Выбрать главу

Ein Mann meldete sich: »Smoky Mountain.«

»Sir, hallo, hier spricht Mary Minor Haristeen vom Postamt Crozet in Mittel Virginia. Ich versuche, Bestellungen von unseren Kunden nachzuspüren. Einer sagt, er hat sich die Messer zu meinem Postamt schicken lassen, und ich schwöre, sie müssen ans Hauptpostamt in Charlottesville gegangen sein. Das ist sicher nicht Ihr Fehler - so was kommt eben vor.«

»Na, so was - das könnten eine Menge Bestellungen sein.«

»Vielleicht kann ich Ihnen helfen. Es müßten entweder Nachbestel­lungen oder eine größere Bestellung für dieses schöne Stilett sein, oh, jetzt habe ich den Namen vergessen, aber der Griff ist mit Draht umwickelt, und es ist ungefähr dreißig Zentimeter lang.«

Die Stimme war von Stolz erfüllt. »Sie meinen das Gil Hibben Sil­ver Shadow. Das ist ein tolles Stück Stahl, Schwester.«

»Ja, ja, das stimmt.« Harry bemühte sich, nicht zu schaudern, da sie wußte, welcher Bestimmung es zugeführt worden war.

»Warten Sie, ich ruf die Bestellung im Computer auf.« Er summte. »Ja, hier habe ich eine nach Charlottesville. Drei Messer. Bestellt für Albemarle Cutlery. Feiner Laden, hm?«

»Ja. Sagen Sie, steht auch ein Personenname dabei?« Harry sagte ihm nicht, daß es kein Geschäft namens Albemarle Cutlery gab. Der Name mußte eine Finte sein.

»Nein. Nur das Geschäft und eine Kreditkarte. Die Nummer darf ich natürlich nicht weitergeben.«

»Nein, nein, das versteht sich, aber jetzt weiß ich wenigstens, wo­hin die Sendung gegangen ist.«

»Ist vor zwei Monaten rausgegangen. Ist nicht zurückgeschickt worden. Ich hoffe, alles ist okay.«

»Sicher. Sie haben mir sehr geholfen.«

Sie verabschiedete sich und rief dann beim Zentralpostamt an der Seminole Road an.

»Carl?« Sie kannte die Stimme, die sich meldete.

»Harry, wie geht's denn so?«

»Es wird immer schlimmer. Von heute an bis zum 25. Dezember brauchen wir an Schlaf gar nicht mehr zu denken. Würdest du mir einen Gefallen tun?«

»Klar.«

»Hast du ein großes Postfach, auf Albemarle Cutlery registriert?«

»Moment.« Er legte den Hörer hin.

Harry hörte seine Schritte, als er wegging, dann Stille. Schließlich kehrten die Schritte zurück. »Albemarle Cutlery. C. deBergerac.«

»Verdammt!«

»Was?«

»Verzeihung, Carl, du warst nicht gemeint. Das ist ein falscher Name. Cyrano deBergerac war ein berühmter Fechter im siebzehnten Jahrhundert. Held einer berühmten Romanze.«

»Steve Martin, ich weiß «, erwiderte Carl unverzagt.

»Nun ja, so kann man sich's auch merken.« Harry lachte und fragte sich, was Edmond Rostand, der Verfasser des Stückes, wohl zu Steve Martin als Verkörperung seines Helden gesagt hätte. »Hör zu, wür­dest du mir seine Unterschrift von der Empfangsbestätigung schicken?«

»Ja, sicher. Hast du was Bestimmtes vor?«

»Hm - ja.«

»Okay, ich halt den Mund. Ich such die Unterlagen raus und faxe sie sofort rüber. Gut so?«

»Mehr als gut. Danke.«

»Mutter, beruhige dich«, sagte Mrs. Murphy.»Das Fax wird in ei­ner Minute hier sein.«

Harry erstarrte, als sie das Summen und Pfeifen des Faxgerätes hör­te. Mit zitternden Händen zog sie das Papier heraus. Mrs. Murphy sprang auf ihre Schultern.

»Das darf doch nicht wahr sein!« Harrys Hände zitterten noch hef­tiger, als sie die nach links geneigte, kühne Schrift sah.

»Nun, wer ist es?« rief Pewter aus dem Postbehälter.

»Weiß ich nicht«, rief Murphy zurück.»Ich sehe die Handschrift von Menschen nicht wie Mutter. Ich meine, ich kenne die von Mom, Fair, Mim und Mrs. Hogendobber, aber die hier kenn ich nicht.«

Tucker rappelte sich auf die Beine.»Mutter, ruf Rick Shaw an. Bit­te!«

Doch Harry, ganz durcheinander von dem, was sie seit eben wußte, konnte nicht mehr richtig denken. Erschüttert faltete sie das Papier zusammen und steckte es in die Gesäßtasche ihrer Jeans.

