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Mit den Händen in den Hosentaschen stapft Daniel auf die Kartons zu und schiebt sie mit dem Fuß noch ein Stück näher an die Wand.

»Ich räume die Sachen gleich in den Keller. Ich glaube, da ist noch Platz.«

»Ja, mach das. Und dann kümmere dich gern weiter um das berufliche Fortkommen deiner Freundin. Wie es mit der Werkstatt weitergeht, ist ja nicht so wichtig.«

Schneller, als ich das von ihm gewohnt bin, dreht sich Daniel um und steht keine zwei Sekunden später neben Carolin und mir.

»Sag mal, was ist heute eigentlich mit dir los ? Deine Laune ist unerträglich. Sonst bist du doch immer gut gelaunt, wenn du in die Werkstatt kommst.«

»Ach, nix.«

Hä ? Warum erzählt sie Daniel denn nicht von dem Ärger mit der Tagesmutter ? Das geht ihn doch genauso etwas an. Schließlich hat auch er ein Problem, wenn Caro nicht wieder anfängt zu arbeiten.

»Nix ? Das glaube ich dir nicht. Stress mit Marc ?«

»Nee.«

»Nun komm schon ! Ich lass hier die Hosen runter von wegen Yoga und Chakra – und ich bin mir ziemlich sicher, du hast mich schon für den Titel ›Weichei des Jahres‹ nominiert –, da kannst du mir auch ruhig sagen, wo dich der Schuh drückt.«

Immer noch Schweigen. Kurzentschlossen packt Daniel Caro und drückt sie ganz fest. Die schnappt überrascht nach Luft, aber Daniel lässt sie nicht los.

»Hey, wir sind doch Freunde. Also, was ist los ?«

»Ach, ich will dich nicht beunruhigen.«

Jetzt lässt Daniel sie los und grinst.

»Keine Sorge, das wirst du nicht. Was könnte denn beunruhigender sein als die Tatsache, dass meine Freundin meine Wohnung quasi unter meinem Arsch weg in ein Yoga-Zentrum verwandelt ?«

Caro kichert.

»Siehst du ! Und trotzdem bin ich noch gut gelaunt. Also heraus mit der Sprache: Was ist los ?«

Caro seufzt.

»Die Kinderbetreuung für Henri ist futsch. Die Tagesmutter, die wir gefunden haben, hat vorgestern völlig überraschend abgesagt. Wandert nach Norwegen aus. Und jetzt weiß ich nicht, was ich machen soll. Ich habe gestern schon mit fünf weiteren Tagesmüttern und Kinderkrippen telefoniert – aber so kurzfristig hat natürlich niemand mehr einen Platz. Nächste Woche haben wir noch ein Gespräch bei den Purzelzwergen, aber wenn das auch nichts wird, weiß ich echt nicht mehr weiter.«

Daniel schüttelt ungläubig den Kopf.

»Die Purzelzwerge ? Klingt abenteuerlich.«

»Nee, ist eine ganz niedliche Elterninitiative. Denen ist wohl auch jemand abgesprungen, und jetzt dürfen wir mit fünf anderen Elternpaaren zum Vorsingen. Echt ätzend, das sage ich dir !«

»Okay, dann verstehe ich deine schlechte Laune. Aber irgendwas wird sich schon finden, ganz bestimmt.«

Caro zuckt mit den Schultern.

»Weiß nicht. Jetzt mache ich mir natürlich Sorgen um unseren Auftrag. Deswegen wollte ich dir das auch nicht sagen, bevor ich keine andere Lösung habe. Damit du dir nicht auch noch Sorgen machst.«

»Das ist doch Quatsch. Ich mach mir keine Sorgen. Höchstens um meine Freundin Carolin. Aber was ist denn für eine Übergangszeit mit Oma Hedwig ? Kann die nicht aufpassen ? Die ist doch ganz resolut.«

Caro rollt mit den Augen.

»Resolut trifft den Nagel auf den Kopf. Da wird Hedwig sich nicht nur um die Erziehung von Henri, sondern auch gleich um die aller anderen Familienmitglieder kümmern. Nein, danke ! Das brauch ich wirklich nicht ! Dann nehme ich Henri lieber mit und setze ihn hier in einen Laufstall.«

Daniel hebt beschwichtigend die Hände.

»Schon in Ordnung. War nur ’ne Idee. Ich räum jetzt mal die Kartons weg.«

Pfuhhh ! Hoffentlich sorgt wenigstens Marcs Idee mit dem Geheimausflug für bessere Laune bei seiner Süßen. So ist sie wirklich ungenießbar !

