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»Ich kannte ihn«, meldete sich der Teenager.

»Die Frage klingt vielleicht komisch, aber haben Sie ihn ge­mocht?«

»Ich hab ihn nicht richtig gekannt«, sagte der Ältere rasch.

Der Jüngste, in flammend orangerotem Dreß mit zwei schwarzen Ringen an jedem Ärmel, sagte: »Er hat sich aufgeführt, als wäre er was Besseres als wir übrigen.«

Harry lächelte. Der englische Akzent verfehlte nie seine Wirkung.

Als würde er ihre Gedanken lesen, fügte der mittlere Jockey, etwa fünfundzwanzig, hinzu: »Es lag nicht an seinem Akzent, der sich für mich unecht anhörte. Er hat sich aufgespielt, als wäre er der Größte. Und angegeben.«

»Daß er ein besserer Reiter war?« Harry wollte es genau wissen.

»Nein«, sagte der Jüngere. »Daß er Addie Valiant heiraten würde. Addie hat was Besseres verdient.«

»Ja, das ist wahr«, stimmte Harry zu.

Jetzt beschloß der älteste Jockey, in dunkelgrünem Dreß mit hell­blauen Kreisen, zu reden. »Verstehen Sie mich nicht falsch. Keiner von uns hat ihn gehaßt, geschweige denn ihn umbringen wollen, und er war kein unfairer Reiter, das muß man dem Mann zugute halten, aber er hatte so was Verschlagenes. Wenn man ihm eine Frage ge­stellt hat, egal was für eine, ist er drum herum getänzelt, als müßte er sich eine Antwort überlegen.«

»Was Addie nur an ihm gefunden hat?« meinte der Jüngste, die Brauen fragend hochgezogen. Sein schmachtender Tonfall verriet, daß er in Addie verknallt war.

Miranda erwiderte mit ihrer Kummerkastentantenstimme: »Sie hat nicht klar gedacht. Sie wäre schon noch zur Vernunft gekommen.«

»Warum fragen Sie nach Nigel Danforth?« wollte der ältere Jockey wissen.

Harry sagte rasch: »Wir waren so neugierig wie Sie - wir konnten uns auch nicht erklären, was sie an ihm fand.«

Sie wechselten noch ein paar Worte, dann eilten Harry, Miranda und Tucker zum Führring, wo die Jockeys auf ihre Pferde stiegen, bevor sie auf die Bahn geführt wurden.

Addie, die in diesem Rennen nicht für Mim ritt, sondern für einen anderen Auftraggeber, wurde von Chark geführt. Das Medaillon ihrer Mutter schimmerte an ihrem Hals. Sie hatte den obersten Knopf an ihrem Dreß geöffnet. Chark, vor dem Rennen nervös und sowohl wegen Mickey Townsend als auch wegen des Streits mit seiner Schwester verärgert, bemerkte es nicht.

Colbert Mason, die Sanburnes, Fair Haristeen, Arthur Tetrick, Mi­ckey Townsend, Rick Shaw und Cynthia Cooper sowie Hunderte anderer Menschen beobachteten die Pferde. In wenigen Minuten würden sie zum Startband gerufen werden.

Miranda klappte der Kinnladen herunter. »Das gibt's doch nicht«, flüsterte sie halblaut.

»Was?« Harry beugte sich zu ihr hin.

»Schauen Sie auf Adelias Hals.«

Harry sah hin. Das Licht tanzte auf der königsblauen Emaille. »Ein Medaillon. Ich kenne es nicht. Muß ein vorzeitiges Geburtstagsge­schenk sein.«

»Kein vorzeitiges Geschenk. Dieses Medaillon würde ich überall erkennen. Es hat Marylou gehört. Sie hat es nach Charleys Tod nie abgenommen. Nicht mal für Kostümfeste. Sie hat ihre Rubine und Diamanten darüber drapiert.«

Harry nahm das Medaillon in Augenschein. »Äh - ja, jetzt wo Sie's sagen. Ich erinnere mich, daß Marylou das trug.«

Mim starrte über den Führring hinweg ebenfalls auf das Medaillon. Sie griff nach Jims Arm.

Mim, Miranda und Jim begaben sich zu Rick Shaw, zogen ihn fort von der Barriere und von potentiellen Lauschern.

Sobald er sie dazu gebracht hatte, der Reihe nach zu sprechen, hör­te er aufmerksam zu. Cynthia Cooper desgleichen.

»Sie wissen nicht, ob es genau dasselbe Medaillon ist. Jemand könnte ihr eine Nachbildung geschenkt haben«, sagte Rick.