»Kommt, ihr Bande, wir müssen in der Kirche sein, bevor Mrs. Hogendobber einen Tobsuchtsanfall kriegt.«

»Mach dir keine Sorgen wegen Mrs. Hogendobber«, riet Pewter weise.»Ruf den Sheriff an.«

»Alle werden beim Chorfestival sein, also wird sie ihn dort sehen«, fügte Tucker hinzu.

»Das ist es ja, wovor ich Angst habe.« Mrs. Murphy sträubte ihr Fell und sprang auf Harrys Schulter.

»Was soll das heißen?« fragte Pewter, als sie aus dem Postbehälter kroch. Sie war zu träge zum Springen.

»Alle werden dort sein - auch der Mörder.«

51

Die träge arbeitende Heizung in Harrys Transporter verbreitete einen schwachen Geruch. Harry umklammerte das Lenkrad so fest, daß ihre Knöchel weiß wurden. Als sie dahinraste, stiegen Atemwolken gemächlich in die Luft, eine dicke Wolke von ihr, eine mittlere von Tucker und zwei kleine Wölkchen von Mrs. Murphy und Pewter.

»Ich bin stolz auf Mom«, sagte Tucker.»Das hier hat sie ganz al­lein rausgekriegt. Ich konnte ihr nicht sagen, daß Nigel Sargent war; allerdings wissen wir immer noch nicht alles, was wir über ihn wis­senmüssen.«

»Auch Menschen benutzen gelegentlich ihre Kombinationsgabe.« Mrs. Murphy drängte sich dicht an Harrys Bein, Pewter neben sie; so zusammengekuschelt konnten sie sich gegenseitig wärmen.

»Aber wenn sie das mit der Messerfirma rausgekriegt hat, glaubt ihr nicht, daß Rick Shaw und Cynthia es dann ebenfalls rausgekriegt haben?« fragte Pewter.

»Vielleicht, aber nur Mom kennt die Unterschriften.«

»Vielleicht will Rick sie keiner Gefahr aussetzen. Wer immer es ist, er ist skrupellos. Wir dürfen nicht vergessen, daß dies alles schon vorfahren begonnen hat«, bemerkte Mrs. Murphy klug.

Der Parkplatz vor der Kirche zum Heiligen Licht, von vorn bis hin­ten gerammelt voll, zeugte von der Beliebtheit der abendlichen Dar­bietung. Das Chorfestival, eine der größten Spendenveranstaltungen der Kirche, zog Musikliebhaber aus dem ganzen Bezirk an. Sie wa­ren vielleicht nicht bereit, die strenge Botschaft der Kirche anzuneh­men, doch sie liebten den Gesang.

Harry suchte auf dem Parkplatz nach einer Lücke, mußte sich aber mit einem Abstellplatz am Straßenrand begnügen. Sie bemerkte den Streifenwagen nahe dem Haupteingang. Mims Bentley Turbo R, Susans und Neds Kombi waren da, Herbies großer Buick Roadma­ster; ja, es sah tatsächlich so aus, als sei alle Welt auf dem Chorfesti­val außer ihr.

Sie vergaß den Tieren zu sagen, daß sie im Wagen bleiben sollten. Sie sprangen hinaus, als Harry die Tür öffnete, und folgten ihr in die Kirche, gerade als der Chor unter enthusiastischem Applaus seinen feierlichen Einzug hielt. Die Pause war vorüber, und die Menschen konnten mit einem mitreißenden zweiten Teil rechnen.

Harry bemerkte ihre kleine Familie, die auch einigen anderen Leu­ten auffiel, als sie sich umdrehten, um Harry zu begrüßen. Tucker setzte sich still neben Fair. Mrs. Murphy und Pewter, nicht direkt frevlerisch, aber auch nicht überwältigt, beschlossen die Versamm­lung zu überprüfen, bevor sie sich einen Platz suchten.

»Ihr Katzen, kommt sofort hierher«, zischte Harry, die hinten in der Kirche stehengeblieben war.

»Guck nicht hin zu ihr«, wies Mrs. Murphy ihre dicke graue Kum­panin an.

»Mrs. Murphy! Pewter!« zischte Harry, dann hielt sie inne, weil der Chorleiter seinen Taktstock gehoben hatte und aller Augen auf ihn gerichtet waren. Der Organist drückte die Pedale, und die ersten lieblichen Töne vonSwing Low, Sweet Chariot< stiegen schwellend empor.