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»Ist das Ihr Ernst, Vater?«

»Ja. Ich wünschte, es wäre nicht so, aber ...«

»Dann sind Sie ein bösartiger Mann und haben nicht das Recht zu behaupten, Sie würden das Christentum praktizieren.«

Er brachte sein Gesicht dicht an das ihre und zischte: »Ich habe christliches Mitgefühl für meine eigene Rasse. Ich habe kein Mitgefühl für eine Bastardrasse, die Unruhe stiftet, Brandstiftungen plant, Haß sät und die teuflische Doktrin des schwarzen Republikanismus anbetet.«

Prudence schaute verblüfft und ärgerlich drein. Madeline brachte ein strahlendes Lächeln zustande. »Möge Gott Sie auf der Stelle erschlagen, Vater. Bevor ich mich wie irgend ... irgend ein Leprakranker verkrieche und verstecke, sehe ich Sie in der Hölle.«

»Hölle?« Das schwitzende, selbstzufriedene Gesicht zog sich zurück. Weiche, weiße Hände griffen nach der Tür. »Das bezweifle ich.«

»Oh doch. Sie haben sich gerade eben Ihren Platz reserviert.«

Die Kirchengemeinde brach in ärgerliches Gemurmel aus. Die Tür knallte zu.

»Komm«, sagte Madeline und trat mit dem Fuß ihren Rock beiseite, als sie herumwirbelte und auf den Wagen zumarschierte. Verwirrt eilte Prudence hinter ihr her.

»Was bedeutet das alles? Warum hat er dich als Farbige bezeichnet?«

Madeline seufzte. »Ich hätte es dir bei deiner Ankunft sagen sollen. Ich erzähle es dir auf der Heimfahrt. Wenn du willst, kannst du wieder abreisen. Und ich fürchte, was Vater Lovewell da gemeint hat, war eine Kriegserklärung. Gegen Mont Royal, gegen die Schule, gegen mich.«

... Prudence weiß alles. Sie bleibt. Ich bete zu Gott, daß sie ihren Entschluß nicht bereuen muß oder deswegen zu Schaden kommt.

8

Charles schlug die Augen auf, stützte sich auf beide Hände, stemmte sich hoch. Ein unsichtbarer Hammer knallte gegen seine Stirn und warf ihn zurück. »Allmächtiger.«

Er versuchte es noch einmal. Diesmal hatte er trotz seiner Schmerzen Erfolg.

Er starrte über das kleine Feuer hinweg, das in einer flachen Mulde im Boden flackerte. Hinter dem Feuer bog ein bärtiger Mann mit einem wettergegerbten, dunkelbraunen Gesicht einen flexiblen Stock hin und her, bemüht, ihn zu zerbrechen. Der Mann trug einen mit derart vielen Perlen behängten Wildleder-mantel, daß man hätte meinen können, er gehöre zu einer Gruppe Medizinmänner, die überall ihre Shows veranstalteten. Neben ihm lag ein gefleckter Hund und nagte an einem Knochen. Ein Junge mit geschlitzten Augen und einem deformierten Kopf saß mit untergeschlagenen Beinen hinter dem Mann.

Charles stieg ein übler Duft in die Nase. »Was zum Teufel stinkt hier so?«

»Haufen Kräuter, mit einer Paste aus Büffelhirn zerquetscht«, sagte der Mann. »Ich hab's auf die Stellen gerieben, wo sie dich am schlimmsten erwischt haben.«

Charles begann seine Umgebung wahrzunehmen. Er befand sich in einem Tipi aus Häuten, die über ein Dutzend AchtzehnFuß-Pfosten gespannt waren und so einen Kegel bildeten, mit einem Loch für den Rauchabzug oben an der Spitze. Er hörte, wie der Regen gegen die Häute klatschte.

»Richtig, das ist unser Tipi«, sagte der Bärtige. »In der Sprache der Dakota-Sioux bedeutet Tipi >Platz-wo-ein-Mann-lebt<.« Er zerbrach den Stock und reichte eine Hälfte über das Feuer. »Jer-ky. Wird dir guttun.«

Charles biß ein Stück von dem geräucherten Büffelfleisch ab. »Danke. Hab' früher schon so was gegessen.«

»Oh«, sagte der Mann erfreut. »Du bist also nicht das erste Mal im Westen.«

»Vor dem Krieg diente ich bei Bob Lees Second Cavalry in Texas.«

Der Fremde grinste und entblößte fleckige Zähne. »Wird immer besser.« Charles veränderte seine Position; wieder schlug der Hammer zu. »Hör zu, an deiner Stelle würde ich keine schnellen Bewegungen machen. Du hast mehr blaue Flecken als ein schlechtes Stück Fleisch. Während du ohnmächtig warst, habe ich mich ein bißchen umgehört. Der kleine Gockel, der dich zusammengeschlagen hat, hat dich beschuldigt, du habest dich davongemacht.«

»Desertion?«

»Yep. Gehst besser nicht zum Posten zurück.«

Das Schwindelgefühl niederkämpfend, richtete sich Charles auf. »Ich habe noch Sachen dort.« Der Fremde machte eine Handbewegung. Hinter sich entdeckte Charles seine Reisetasche.

