Wir haben vier Reisfelder bepflanzt. Wir sollten eine ordentliche kleine Ernte zum Verkaufen haben, falls es einen Käufer gibt. Andy, Jane und ich arbeiten jeden Tag auf den Feldern.
Ein Pastor der Afrikanischen Methodistenkirche traute Andy und Jane letzten Monat. Sie haben einen neuen Nachnamen angenommen. Andy wollte Lincoln, aber Jane weigerte sich; den Namen haben sich schon zu viele ehemalige Sklaven ausgesucht. Statt dessen heißen sie jetzt Sherman, eine Wahl, mit der sie sich bei der weißen Bevölkerung nicht unbedingt beliebt machen werden! Aber sie sind freie Menschen. Es ist ihr gutes Recht, sich den Namen zuzulegen, der ihnen gefällt.
Das Pinienhaus, als Ersatz für das von Cuffey und Jones und ihrem Abschaum niedergebrannte Herrenhaus gebaut, hat einen neuen weißen Anstrich bekommen. Jane kommt jeden Abend zu mir hoch, während Andy unermüdlich an den Kalkmörtelwänden ihrer neuen Hütte arbeitet; wir unterhalten uns oder flicken die Lumpen, die als Ersatz für anständige Kleidung dienen - und manchmal tauchen wir sogar in unsere >Bibliothek<. Sie besteht aus einem >Godey's-Lady's-Buch< von 1863 und den letzten zehn Seiten eines Southern Literary Messenger.
Jane spricht oft von der Gründung einer Schule, sie wollte sogar das neue >Büro für befreite Sklaven< bitten, uns bei der Suche nach einem Lehrer behilflich zu sein. Ich habe diese Aufgabe übernommen - ich fühle mich dazu verpflichtet, trotz des Unwillens, den das sicherlich hervorrufen wird. In der Bitternis der Niederlage sind nur sehr wenige Weiße bereit, jenen zu helfen, die durch Lincolns Feder und Shermans Schwert befreit wurden.
Bevor wir jedoch an eine Schule denken können, müssen wir erst mal ans Überleben denken. Der Reis reicht für unseren Lebensunterhalt nicht aus. Ich weiß, daß der gute George Hazard uns unbegrenzten Kredit einräumen würde, aber ich halte es für Schwäche, ihn darum zu bitten. In dieser Hinsicht bin ich ganz bestimmt eine Südstaatlerin - voll von halsstarrigem Stolz.
Vielleicht können wir Holz von den Pinien- und Zypressenhainen verkaufen, die es auf Mont Royal im Überfluß gibt. Ich habe keine Ahnung, wie man eine Sägemühle betreibt, aber ich kann es lernen. Wir würden Geräte benötigen, was eine weitere Hypothek bedeutete. Die Banken in Charleston öffnen vielleicht bald schon wieder ihre Pforten - sowohl Gen. Williams als auch Leverett Daw-kins, unser alter nationalrepublikanischer Freund, haben während des Krieges in britischen Sterling spekuliert und die Gewinne in einer ausländischen Bank deponiert. Damit nun wollen sie das kommerzielle Blut wieder durch die Adern des flachen Landes pumpen. Wenn Leveretts Bank aufmacht, werde ich mich an ihn wenden.
Ich muß außerdem noch Arbeiter einstellen und frage mich, ob ich das kann. Die Sorge ist weitverbreitet, daß die Neger es vorziehen, ihre Freiheit zu genießen, anstatt für ihre alten Besitzer, wie gütig sie auch immer gewesen sein mochten, zu arbeiten. Ein quälendes Problem für den ganzen Süden.
Aber, mein liebster Orry, ich muß Dir noch von meinem unwahrscheinlichen Traum erzählen - den zu verwirklichen ich mir vor allem anderen versprochen habe. Er wurde vor wenigen Tagen geboren, aus meiner Liebe zu Dir heraus und meiner Sehnsucht und meinem immerwährenden Stolz, Deine Frau zu sein ...
In dieser Nacht verließ Madeline, unfähig zu schlafen, nach Mitternacht das weißgekalkte Haus, das mittlerweile einen kleinen Flügel mit zwei Schlafzimmern besaß. Auch jetzt, wo sie auf die Vierzig zuging, war Orry Mains Witwe immer noch so vollbusig und schmalhüftig wie zu der Zeit, als er sie auf der Flußstraße gerettet hatte, obwohl Alter und Mühsal ihr Gesicht zu zeichnen begannen.
