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»Hast du immer noch was für den alten Bastard übrig?«

»Nein, das nicht, ich - ich möchte lediglich mein Privatleben schützen.«

»Ich werde es schützen.« Villers starrte sie an. »Im Austausch für eine kleine Erinnerung an die alten Zeiten.«

Ashtons herrliche Büste hob sich wie ein aus dem Wasser auftauchender Schiffsbug. Ganz empörte Vornehmheit, sagte sie: »Ich besitze den Carolina Club. Ich bin hier keine der Angestellten.«

Er schraubte sich vom Stuhl hoch. »In Ordnung. Dann kann ich natürlich nicht versprechen zu schweigen.«

Sie griff nach seiner Hand und fuhr mit dem Daumen über seine Handfläche. »Natürlich kann ich meine Einstellung jederzeit für einen Abend ändern.«

Villers leckte sich über die Lippen. »Kostenlos?«

Am liebsten hätte sie ihn geschlagen. Am liebsten hätte sie geweint. Lächelnd warf sie den Kopf zurück; ihr kunstvoll arrangiertes dunkles Haar schimmerte.

»Selbstverständlich. Ein Freund muß nie bezahlen.«

Später, während die Noten von Prinzessin Lous >Hail, Colum-bia< nach oben trieben, kam LeGrand Villers zum drittenmal, ohne sie ein einziges Mal zum Höhepunkt gebracht zu haben.

Als er sich von ihr rollte, berührte er zufällig die sanft gerundete Fettwulst an ihren Hüften, die wuchs und wuchs, ganz gleich, wie wenig sie aß. Der Fenway-Verkaufsmanager war höflich genug, nichts zu sagen, doch sie spürte, wie seine Finger zögerten, bevor sie von ihrem Bauch abglitten.

Diese Berührung ließ irgend etwas in ihr zerbrechen. Sie war eine starke und erfolgreiche Frau, doch ihr blieb nichts weiteres als der langsame Zerfall ihrer Schönheit und das Warten auf den Tod. Und immer wieder würde sie mit dieser Tatsache konfrontiert werden.

Kurz darauf schnarchte Villers. Ashton lag auf der Seite, die Hände unter dem Kinn, die Knie bis zu den Brüsten hochgezogen; mit großen Augen wünschte sie sich, sie wäre wieder ein Kind, das mit Brett auf Mont Royal spielte.

Am Donnerstagabend versammelten sich in einem vom Hotel zur Verfügung gestellten privaten Speisesaal siebenundzwanzig Familienmitglieder der Mains und der Hazards. Auf einer Staffelei am offenen Ende des Hufeisentisches war die Fassade mit den weißen Säulen des neuen Hauses der Mont-Royal-Plantage zu sehen. Madeline beschrieb das Haus und lud dann alle ein, wann immer es ihnen möglich war, zu Besuch zu kommen. Begleitet von herzlichem Applaus setzte sie sich wieder.

George erhob sich. Es war still im Saal bis auf das Rascheln von Willas Rock; sie schaukelte den kleinen Alfred auf ihren Knien, um ihn zu beruhigen. Bald schon begann er, den Daumen im Mund, zu dösen.

George räusperte sich. Charles zündete sich die nächste Zigarre an, deren Rauch schwer im Raum hing.

»Ich bin froh, daß wir an diesem monumentalen Jahrestag zusammen sind. Wir haben so vieles Wichtiges gemeinsam, obwohl dazu unglücklicherweise nicht die gute republikanische Politik zählt.«

Alle lachten, Champ Nevin genauso herzlich wie die anderen. Zwei Plätze weiter hustete Stanley betont auffällig in sein Taschentuch und warf Patricias Ehemann Seitenblicke zu. Zuvor hatten sich Stanley und der junge Zeitungsmann in den Haaren gehabt; es war dabei um Grants Staatsvertrag von 1869 über die Annexion von Santo Domingo gegangen, der von den Emissären des Präsidenten ohne Wissen oder Zustimmung des Kongresses oder Kabinetts ausgehandelt worden war. Der Senat hatte den Vertrag für null und nichtig erklärt; die ganze Affäre hatte den Startschuß dafür gegeben, daß wichtige Republikaner wie George vom regulären Flügel der Partei abfielen und einen neuen Reformflügel bildeten. Stanley hätte beinahe einen Herzanfall bekommen, als Champ Nevin Grants Vorgehen als >krimi-nell< bezeichnete.

George fuhr fort: »Ich bemühte mich gerade um einige passende Bemerkungen, als mir das Plakat zum Unabhängigkeitstag der Stadt Philadelphia einfiel. Habt ihr es gesehen?« Einige nickten. »Erlaubt mir, es zu zitieren.« Er las die Worte über 1776 und 1876 vor.

