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Außerdem hatte ihn seine ehemalige Geliebte, eine Music-Hall-Künstlerin namens Jeannie Canary, verlassen, nachdem Isabel hinter die Beziehung gekommen war. Stanley war der Meinung, daß Jeannie ihn ohnehin verlassen hätte. Viele andere Verehrer hatten ebensoviel Geld wie er, und er war kein guter Liebhaber; Streß und Whisky machten es ihm unmöglich, oft genug einen hochzukriegen, um sie zu befriedigen. Das Gerücht ging um, Miss Canary sei die Geliebte eines republikanischen Politikers, dessen Name allerdings nicht erwähnt wurde.

Ein Leben voller Kampf und Leiden hatte Stanley nicht mehr eingebracht als eine Menge Geld und eine prätentiöse, in Pferde vernarrte Frau, der er jeden Abend in dem riesigen, wunderschönen, verlorenen Speisezimmer in ihrem Herrenhaus in der I Street gegenübersaß. Also trank er. Das ließ ihn über die Runden kommen, wenn er wach war. Und gnädigerweise schenkte es ihm auch den Schlaf.

»Johnson ist hinter dem Büro her, nicht wahr, Stanley?«

»Ja. Er würde es gern abwracken. Er glaubt, wir mischen uns in Staatsrechte ein, wenn wir radikale Zielvorstellungen vertreten.«

»Ich denke, das kommt nicht überraschend«, sinnierte Isabel. »Er ist Demokrat und trotz allem schließlich Südstaatler. Ich wundere mich über das Land im Süden. Weshalb sollte man darum kämpfen? Ist es so wertvoll?«

Stanley trank sein drittes Glas Champagner aus. »Im Augenblick nicht. Einige vom Schatzamt konfiszierte Ländereien können praktisch für nichts gekauft werden. Auf lange Sicht sind sie natürlich sehr wertvoll. Landbesitz ist immer wertvoll. Und die gesamte Südstaatenökonomie basiert auf dem Verkauf von Ernten. Sie besitzen keine Industrie, haben auch noch nie eine gehabt.«

Isabels Augen glänzten über den Kerzen. »Dann sollten wir uns vielleicht um Investitionen im Süden kümmern, als Ersatz für die Fabrik.«

Er lehnte sich zurück, wie immer von ihrer Verwegenheit verblüfft und der Art und Weise, wie ihr Geist seine Fänge in ein Opfer schlug, das er noch nicht einmal entdeckt hatte. »Willst du damit sagen, ich solle mich im Finanzministerium erkundigen?«

»Nein, Lieber. Das werde ich tun. Persönlich. Ich werde dich für eine Woche oder so verlassen - ich bin sicher, das stimmt dich ungemein traurig«, fügte sie boshaft hinzu. Bei sich nannte er sie eine Hexe, lächelte ein kränkliches Lächeln und schenkte sich ein weiteres Glas Champagner ein.

Der alte Mr. Marvin, unser langjähriger Freund in Green Pond, schaute vorbei, um sich zu verabschieden. Er ist verbittert, wütend -bankrott. Männer vom Schatzamt beschlagnahmten Sea-Island-Baumwolle im Wert von 15.000 Dollar, stempelten sie direkt vor seinen Entkörnungsmaschinen als >konföderierte< Ware und transportierten sie vor seinen Augen ab. Das passierte, weil er sich weigerte, das von dem Mann vom Schatzamt geforderte Bestechungsgeld zu zahlen. Der Yankee hätte M. die Baumwolle verkaufen lassen, aber er hätte die Hälfte des Profits an den Agenten abführen müssen.

Überall werden Land und Ernten von diesen zweibeinigen Geiern gestohlen. Marvins Nachbar verlor eine wunderbare Farm, Pride's Haven, als er 150 Dollar an ausstehenden Steuern nicht bezahlen konnte. Wir haben unseren Anteil an Sündern hier unten, aber im Norden residieren auch nicht nur Heilige und Engel...

Philo Trout, ein fröhlicher, muskulöser junger Mann, wartete in Charleston auf Isabels Dampfer. Aufgrund eines tropischen Sturms, der die Stadt mit sintflutartigem Regen überschüttete, mußten sie ihre Reise ins Landesinnere um vierundzwanzig Stunden verschieben.

Nachdem sie losgefahren waren, mühte sich Trouts Einspänner über die schlammigen Straßen, und Isabel betrachtete die überfluteten Felder zu beiden Seiten. Sie erkundigte sich nach dem stehenden Wasser. Trout sagte: »Sturmflut von den Flüssen, die den Gezeiten unterworfen sind. Das Salz wird diese Felder für einige Jahre vergiften.«

Damit war die Idee erledigt, deretwegen Isabel in den Süden gefahren war: Farmland in Carolina zu erwerben. Die regelmäßig wiederkehrenden Stürme bildeten für ihren Geschmack und für ihr Geld ein zu großes Risiko; allerdings erwähnte sie das Trout gegenüber nicht.