Das Wetter spielt jedenfalls schon mal mit bei Marcs Plan. Am Sonntagmorgen werde ich von Sonnenstrahlen geweckt, die mich in der Nase kitzeln. Ich rolle mich aus meinem Körbchen und schnuppere – ja, das wird ein guter Tag ! Eindeutig ! Marc und Luisa haben ihn auch perfekt vorbereitet – sie haben heimlich einen Picknickkorb gepackt mit einem heimlich gebackenen Kuchen, heimlich geschmierten Broten und einer ebenso heimlich kalt gestellten Flasche Sekt. Die Windeltasche für Henri ist auch schon neu bestückt, und ein Ersatzschnuller liegt griffbereit. Auch ihren kleinen Bruder selbst hat Luisa schon startklar gemacht und angezogen. Um meine Teilnahme muss ich nicht bangen. Ich habe beobachtet, dass Luisa ein sorgfältig verpacktes Tütchen Hundefutter und meinen Trinknapf eingesteckt hat – es kann also losgehen ! Na gut, die Hauptperson fehlt noch, die durfte heute ausschlafen.

In der Küche blubbert die Kaffeemaschine, Marc ist dabei, Carolin eine Tasse von dem Zeugs mit dem Milchschaum obendrauf zu machen. Warme Milch – eklig ! Eigentlich nur was für Katzen, aber Carolin liebt es. Und in diesem Moment geht Marc auch schon gut gelaunt mit besagter Tasse in Richtung Schlafzimmer, um Carolin damit zu wecken. Ich wetze gleich hinterher – wenn Frauchen morgens auch noch von ihrem Lieblingsdackel begrüßt wird, kann doch wohl nichts mehr schiefgehen mit der guten Laune.

»Guten Morgen, mein Schatz !«

Marc setzt sich neben Caro aufs Bett und hält ihr die Tasse in sicherem Abstand unter die Nase. Caro gibt ein leises Mhmmm von sich. Ich hüpfe auf das Fußende und mogle mich vorsichtig nach oben, um einen besseren Blick zu haben. Der menschlichen Nase bei der Arbeit zuzugucken ist nämlich meistens ziemlich unterhaltsam. So auch diesmaclass="underline" Als Carolin den Duft von frischem Kaffee erschnuppert, kräuselt sich ihre Nase, und die Sommersprossen auf ihr bilden ein lustiges Muster. Dann macht sie die Nase wieder lang, dann wieder kraus, und aus dem leisen Mhmmm wird ein etwas lauteres, und schließlich schlägt sie die Augen auf.

»Oh, hallo, ihr beiden ! Das ist ja eine nette Überraschung. Kaffee ans Bett – danke dir !«

Sie rappelt sich im Bett hoch, Marc reicht ihr die Tasse.

»Ja, und es wird heute nicht die einzige Überraschung bleiben. Luisa und ich haben generalstabsmäßig einen kleinen Ausflug mit dir und Henri geplant. Das Wetter ist toll, der Frühling endlich richtig da – also, auf geht’s !«

Er gibt ihr einen Kuss.

»Wow ! Und wohin ?«

Marc schüttelt den Kopf.

»Das wird nicht verraten. Du wirst es schon sehen.«

Kurze Zeit später sitzen alle im Auto, ich liege zu Caros Füßen, und Marc steuert unser erstes Ziel an, das Luisa gewissenhaft auf einem Zettel notiert und ihm kurz vorher unter die Nase gehalten hat.

»Ihr alten Geheimniskrämer ! Jetzt könnt ihr mir doch verraten, wohin es geht !«

»Kommt überhaupt nicht in Frage. Abwarten, meine Liebe !«

Caro seufzt, dann beugt sie sich zu Marc hinüber und gibt ihm einen Kuss auf die Wange. Super ! Marcs Plan funktioniert: Caro ist glücklich, und der ganze Ärger der letzten Tage scheint vergessen.

Wir fahren eine ganze Weile, dann wird Marc langsamer und hält schließlich an.

»So. Bleib mal einen Moment sitzen, ich hole etwas.«

Marc steigt aus und öffnet kurz darauf Caros Wagentür.

»Bitte schön !«

Er hält ihr irgendetwas entgegen. Ich blinzele ins helle Sonnenlicht, um es zu erkennen. Ein langstieliges Glas. Offenbar hat Marc die Flasche Sekt geköpft.

»So, mein Spatzl ! Willkommen auf unserer Hochzeits-Erkundigungstour. Erste Station: Priörinnenhaus des ehemaligen Klosters Uetersen. Prost – auf unsere Hochzeit !«

Caro strahlt, dann klirren die Gläser, und die beiden trinken einen Schluck. Henri macht vom Rücksitz aus deutlich, dass er auch durstig ist, Luisa hat sogar eine Trinkflasche für ihn griffbereit. Klasse – heute passt einfach alles ! Ist irgendwie deutlich schöner als die Tage, an denen alles schiefgeht.

Caro stellt ihr leeres Glas auf den Fahrersitz, dann steigt sie aus, und ich hüpfe gleich hinterher. Vor uns steht ein ziemlich großes Haus, das an der einen Seite von Efeu umrankt wird. Eigentlich scheinen es sogar eher zwei bis drei Häuser zu sein, die ein bisschen verwinkelt ineinander übergehen. Die Fenster sind auch groß und haben viele Sprossen, die Türen sehen aus, als ob sie in zugemauerten Torbogen liegen.