.« Arthur richtete sich kerzengerade auf. »Sie war ein dummes Mädchen, aber manch eine Frau hat sich von einem Mann in die Irre führen lassen. Sie ist keine Drogendealerin. Sie nimmt auch nichts mehr.«

Unter Tränen, die ihr über die Wangen liefen, würgte Addie zit­ternd hervor: »Also äh, manchmal.«

»Dann werden dein Bruder und ich dich in eine Klinik bringen.« Arthurs Ton duldete keinen Widerspruch.

»Und was wird aus Camden? Außerdem, ich nehm ja bloß ein biß­chen zum Feiern. Ehrlich. Ich bin nicht süchtig oder so was. Ihr könnt mein Blut untersuchen.«

»Das machen wir unter uns ab.« Arthur übernahm das Kommando. »Sheriff, hat Adelia die Erlaubnis, in Camden zu reiten?«

»Ja, aber - « er sah Adelia fest an - »versuchen Sie keine Dumm­heiten - etwa abzuhauen.«

»Glauben Sie, daß Will und Linda dort aufkreuzen?« fragte Chark.

»Das weiß ich nicht«, antwortete Rick.

»Die sind längst nicht mehr im Land.« Addie wischte sich die roten Augen. »Linda hat immer gesagt, sie will noch ein letztes großes Ding drehen.«

»Warum hat sie das nicht schon vor langer Zeit gemacht?« Arthurs Ton war streng.

»Weil sie selbst Drogen nahm. Sie sagte aber, sie wäre jetzt clean. Es ginge bloß noch ums Geschäft. Sie wollte einen Coup landen. Und dann nichts wie weg hier.« Addie ließ den Kopf wieder auf die Hände sinken.

»So etwas kommt in Rennbahnkreisen häufig vor, nicht?« Cynthia kritzelte Notizen in ihr Buch.

Addie zuckte die Achseln. »Das geht auf und ab. Ich glaube nicht, daß es auf der Rennbahn mehr Drogenmißbrauch gibt als in großen Betrieben.«

»In diesem Fall hat Amerika ein Problem«, sagte Chark.

»Mit Amerika befassen wir uns morgen.« Arthur lächelte verknif­fen. »Im Moment ist es mir wichtiger, diese junge Dame wieder auf die rechte Bahn zu bringen. Sheriff, brauchen Sie uns heute abend noch?«

»Nein«, sagte Rick. »Sie können gehen.«

Als Rick und Cynthia später im Begriff waren, in den Streifenwa­gen zu steigen, fragte sie ihn »Glauben Sie, sie sagt die Wahrheit? Daß sie wirklich nichts über Nigel wußte?«

»Was sagt Ihnen Ihr Instinkt?«

Cynthia lehnte sich gegen die Wagentür. Die Nacht, kristallklar und kalt, war schön. »Sie wußte nichts.«

»Was noch?« Er bot ihr eine Zigarette an, und sie nahm sie.

Cynthia senkte den Kopf, um sich Feuer geben zu lassen, und machte einen Zug. Sie blickte hoch und bemerkte, wie vollkommen die Sterne glänzten. »Rick, es ist noch lange nicht vorbei.«

Er nickte, und schweigend rauchten sie ihre Zigaretten zu Ende.

29

Der große lila Pferdetransporter mit der glitzernden goldenen Be­schriftung - DALMALLY FARM auf beiden Seiten und PFERDE auf der Rückseite - parkte neben einer Erdrampe. Die Laderampen, schwer und sperrig, konnten Rückenschäden verursachen, deshalb hatte Mim eine Erdrampe bauen lassen. Die Pferde liefen direkt in den Wagen, ohne das Klapp-klapp auf Metall unter sich zu hören. Bei der Rennbahn angekommen, mußte die ungeliebte Rampe natür­lich doch von der Seite des Wagens gezogen werden, dennoch, jede Minderung körperlicher Anstrengung war eine Erleichterung.

Harry sah sich Mims Pferdetransporter nur zu gern an. Mim hatte außerdem einen Anhänger für die Jagd. Obwohl Lila die Jagdfarbe der Familie ihrer Mutter war, verwendete Mim für die Jagd Rot und Gold auf ihrem Schräglade-Anhänger, auf dem drei Pferde quer zur Fahrbahn stehen konnten. Harry begehrte diesen Anhänger ebenso wie den Dodge-Kombi mit dem Turbodieselmotor von Cummins. Auch dieser Kombi war rot.