Auf der Uferstraße am Ashley entlang wies er auf verschiedene Plantagen hin, Mont Royal eingeschlossen. Isabel reagierte mit lautlosem Abscheu, gab aber mit keinem Hinweis zu erkennen, daß sie die Eigentümer kannte.

Einige Meilen weiter stoppte Trout den Einspänner an einer Kreuzung vor einem Laden. Auf einem schief hängenden Schild stand gettys bros. Über die Eingangstür hatte man ein Brett genagelt, auf das nur ein einziges Wort gemalt war:

GESCHLOSSEN.

Trout schob seinen Pflanzerstrohhut zurück und stemmte seinen Fuß gegen die Stützleiste. »Das hier wäre eine interessante Sache, obwohl es nicht das ist, was Sie wollten. Doch aus dem kleinen Laden hier könnte man eine Menge Geld holen, ohne daß man sich je über das Salz in den Flüssen Sorgen machen müßte.«

Isabel rümpfte die Nase. »Wie könnte ein solch armseliges Plätzchen profitabel sein?«

»Drei Möglichkeiten, Ma'am, immer vorausgesetzt, Sie haben das Kapital, um den Laden mit den nötigen Waren zu versehen. Ich meine, richtiges Geld, nicht konföderiertes Papier. Die örtlichen Pflanzer brauchen Güter, Werkzeuge, Rohstoffe, Saatgut. Zuerst einmal könnte der Laden zum Zeitpunkt des Verkaufs stark überhöhte Preise nehmen. Aber die Pflanzer und befreiten Neger haben kein echtes Geld. Also könnte der Laden jeden Verkauf als Darlehen betrachten - einen von Ihnen festgesetzten Preis plus Zinsen, deren Höhe Sie ebenfalls bestimmen. Fünfzig Prozent? Neunzig? Sie müssen darauf eingehen oder verhungern.«

Trotz der klebrigen Hitze in dem sumpfigen Land und den Insekten und dem Verwesungsgeruch entschied Isabel, daß sich die Reise gelohnt hatte.

»Sie erwähnten eine dritte Möglichkeit, Mr. Trout?«

»Das stimmt. Um die Darlehen durch Ware abzusichern, verlangen Sie einen festgesetzten Prozentsatz der nächsten Reisoder Baumwollernte.« Er grinste. »Ist das einfallsreich?«

»Mir wäre selbst nichts Besseres eingefallen.« Sie betupfte ihre feuchten Lippen. »Wer könnte einen solchen Laden führen?«

»Nun, Ma'am, wenn Sie den Laden kaufen, dann brauchen Sie zweifellos einen neuen Manager, da Ihr Mann mit dem Büro und all dem zu tun hat. Randall Gettys, der Kerl, der den Laden vor der Schließung leitete, ist ein ziemlicher Anhänger der Sezession. Ich kenne ihn. Bliebe er, dann würde er - nur mal angenommen, er zöge es auch nur in Erwägung, an Nig..., äh, an Farbige was zu verkaufen - ihnen aus purem Trotz das Achtoder Zehnfache von dem berechnen, was er Weißen berechnet.«

Isabel strahlte. »Na und, mein lieber Mr. Trout? Mein Mann und ich sind zwar Republikaner, aber die Vorurteile oder die Geschäftspolitik eines Ladenmanagers ist mir wirklich egal, wenn er damit Geld macht.«

»Oh, das könnte Randall Gettys, gar keine Frage. Er kennt jedermann hier in der Gegend. Hat mal früher eine kleine Zeitung für den Bezirk gedruckt. Möchte wieder damit anfangen.«

»Er mag den Negern das Zehnfache berechnen, solange es nur niemand in Washington mitbekommt und mein Mann und ich mit diesem Geschäft nicht in Verbindung gebracht werden. Das müßte man ihm natürlich nachdrücklich klarmachen.«

»Randall und seine Sippe sind so verzweifelt, die würden auch einen Vertrag unterschreiben, Eis in der Hölle zu verkaufen.«

Isabel konnte ihre Erregung kaum verbergen. Wie üblich suchte und fand sie die Goldader, während Stanley zurücklehnte.

»Das könnte alles arrangiert werden«, versicherte Trout. Er griff nach den Zügeln und wendete den Einspänner. »Bei der Notversteigerung nächsten Monat kann ich den Besitz für Sie erwerben.«

Das Pferd trabte zurück, auf Mont Royal zu. Isabel wischte sich über das schwitzende Gesicht.

»Über einen Punkt müssen wir noch sprechen, Ma'am.«