Выбрать главу

„Aber uns hat es kein Vergnügen gemacht. Und jetzt stoßen Sie sich wieder Ihren Kopf an dem meinigen entzwei.“

„Ist er wirklich kaputt?“

„Der Ihrige scheint schon längst kaputt zu sein. Und dabei ergehen Sie sich noch in impertinenten Redensarten.“

„Wer? Ich?“

„Ja, Sie!“

„Wieso denn?“

„Nun, Sie wissen wohl gar nicht mehr, was Sie sagten, als Sie vom Zaun fortgingen?“

„Nein. Was sagte ich denn?“

„Daß ich alle Ursache hätte, Ihnen meinen Namen zu nennen.“

„Das ist auch wirklich der Fall.“

„Erklären Sie mir das.“

„Es gibt zwei Ursachen. Die erste ist, daß Sie Ihren Namen nennen mußten, weil ich Ihnen den meinigen gesagt hatte, und die zweite?“

„Nun, die zweite?“

„Die sage ich Ihnen später.“

„Ist sie auch so impertinent wie die erste?“

„Nein, im Gegenteil.“

„So sagen Sie mir dieselbe gleich jetzt.“

„Fällt mir nicht ein.“

„Warum nicht?“

„Ich werde erst dann wieder mit Ihnen sprechen, wenn ich sehe, daß Sie gelernt haben, in weniger anspruchsvoller Weise mit Ihren Nebenmenschen zu verkehren.“

„Mensch!“

„Herr, Sie sind grob. Adieu!“

Der Dicke drängte ihn zur Seite und setzte seinen Weg fort. Der Amerikaner warf ihm einen wütenden Blick nach und murmelte grimmig:

„Ich könnte diesen Kerl ohrfeigen! Er ist ein Flegel! Aber Miß de Lissa hat recht. Ich bin zu hitzig, zu jähzornig. Ich muß ruhiger werden. Und ruhiger werde ich sein, damit dieses herrliche Mädchen mein Eigentum wird.“

Er ging weiter. Er war mehrere Stunden bei der vermeintlichen Engländerin gewesen. Er trug ihr Bild im Herzen, und es schwebte vor seinen Augen. Er dachte nur an sie und nicht an den Weg. Er bog in Gedanken rechts ab und links ab, ganz ohne Plan, und wunderte sich dann, daß der Weg sich in den Büschen verlief.

Er blieb nun endlich stehen, um sich zu orientieren. Die Holzung war hier nicht sehr hoch, und so war es möglich, den Stand der Sonne zu erkennen. Aus diesem konnte der Amerikaner auf die Richtung schließen, welche er eingeschlagen hatte. Schon wollte er umkehren, als er sich ganz unerwartet anrufen hörte:

„Sie hier, Monsieur Deep-hill! Sind Sie vielleicht in die Irre gegangen?“

Der alte Kapitän stand hinter einem Baum und trat während dieser Worte hervor. Deep-hill war einigermaßen erschrocken, faßte sich aber schnell und antwortete:

„Allerdings habe ich mich verlaufen, Herr Kapitän.“

„Darf ich fragen, woher Sie kommen?“

„Aus der Stadt.“

„Und wohin Sie wollen?“

„Nach dem Schloß.“

„Da haben Sie freilich nicht den kürzesten Weg eingeschlagen.“

„Und doch wollte ich einen Richtweg gehen, bin aber in Gedanken von ihm abgekommen.“

„So bitte, mir zu folgen!“

Er schritt voran, seine Augen glühten in einem freudigen Licht. Er galt noch für krank, hatte aber trotzdem sein Zimmer verriegelt und sich auf dem verborgenen Weg nach den unterirdischen Kellern begeben, um zu sehen, ob dort alles noch in Ordnung sei. Die dumpfe Luft hatte ihn heute noch beengt, und so war er einige Minuten in das Freie gegangen, um frisch Atem holen zu können. Dabei hatte er die Annäherung eines Menschen bemerkt und in diesem letzteren zu seinem Erstaunen den Amerikaner erkannt.

Er führte diesen noch weiter in den Wald hinein, bis sich alte Ruinen vor ihnen erhoben.

„Was ist das?“ fragte Deep-hill.

„Das sind die Überreste eines Klosters.“

„Warum gehen wir hierher?“

„Es ist der kürzeste Weg nach dem Schloß. Bitte, folgen Sie mir nur.“

Sie betraten die Ruinen und stiegen den engen Treppengang nach dem Versammlungssaal hinab. Hierbei führte der Alte, da es dunkel war, seinen Gast bei der Hand. Im Saal aber befand sich eine brennende Lampe.