Fast eine Stunde lang hatte sie geweint, hatte sich dessen geschämt, war aber machtlos dagegen gewesen. Nun eilte sie die weite Rasenfläche hinunter, über ihr ein Mond, der blendend weiß über den Bäumen am Ufer des Ashley River hing. An der Stelle, wo sich einst der Pier vorgeschoben hatte, schreckte sie einen weißen Reiher auf. Der Vogel stieg auf und strich an dem großen, vollen Mond vorbei.
Sie wandte sich um und blickte über den Rasen zurück zu dem Haus unter den mit Moos bewachsenen Eichen. Eine Vision stieg in ihr auf, eine Vision des herrlichen Hauses, in dem sie und Orry als Mann und Frau gelebt hatten. Sie sah die eleganten Säulen, die erleuchteten Fenster. Sie sah Kutschen vorfahren, lachende Herren und Damen aussteigen.
Ganz plötzlich war der Gedanke da. Er ließ ihr Herz so schnell schlagen, daß es fast schon schmerzte. Wo jetzt die armselige, weißgekalkte Hütte stand, würde sie ein neues Mont Royal aufbauen. Ein wunderbares, großartiges Haus, das für immer als Erinnerung an ihren Mann und dessen Güte dienen sollte, eine Erinnerung an alles, was an der Main-Familie und ihrer gemeinsamen Vergangenheit gut war.
In einem Sturzbach von Gedanken schoß es ihr durch den Kopf, daß das Haus nicht eine genaue Nachahmung des verbrannten Herrenhauses werden dürfte. Diese Art von Schönheit hatte - im Verborgenen - zuviel Böses repräsentiert. Obwohl die Mains gut zu ihren Sklaven gewesen waren, hatten sie sie doch zweifellos als Besitz gehalten und so ein System unterstützt, in dem Fesseln und Peitschen und Tod und Kastration für jene, die genügend Mut zur Flucht besaßen, an der Tagesordnung waren. Gegen Kriegsende hatte sich Orry von dem System so gut wie losgesagt; Cooper hatte es in jüngeren Jahren ganz offen verdammt. Auch deshalb mußte das neue Mont Royal wahrhaftig neu sein, denn eine neue Zeit war angebrochen. Ein neues Zeitalter.
Tränen stiegen ihr in die Augen. Madeline streckte ihre verschränkten Hände dem Mond entgegen. »Irgendwie werde ich es schaffen. Dir zu Ehren.«
Sie sah es deutlich vor sich, das neue Haus, wie Phönix aus der Asche auferstanden. Wie eine bäuerliche Priesterin hob sie Kopf und Hände irgendwelchen Gottheiten entgegen, die sie aus dem Sternengewölbe des nächtlichen Himmels über Carolina beobachten mochten. Sie sprach zu ihrem Mann dort zwischen den fernen Sternen:
»Ich schwöre beim Himmel, Orry. Ich werde es bauen - für dich!«
Überraschender Besuch heute. General Wade Hampton, auf dem Heimweg von Charleston. Es heißt, aufgrund seines Ranges und seiner Unbarmherzigkeit als Soldat werde es Jahre dauern, bis die Amnestie so umfassend sei, daß sie auch ihn einschließe.
Seine Kraft und seine heitere Gemütsart erstaunen mich. Er hat so viel verloren - sein Bruder Frank und sein Sohn Preston sind in der Schlacht gefallen, 3.000 Sklaven dahin und sowohl Millwood als auch Sand Hills vom Feind niedergebrannt. Er haust in einer Aufseherhütte in Sand Hills und kann der Anschuldigung nicht entgehen, daß er und nicht Sherman Columbia niedergebrannt habe, indem er Baumwollballen in Brand steckte, damit sie nicht den Yankee-Plünderern in die Hände fielen.
Doch er zeigt sich von all dem nicht deprimiert, sondern bringt statt dessen seine Besorgnis um andere zum Ausdruck ...
Wade Hampton saß vor dem Pinienhaus auf einem Baumklotz, der als Stuhl diente. Lees ältester Kavalleriekommandant, mittlerweile siebenundvierzig, bewegte sich mit einer gewissen Steifheit. Fünfmal war er auf dem Schlachtfeld verwundet worden. Nach seiner Heimkehr hatte er sich den gewaltigen Vollbart abrasiert und nur noch ein Büschel unter dem Mund stehen lassen, obwohl er nach wie vor den riesigen Schnurrbart und Backenbart trug. Unter einem alten Wollmantel steckte ein Revolver mit Elfenbeingriff in einem Pistolenhalfter.
»Kaffee mit Schuß, General«, sagte Madeline, als sie mit zwei dampfenden Blechtassen wieder in das gesprenkelte Sonnenlicht trat. »Zucker und etwas Kornwhisky - obwohl ich fürchte, der Kaffee ist nichts weiter als ein Gebräu aus gerösteten Eicheln.«