»Das ist eine prägnante Zusammenfassung unseres Landes und unseres eigenen Lebens. Seit die Mains und die Hazards durch eine auf der Militärakademie geschmiedete Freundschaft zueinander fanden, haben wir uns alle geändert, und das trifft auch auf die Nation zu. Nie wieder werden wir das sein, was wir waren, mit einer Ausnahme. Unsere Zuneigung zueinander ist unwandelbar.«

Nie wieder das, was wir waren, dachte Madeline. Wie recht er hat. Constance war tot. Cooper war nicht eingeladen worden, obwohl ein jeder lebhaft Judiths Abwesenheit bedauerte. Ashton befand sich höchstwahrscheinlich mit ihrem Millionärsgatten in Chicago - kein Verlust. Charles und Billy, deren Leben so unterschiedliche Bahnen eingeschlagen hatten, gingen trotz ihrer starken Bindungen aus der West-Point-Zeit deutlich befangen miteinander um.

Dort drüben saß Stanley gelangweilt und mit leerem Gesichtsausdruck neben seinem flegelhaften Sohn und grübelte zweifellos darüber nach, weshalb er Georges Einladung zu der Wiedersehensfeier angenommen hatte.

Und, das Wichtigste von allem, ihr geliebter Orry war nicht mehr ...

»Diese Zuneigung hat uns durch eine Zeit der nationalen Krisen und Bewährungsproben getragen«, sagte George. »Während der düsteren Kriegstage und im politischen Hader ist das Band dünn geworden, aber niemals gerissen. Es bleibt bis zum heutigen Tage stark.

Meine Mutter glaubte, der Berglorbeer besitze eine ganz spezielle Kraft, die es ihm ermögliche, den Verheerungen der Jahreszeiten zu widerstehen. Sie sagte, nur Liebe und Familienbande könnten eine ähnliche Kraft in menschlichen Wesen erzeugen, und ich glaube, das stimmt. Ihr seid der Beweis dafür. Wir waren zwei Familien, die zu einer wurden, und wir haben überlebt. Diese Kraft und Nähe, geboren aus Freundschaft und Liebe, ist eine der großen Gaben, die uns Orry Main hinterlassen hat; das ist auch der Grund, weshalb er heute abend mitten unter uns ist. Ich liebte meinen Freund Orry, und ich liebe jeden einzelnen von euch. Danke, daß ihr nach Philadelphia gekommen seid, um - um zu ...«

Er räusperte sich erneut, senkte dann den Kopf. Schnell rieb er sich mit einem Finger über das rechte Auge.

»Ich danke euch«, sagte er in das Schweigen hinein. »Gute Nacht.«

Charles und Willa waren die ersten, die den Speisesaal verließen. Charles bemerkte eine eigentümliche Stille in der Halle. Gäste unterhielten sich im Flüsterton oder standen zeitungslesend da. Er tätschelte Gus' Schulter und ging auf die Rezeption zu.

Der Angestellte senkte sein Exemplar des >Inquirer<.

»Was ist passiert?« erkundigte sich Charles.

Mit blassem Gesicht sagte der Angestellte: »General Custer ist massakriert worden. Und all seine Männer mit ihm.«

GEWALTIGE INDIANERSCHLACHT Mörderischer Kampf im Westen Die Erde übersät mit Leichen Über dreihundert Tote

DAS INDIANERMASSAKER Bestätigung der traurigen Nachricht Allgemeiner Indianerkrieg erwartet

LISTE DER TOTEN UND VERMISSTEN

GEN. CUSTER GANZ OBEN AUF DER LISTE Sein Bruder stirbt an seiner Seite

DER INDIANERKRIEG Wie tief sind die Mächtigen gestürzt Erste Gerüchte nur zu wahr

ACHTUNDVIERZIG-STUNDEN-KAMPF Rettung naht zum Schluß

Ursache der Katastrophe

CUSTER HANDELTE UNVERANTWORTLICH ÜBERSTÜRZT

Philadelphia Inquirer

6./7./8. Juli 1876

Das Mondlicht fiel auf die Dächer von Philadelphia und das Gesicht des Mannes am Hotelfenster. Außer seinen Hosen hatte er nichts an. Es war halb zwei. Er konnte nicht schlafen. Aus diesem Grund fand auch Willa keinen Schlaf. Er hörte, wie sie sich in dem Bett hinter ihm bewegte.

Nachdenklich sagte er: »Ich bin froh, daß Magee uns auf der Ranch besucht, wenn er seinen Urlaub kriegt. Ich möchte wissen, was er von dem Massaker hält.«

»Es regt dich auf, nicht wahr?«