Rick, der Arthur verhört hatte, fuhr mit seiner Geschichte fort. »vermutlich das einzige Mal, daß Arthur jemals aus Leidenschaft handelte, aber als er Marylou Valiant getötet hatte, mußte er die Leiche loswerden. Durch einen dummen Zufall liefen ihm Coty und Sargent über den Weg, als er Marylou zu seinem Wagen schleppte. Sargent war erst seit zehn Tagen in Arthurs Stall, aber er erwies sich als willig und anpassungsfähig. Er und Coty halfen ihm, Marylou an dem letzten Ort zu vergraben, wo jemals einer nachsehen würde - in Mims Stall. Sargent muß das Christophorus-Medaillon eingesteckt haben, als niemand hinsah. Kurz darauf gab Arthur die Hindernisrennen auf.«
Mim warf ein: »Das weiß ich noch. Er sagte, er könnte ohne Marylou nicht weitermachen. Es sei ihr Sport. Er würde sich als Funktionär betätigen, aber keine Pferde mehr laufen haben. Was war er bloß für ein Schauspieler.«
»Als Marylou verschwand, waren Arthur und Mickey Townsend aus naheliegenden Gründen die beiden Hauptverdächtigen. Es war uns allerdings nicht möglich herauszufinden, ob Marylou überhaupt tot war. Wir hatten eigentlich kein Verbrechen, wir hatten kein Opfer, wir hatten nur eine vermißte Person«, sagte Rick.
»Und Arthur war ein äußerst gewissenhafter Vollstrecker von Marylous Testament.« Jim Sanburne hakte seine Finger in seinen Gürtel.
»Aber was ist passiert, das seinen Mordtrip ausgelöst hat?« Fair streckte sein bandagiertes Bein langsam aus. Es fühlte sich besser an, wenn er es hin und wieder bewegte.
»Sargent ist zurückgekommen«, sagte Cynthia. »Hat sich an Addie rangemacht. Und hat Coty, der bis dahin ganz zufrieden war, aufgehetzt, höhere Forderungen zu stellen.«
»Oh, das muß Arthur eine Heidenangst eingejagt haben«, entfuhr es Herbie.
»Nicht so sehr wie der Anblick von Marylous Christophorus- Medaillon um Addies Hals, vor dem Colonial-Cup-Rennen«, sagte Cynthia.
»Er dachte, sie wüßte Bescheid?« fragte Miranda.
»Ihm wurde klar, daß Sargent oder Coty das Medaillon an sich genommen haben mußte. Er fürchtete, Nigel - Sargent - hätte es Addie erzählt, und sie würde es nach dem Rennen Rick erzählen. Man stelle sich seinen Schock vor, als er das königsblaue Medaillon sah, unmittelbar bevor sie auf die Bahn rausging«, sagte Rick.
»Ich war erschüttert, als ich es sah.« Mim schüttelte den Kopf.
»Sargent und Coty haben ihn schwer geschröpft. Er hatte nichts anderes im Sinn, als sie zu töten. Addie hat alles durcheinandergebracht«, fügte Cynthia hinzu.
»Und was ist mit Linda und Will? Sie sind immer noch verschwunden.«
Rick drehte die Handflächen nach oben. »Weiß ich nicht. Wir haben keine Ahnung, ob sie noch am Leben sind. Ihre Abwesenheit wird gewiß von niemandem bedauert, und ich bezweifle, daß Arthur sich genötigt sah, sie umzubringen. Ich glaube nicht, daß sie etwas wußten. Wir wissen nur, daß Dealer früher oder später manchmal bekommen, was sie verdienen.«
Während die Gruppe redete, fütterte Harry die Katzen und den Hund mit Brocken von den Schinkenbroten, die Market mitgebracht hatte.
»Was hatten die Damen zu bedeuten?« fragte Mim.
»Arthur sagte, die hatten nur den Sinn, uns alle verrückt zu machen. Verfluchte Dame, hat er gesagt und mir ins Gesicht gelacht. Marylou war eine verfluchte Dame, als sie ihn wegen Mickey fallenließ. Arthur ist explodiert, und hat sie erwürgt.« »Addie hat Glück, daß sie noch lebt«, sagte Miranda leise. »Die armen Kinder. Was die alles durchgemacht haben.«
»Ja.« Mim nahm ein Taschentuch aus ihrer Handtasche und betupfte sich die Augen.