„Eigentümlich“, sagte der Amerikaner. „Diese Ruinen scheinen von Ihnen benutzt zu werden?“

„Allerdings. Ich werde Ihnen alles zeigen. Wir haben noch gar keine rechte Zeit gehabt, über unser Geschäft zu sprechen, und können diese Gelegenheit dazu benutzen. Vorher aber werden Sie mir wahrscheinlich eine Frage gestatten?“

„Gern.“

„Sie waren wirklich in der Stadt?“

„Ja.“

„Wollten wirklich nach dem Schloß?“

„Ja.“

„Und haben sich also wirklich verlaufen?“

„Ja. Aber wozu diese Fragen? Glauben Sie, mich für einen Lügner halten zu dürfen?“

„Das nicht. Aber in meiner Lage muß ich sehr vorsichtig sein. Ist Ihnen jemand begegnet?“

„Nur einer.“

„Wo? Im Wald?“

„Ja.“

„Wer war er?“

„Ein fremder Maler, der hier wohl nur zum Zweck seiner Studien herumläuft.“

„Weiter niemand?“

„Kein Mensch.“

„Das ist gut. Kommen Sie!“

Er führte ihn nun von Gewölbe zu Gewölbe und zeigte ihm da alle aufgestapelten Vorräte. Deep-hill erstaunte über die große Menge derselben, hielt sich aber wohlweislich mit seiner Anerkennung in Reserve. Endlich blieb der Alte vor einem in einem Gewölbe stehenden Tisch halten und sagte:

„Nun Sie sich überzeugt haben, daß wir Ernst machen, und daß wir auch vorbereitet sind, können wir wohl auch unsere Angelegenheit erledigen. Bitte, setzen Sie sich.“

„Warum nicht oben im Schloß?“

„Weil ich derartiges stets hier expediere. Man ist hier am sichersten. Sie kennen diese Schrift?“

Er öffnete mittels eines Schlüssels den Tischkasten und zog aus demselben einen beschriebenen Bogen. Der Amerikaner las diesen, nickte zustimmend und sagte:

„Es ist unser Kontrakt.“

„Sind Sie gewillt, denselben einzuhalten?“

„Gewiß.“

„Und sind Sie gewillt, uns die betreffenden Summen zu überlassen?“

„Ich pflege Wort zu halten.“

„Schön! Hoffentlich befinden Sie sich im Besitz des Geldes.“

„Ich gebe Ihnen Anweisungen auf Paris; sie sind wie bares Geld.“

„Einverstanden. Ich liebe es, jedes Geschäft glatt abzuschließen. Ich kann jetzt die Anweisungen erhalten?“

„Nach Unterschrift des Kontraktes.“

„Gut, unterzeichnen wir!“

„Jetzt? Hier?“

„Ja.“

„Wer soll unterzeichnen?“

„Sie und ich.“

„Hm! Wird das genügen?“

„Gewiß. Ihre Unterschrift genügt mir vollständig.“

„Das versteht sich ganz von selbst. Sie bedürfen meiner Unterschrift gar nicht, wenn Sie nur das Geld erhalten. Wer aber bietet mir Sicherheit für die Rückzahlung?“

„Ich!“

„Ob mir das wohl genügen wird!“

Der Alte zog die Spitzen seines Schnurrbartes breit, warf dem Sprecher einen Blick des Erstaunens zu und fragte:

„Halten Sie mich für einen Lump?“

„Nein, aber für einen Menschen.“

„Was soll das heißen?“

„Sie sind den Wechselfällen des Lebens ausgesetzt. Überdies, haben Sie Vermögen?“

„Gewiß.“

„Dann dürfte mir Ihre Unterschrift allerdings genügen. Sie sehen ein, daß man nicht leichtsinnig sein darf, wenn es sich um Millionen handelt!“

„Ich billige Ihre Vorsicht.“

„Dann bitte ich, den Vermögensnachweis gütigst zu erbringen, Herr Kapitän.“

Da brauste der Alte auf:

„Was? Ich soll Ihnen nachweisen, daß ich Vermögen besitze?“

„Ja. Ich muß sogar wissen, wieviel. Sie müssen für so viel bürgen können, als Sie von mir empfangen.“

„Ja, für so viel kann ich es nicht!“

„Dann werde ich jetzt nicht unterzeichnen.“

„Ah! Wann denn?“

„Nachdem ich mit Graf Rallion gesprochen haben werde.“