»Man braucht es nur umzudrehen.« Mims Lippen waren weiß, so erschüttert war sie.

»Auch wenn es dieselbe Inschrift hat, könnte es eine Nachbildung sein.« Rick blieb bei seinem Gedankengang.

»Es wurde von Cartier extra für Marylou angefertigt.« Mim rang die Hände.

»Ich weiß das zu würdigen. Ehrlich. Nach den Rennen können wir Adelia bitten, das Medaillon abzunehmen, damit Sie es alle näher in Augenschein nehmen können, und sie kann uns sagen, woher sie es hat.« Rick hoffte, das Medaillon werde Aufschlüsse geben, aber er mußte zusehen, daß Marylous alte Freundinnen Ruhe bewahrten. Er wollte ruhig und besonnen an dieses Beweisstück herangehen.

»In dem Moment, wo das Colonial-Cup-Rennen gelaufen ist.« Mim hatte einen flehenden Ton, sehr ungewöhnlich bei ihr.

»Das verspreche ich«, sagte Rick entschieden.

Das Signal rief die Teilnehmer vom Führring zur Bahn.

Harry, Mrs. Hogendobber, die Sanburnes und Tucker rannten zu den Tribünen. Die Pferde nahmen Aufstellung, das Startband schnellte hoch, und sie rasten los. Addie hielt sich im Mittelfeld, setzte mühelos über die Zäune, doch beim zweiten Sprung über einen Zaun wurde das Pferd angerempelt und verlor ein, zwei Längen. Sie konnte den Verlust bis zur Ziellinie nicht mehr aufholen, und das Geld war verloren.

Während die Menschen jubelten und das Geld die Besitzer wech­selte, sah Tucker einen flotten Jack Russell auf die Tribünen kom­men. Erfreut über einen anderen Hund, rief sie laut:»Hallo.«

»Hi«, antwortete der Jack Russell.»Ich hoffe, wir können neben­einander sitzen. Ich hab die Nase voll von den vielen Menschen. Mein Name ist Terminator.«

»Meiner ist Tucker.«

Glücklicherweise nahm die Besitzerin, eine nervös wirkende hage­re Frau mittleren Alters, vor Tucker Platz.»Das ist ein Glück. Hast du mit jemandem von den Rennen zu tun?«

»Mim Sanburne«, erwiderte Tucker.

»Sie könnte dieses Jahr den Cup gewinnen«, sagte der Russell wei­se.»Mein Mensch, ZeeZee Thompson - sie ist Trainerin, weißt du - meint, Mim hat eine gute Chance. Also, mein Mensch gehört seit zehn Jahren zu den fünf besten Trainern.«

»Oh.« Tucker klang beeindruckt.

»ZeeZee ist früher in England geritten, aber sie erlitt einen schwe­ren Sturz, sie hatte einen Milzriß, einen Leberschaden und ein paar gebrochene Rippen. Sobald sie gesund war, hat sie trainieren ge­lernt.«

»Sie muß Nigel Danforth in England gekannt haben.«

Terminator senkte die Stimme.»Nigel Danforth ist ebensowenig Brite wie du oder ich, meine Liebe. Meine Mutter hat Angst, über ihn zu sprechen, wegen der Morde, verstehst du. Sie will nicht die näch­ste sein.«

»Ist sie in Gefahr?« Tucker machte an der Leine einen Satz nach vorn. Harry achtete nicht darauf, und Tucker gesellte sich zu dem Jack Russell mit dem glatten Fell.

»Ich hoffe nicht, aber verstehst du, sie ist der einzige Mensch, der weiß, woher Nigel kam, und wenn der Mörder das herausfindet, könnte es unangenehm für sie werden.«

»Der Mörder macht ausschließlich Jockeys kalt«, tröstete Tucker den anderen Hund.

»Ich weiß nicht, aber wer immer das getan hat, kennt Hindernis­rennen in- und auswendig.«

»Woher kannte deine Mutter Nigel Danforth?«

»Montana. Eines Sommers - es muß wohl vor sechs Jahren gewe­sen sein, als ich ein Welpe war - , waren wir in Bozeman. Nigel war Arbeiter auf einer Ranch, aber er konnte gut mit Pferden umgehen. Mom hat zu ihm gesagt, im Osten könne er besseres Geld verdienen als hier mit Kühe treiben. Er hatte damals einen Schnurrbart und einen Vollbart. Männer sehen für Menschen ganz anders aus, wenn sie ihren Bart abrasieren. Riechen tun sie natürlich genauso.«

»Wie ist sein richtiger Name? Weißt du den noch?«