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Seine ersten Worte waren: »Charlie, ich habe schlechte Nachrichten.«

Brevetbrigadier Duncan war ein untersetzter Mann mit grauen Kraushaaren und geröteten Wangen. In voller Montur machte er einen großartigen Eindruck: Frack, Degengürtel, Bandelier, Schärpe mit darübergefalteten Handschuhen, Chapeau mit schwarzseidener Kokarde. Sein tatsächlicher Rang auf seinem neuen Posten bei der Militärdivision von Mississippi mit Hauptquartier in Chicago war Captain. Die meisten Offizierspatente aus Kriegszeiten waren heruntergestuft worden, aber wie alle anderen auch hatte Duncan ein Recht darauf, mit seinem höheren Rang angesprochen zu werden. Er trug den einen Silberstern eines Brigadiers auf seinen Epauletten, klagte aber über die große Verwirrung, die in bezug auf Ränge, Titel, Insignien und Uniformen in der Nachkriegsarmee herrschte.

Charles wartete darauf, daß er weitersprach, und zündete sich inzwischen einen Zigarrenstummel an. Duncan legte seinen Hut beiseite und schenkte sich einen Drink ein. »Ich war den ganzen Nachmittag über bei der Division, Charlie. John Pope wird von Bill Sherman als Kommandant abgelöst.«

»Ist das die schlechte Nachricht?«

Duncan schüttelte den Kopf. »Wir haben immer noch eine Million Männer unter Waffen, aber nächstes Jahr um diese Zeit werden wir mit Glück gerade noch fünfundzwanzigtausend haben. Als Teil dieser Reduktion werden das Erste bis Sechste Freiwillige Infanterieregiment ausgemustert.«

»Die ganzen bekehrten Yankees?« Dabei handelte es sich um konföderierte Gefangene, die sich der Unionsarmee angeschlossen hatten, um dem Gefängnis zu entgehen.

»Bis zum letzten Mann. Sie haben übrigens ihre Aufgabe recht ordentlich erfüllt. Sie haben die Sioux davon abgehalten, die Siedler in Minnesota niederzumetzeln, sie haben vom Feind zerstörte Telegraphenleitungen wiederaufgebaut, Forts bemannt und den Postdienst aufrechterhalten und bewacht. Aber das ist nun alles vorbei.«

Charles ging hinüber zum Fenster. »Verdammt noch mal, Jack, ich habe den ganzen weiten Weg hierher gemacht, um mich einem dieser Regimenter anzuschließen.«

»Ich weiß. Aber die Türen sind nun verschlossen.«

Charles drehte sich um, und sein Gesicht war so verzweifelt und elend, daß Duncan tiefbewegt war. Dieser Mann aus South Carolina, der sich des Kindes seiner Nichte angenommen hatte, war ein guter Mann. Aber wie so viele andere auch hatte ihn das Ende des Krieges, der ihn vier Jahre lang völlig ausgefüllt hatte, schmerzlich aus der Bahn geworfen.

»Na gut«, sagte Charles. »Dann werde ich vermutlich Böden wischen müssen. Oder Löcher buddeln.«

»Es gäbe noch einen Weg, wenn dir das einen Versuch wert ist.« Charles wartete. »Die reguläre Kavallerie.«

»Teufel auch, das ist unmöglich. Die Amnestie schließt WestPoint-Absolventen aus, die die Seiten gewechselt haben.«

»Das läßt sich umgehen.« Bevor Charles eine Frage stellen konnte, fuhr er fort: »Es gibt einen Überschuß an Offizieren, aber es fehlt an qualifizierten Mannschaftsdienstgraden. Du bist ein guter Reiter und ein erstklassiger Soldat - solltest du ja wohl auch mit deiner West-Point-Ausbildung. Sie ziehen dich mit Sicherheit all den irischen Emigranten und einarmigen Wunderkindern und entsprungenen Sträflingen vor.«

Charles kaute nachdenklich auf seiner Zigarre herum. »Was ist mit meinem Jungen?«

»Nun, es bleibt bei dem Arrangement, auf das wir uns bereits geeinigt hatten. Maureen und ich behalten Gus, bis du mit der Ausbildung fertig bist und auf irgendeinen Posten versetzt wirst. Mit etwas Glück - wenn du beispielsweise in Fort Leaven-worth oder Fort Riley landest - kannst du die Frau eines Unteroffiziers als Kindermädchen anheuern. Wenn nicht, dann kann er beliebig lange bei uns bleiben. Ich liebe den Jungen. Ich würde jeden Mann erschießen, der ihn schief anschaut.«