»Bin reingegangen und hab's mitgenommen. Niemand hat ein Wort gesagt, bis auf den Jungen auf Wache, und der hat für 'nen Dollar in die andere Richtung geschaut. Wie heißt du?«

»Charles Main.«

Der Mann streckte seine Hand über das Feuer. »Freut mich, dich kennenzulernen. Ich bin Adolphus O. Jackson. Holzfuß für meine Freunde.«

Er schob seine Lederhose am rechten Bein hoch und klopfte gegen seinen Stiefel, was einen harten, hölzernen Laut ergab. »Solide Eiche. Folge von einem kleinen Zusammenstoß mit ein paar Utes, als ich vierzehn war. Mein Papa lebte da noch. Wir stellten Biberfallen auf in den östlichen Ausläufern der Rocky Mountains. Eines Tages war ich allein draußen und kam versehentlich in die Falle eines anderen Trappers. In dem Moment tauchten zufällig drei schlechtgelaunte Utes auf. Es hieß, entweder umgebracht zu werden oder aus dieser Falle rauszukommen. Ich nahm mein Messer und schaffte es, rauszukommen. Na ja, zumindest teilweise. Dann wurde ich ohnmächtig. Glücklicherweise kam Papa vorbei. Er verjagte die Utes, holte mich raus und nahm mir den Fuß ab. Er rettete mich vor dem Verbluten.« Er sagte das so, als würde er über das Büffelfleisch sprechen, an dem er kaute.

Charles wartete, bis seine Benommenheit verflog. »Ich bin Ihnen dankbar, Mr. Jackson. Ich war in der Kavallerie, bis dieser kleine Hundesohn mich entdeckte.«

»Nicht zu verkennen, daß er immer noch gegen euch Südstaatenjungs kämpft. Kannst übrigens ruhig du zu mir sagen.«

»Ich bin dir dankbar, daß du mich aufgenommen und zusammengeflickt hast. Ich werd' mich dann wieder auf die Socken machen und mir was suchen.«

»Bleib hier«, unterbrach ihn Jackson. »Bist noch nicht in der richtigen Verfassung.« Er puhlte in seinen Zähnen. »Außerdem hab' ich dich nicht nur aus dem Dreck gezogen, weil der Kampf einseitig war, mit dir auf der falschen Seite. Ich hab' dir einen Vorschlag zu machen.«

»Was für einen?«

»Geschäftlich.« Jackson entdeckte ein Stückchen Büffelfleisch im Gewirr seines weißbraunen Bartes. Er schnippte es weg und sagte: »Das hier ist die Jackson Trading Company. Mich kennst du bereits. Der feine Junge hinter mir ist mein Neffe Herschel. Ich sage Boy zu ihm. Ist einfacher. Als sein Papa in Louisville an Lungenentzündung starb, hatte er niemanden mehr, der sich um ihn kümmerte. Er gibt sich viel Mühe, aber er braucht jemanden, der für ihn sorgt.«

Holzfuß betrachtete den Jungen voller Zuneigung und Trauer. Dieser eine Blick war es, der Charles den Mann sympathisch machte. Jackson erinnerte ihn an Orry; auch dieser hatte einen Verwandten zu sich genommen und ihm Liebe und seinem Leben einen Sinn gegeben und so die Bitterkeit und Düsternis verjagt.

»Und das hier«, Jackson deutete auf den an seinem Knochen nagenden Hund, »ist Fenimore Cooper, kurz Fen genannt. Schaut nicht nach viel aus, das tun die Grenzland-Collies nie.

Aber du wärst überrascht, wieviel Gewicht er auf einer indianischen Schleifbahre ziehen kann.«

Jackson aß sein Büffelfleisch auf. »Verstehst du, wir gehen auf regelmäßige Trips zu den Tsis-tsis-tas.« Er betonte die zweite Silbe.

»Was zum Teufel ist das?«

»Kommt drauf an, wen du fragst. Einige sagen, es bedeute >unser Volk< oder >das Volk< oder >das Volk, das hierher gehört<, um es grob zu übersetzen. Die Sioux-Übersetzung ist Sha-hi-e-la, was soviel wie >rote Sprache< bedeutet. Fremde Sprache. Mit anderen Worten, Leute, die die Sioux nicht verstehen können.«