Sie war nach der Arbeit zum Stall gegangen, um zu sehen, ob Little Marilyn dort war. Sie wollte nicht den Eindruck erwecken, als wolle sie die Gleichaltrige überprüfen, doch genau das tat sie. Little Mim hatte endlich die Einladungen zum Wildessen verschickt, aber sie hatte nicht gemeldet, wer geantwortet hatte und wer nicht. Die Einla­dungen hatte Susan Tucker beim Drucker in Charlottesville abholen müssen.

Gerade als Harry wieder in ihren Transporter stieg, bog Big Mim in ihrem Bentley Turbo R auf den Parkplatz ein. Mim erlegte sich bei Maschinen jeder Art keinerlei Beschränkungen auf. Dies war ein irrationaler Zug von Mim: Sie konnte Pkw, Transportern oder Trak­toren nicht widerstehen. Zum Glück konnte sie sie sich leisten. Sie führte wahrscheinlich die bestausgestattete Farm in Albemarle Coun­ty. Sie hatte sogar eine fahrbare Bewässerungsanlage, eine Reihe von Rohren, mit riesigen Rädern verbunden und von einem Generator angetrieben.

»Harry.«

»Hallo. Ich wollte sehen, ob ich Little Marilyn finden kann, aber hier ist kein Mensch.« »Sie ist heute in Washington.« Mim öffnete die schwere Wagentür und stieg aus. »Besorgt wegen des Essens?«

»Ein bißchen.«

»Ich auch. Machen Sie sich nur nicht zu viele Gedanken. Ich höre die Nachrichten auf dem Anrufbeantworter ab und gebe Ihnen Be­scheid, wer zugesagt hat. Notfalls greife ich auf das altbewährte Schneeballsystem zurück.«

»Das kann ich doch machen.«

»Nein, sie ist meine Tochter, und wie immer ist sie von ihrer Auf­gabe überfordert.« Mim befingerte ihren Hermes-Schal. »Marilyn ist nicht mehr richtig bei sich, seit letztes Jahr ihre Scheidung ausge­sprochen wurde. Ich weiß gar nicht, was ich tun soll.«

Harry sagte ganz direkt: »Sie wird nicht viel lernen, wenn Sie es für sie tun.«

»Wollen Sie, daß das Wildessen flachfällt? Mein Gott, der Jagd­club würde uns das Fell abziehen. Da erledige ich das lieber selbst und knöpfe mir Marilyn hinterher vor.«

Harry wußte, daß das stimmte. Ihr Fuchsjagdclub, der Jefferson Hunt Club - der Füchse eher verfolgte als jagte - , bestand aus reiz­baren Persönlichkeiten, Egozentrikern und rauhen Reitern sowie Menschen mit ruhigerem Temperament. Die Fuchsjagd zieht von Natur aus leidenschaftliche Menschen an, was völlig in Ordnung ist, solange sie nicht aufgefordert sind, sich gegenseitig zu unterstützen. Little Marilyn würde in ein Wespennest stechen, wenn das Wildes­sen nicht die erwarteten Einkünfte brachte.

»Ich wünschte, ich könnte Ihnen helfen, aber Marilyn hatte nie viel für mich übrig.«

»Ach was, Harry, sie zeigt nur ihre Gefühle nicht. Sie hat Sie be­stimmt ganz gern.«

Harry beschloß, Mim nicht zu widersprechen. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit vielmehr Tucker und Mrs. Murphy zu, die sich laut darüber unterhielten, wer in Orions Box gewesen war.

»Mrs. Murphy und Tucker haben scheinbar Hunger«, sagte Mim.

»Mim, ich wünschte, du würdest zuhören.« Mrs. Murphy lehnte sich trübsinnig aus dem Fenster auf der Fahrerseite.

»Nun, geben Sie mir Bescheid, wenn ich irgendwie helfen kann«, sagte Harry.

»Sie sind Teil des Schneeballsystems.« Mim steuerte auf den Stall zu, dann drehte sie sich um. »Harry, was machen Sie am Wochenen­de?«

»Nichts Besonders.«

»Möchten Sie gern dieses Wochenende nach Camden kommen und sich das Colonial-Cup-Rennen ansehen? Adelia und Charles würden sich bestimmt sehr freuen.«

»Geh nicht.« Wie ein Blitzschlag durchzuckte Furcht Mrs. Murphy, und sie wußte nicht, warum.

»Wenn Miranda sich um meine Schätzchen kümmert, komme ich sehr gern.«

»Ich dachte, Miranda würde vielleicht auch gerne mitkommen. Ihre Schwester wohnt in Greenville. Vielleicht könnte sie herüberfahren.«