»Ich auch.« Charles sinnierte weiter. »Mir bleibt kaum eine Wahl, was? Bei den Regulären anmustern oder nach Hause gehen, von Cousine Madelines Barmherzigkeit leben und mein restliches Leben lang Kriegsgeschichten erzählen.« Er kaute grimmig auf seiner Zigarre herum. Er warf Duncan einen rätselhaften Blick zu und erkundigte sich: »Bist du sicher, daß sie mich bei den Regulären nehmen?«

»Charlie, Hunderte von ehemaligen Reb... äh, Konföderierten treten in die Armee ein. Du mußt nur das tun, was sie auch tun.«

»Und was ist das?«

»Wenn du anmusterst, lüg auf Teufel komm raus.«

»Der Nächste«, sagte der Rekrutierungssergeant.

Charles ging zu dem fleckigen Tisch, unter dem ein stinkender Spucknapf stand. Nebenan schrie ein Mann auf, als der Barbier ihm einen Zahn ausriß.

Der Unteroffizier roch nach Gin, sah aus, als hätte er das Pensionsalter bereits um zwanzig Jahre überschritten, und erledigte alles im Zeitlupentempo. Charles hatte schon eine Stunde gewartet, während der Sergeant zwei glutäugige junge Männer abfertigte, von denen keiner englisch sprach. Der eine beantwortete sämtliche Fragen, indem er sich gegen die Brust schlug und ausrief: »Budapest, Budapest!« Der andere klopfte sich gegen die Brust und rief: »United States Merica.« Möge Gott der Armee gnädig sein.

Der Sergeant drückte an seiner geäderten Nase herum. »Bevor wir anfangen, tu mir einen Gefallen. Pack diese scheußliche Ansammlung von Lumpen, oder was immer es auch sein mag, und befördere sie nach draußen. Schaut gräßlich aus und riecht wie Schafscheiße.«

Vor Wut kochend faltete Charles seinen Umhängemantel zusammen und legte ihn ordentlich draußen vor der Tür auf den Boden. Zurück am Tisch sah er zu, wie der Sergeant seine Feder in die Tinte tauchte.

»Du weißt ja, die Verpflichtung geht auf fünf Jahre.«

Charles nickte.

»Infanterie oder Kavallerie?«

»Kavallerie.«

Das eine Wort verriet ihn. Feindselig sagte der Sergeant: »Süd-staatler?«

»South Carolina.«

Der Sergeant griff nach einem Papierstapel. »Name?«

Darüber hatte Charles lange nachgedacht. Er brauchte einen Namen, der dem seinen ähnelte, damit er ganz natürlich reagierte, wenn er angesprochen wurde. »Charles May.«

»May, May.« Der Sergeant blätterte die Papiere durch und legte sie schließlich beiseite. Auf Charles' fragenden Blick antwortete er: »Liste mit West-Point-Absolventen. Hat das Divisionshauptquartier ausgebrütet.« Er musterte Charles' schäbige Klamotten. »Mußt dir keine Sorgen machen, daß man dich irrtümlich für einen dieser Jungs hält, schätze ich. Also, irgendwelche militärischen Erfahrungen?«

»Berittene Legion Wade Hampton. Später ...«

»Wade Hampton genügt.« Der Sergeant schrieb es auf. »Höchster Dienstgrad?«

Er fühlte sich nicht wohl dabei, aber er befolgte Duncans Rat. »Corporal.«

»Kannst du das beweisen?«

»Ich kann gar nichts beweisen. Meine Papiere sind in Rich-mond verbrannt.«

Der Sergeant schnaufte. »Das ist verdammt bequem für euch Rebellen. Na ja, wir können nicht wählerisch sein. Seit Chiving-ton letztes Jahr mit Schwarzer Kessels Cheyenne abgerechnet hat, spielen die verfluchten Prärieindianer verrückt.«

Die >Abrechnung<, wie es der Sergeant formuliert hatte, entsprach nicht gerade den Fakten, die Charles kannte. In der Nähe von Denver war eine Gruppe von Auswanderern von Indianern niedergemetzelt worden. Ein ehemaliger Prediger, Colonel J.M. Chivington, hatte in Colorado eine Freiwilligentruppe zusammengestellt, die einen Gegenschlag gegen ein CheyenneDorf am Sand Creek führten, obwohl nicht der geringste Beweis existierte, daß der Häuptling des Dorfes, Schwarzer Kessel, oder seine Leute für den Überfall verantwortlich waren. Von den dreihundert Leuten, die Chivingtons Männer am Sand Creek töteten, waren zweihundertfünfundzwanzig Frauen und Kinder. Dieser Überfall hatte viele Menschen im Land empört, aber der Sergeant gehörte offenbar nicht zu ihnen.