Mrs. Murphy warf ein:»Männer wie Arthur sind es nicht gewöhnt, abgewiesen zu werden.«
»Hier, nimm noch ein bißchen Schinken.« Miranda bot der Katze ein Stück an, weil sie das Miauen als Bitte um Futter deutete.
»Ich wette, er hat Mickey Townsend an jenem schrecklich verregneten Tag von der Straße abgedrängt - er verlor langsam die Beherrschung.« Miranda erinnerte sich an den kalten Tag.
Harry beobachtete Pewter, die hinauflangte und sich ein halbes Schinkenbrot schnappte. »Market, wir könnten uns Pewter teilen. Wie war's, wenn ich sie jeden Abend mit nach Hause nehme, und tagsüber kann sie im Laden arbeiten und auch hier?«
»Ja!« miaute Pewter.
Market lachte. »Denk nur, wieviel Geld ich dadurch sparen würde!«
»Ja, Pewter ist ein Tiger im Tran«, zog Mrs. Murphy ihre Freundin auf.
Das Telefon klingelte. Harry ging ran. »Oh, hallo, Mrs. Carpenter. Es geht? Großartig. Warten Sie, ich gebe Ihnen meine Kreditkartennummer.« Harry zog eine Kreditkarte aus ihrer Geldbörse und las ihre Nummer ab.
»Was kaufen Sie?« erkundigte sich Miranda.
»L.L. Bean macht mir in Sonderanfertigung ein Paar Gummistiefel in meiner Größe mit dreißig Zentimeter hohen Schäften.«
53
Mrs. Murphy wartete gelassen auf einem Heuballen. Pewter blieb drinnen bei Harry. Mrs. Murphy gefiel es ganz gut, noch eine Katze im Haus zu haben. Tucker hatte auch nichts dagegen.
Dieses Wochenende war soviel los gewesen, jetzt mußte sie allein sein, um ihre Gedanken zu sammeln. Sie hörte das Quieken aus dem Innern des Heuballens. Als eine ahnungslose Maus herausschoß, packte Mrs. Murphy sie mit einem pfeilschnellen Schlag.
»Dich hätten wir!«
Die Maus hielt unter der Katzenpfote still.»Mach 's!. Ich will nicht leiden.«
Mrs. Murphy hob ihre Pfote vorsichtig an einer Seite an, um die dunklen Knopfaugen zu sehen. Sie erinnerte sich an die Hilfe von Mims Stallmäusen.»Ach, geh. Ich wollte dir bloß beweisen, daß ich schneller bin als du.«
»Du wirst mich nicht töten?«
»Nein, aber renn nicht herum, wo Harry dich sehen kann.«
»Mach ich nicht.« Das kleine Geschöpf flitzte zurück in den Heuballen, und Mrs. Murphy hörte aufgeregtes Quieken. Dann ging sie aus dem Stall und sah durchs Küchenfenster. Harry goß ihren Tee auf, was sie mindestens zweimal täglich tat. Mrs. Murphy war verblüfft, wie göttlich, wie erhaben, wie einmalig eine so weltliche Verrichtung sein konnte. Sie schnurrte, als sie erkannte, was für ein Glück sie hatte, was für ein Glück sie alle hatten, an diesem frischen Herbsttag am Leben zu sein.
Als Harry aus dem Küchenfenster sah, bemerkte sie Mrs. Murphy, die mit senkrecht aufgerichtetem Schwanz aus dem Stall kam.
Das Telefon klingelte.
»Hallo.«
»Harry, ich bin's, Boom Boom. Du wolltest letzte Woche mit mir zu>Lifeline< gehen, aber bei all der Aufregung hab ich nicht angerufen. Wie wär's mit Montag um eins?«
»Klar.«
»Ich hol dich am Postamt ab.«
»Schön.«
»Bis dann. Tschüs.« Boom Boom verstummte.
»Verdammt!« Harry legte auf. Sie sah hinaus zu Mrs. Murphy im Sonnenschein und dachte sich, wie wunderbar, wie herrlich, wie entspannend es sein mußte, eine Katze zu sein.