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»Also, Carolin und ich sind schon Typen, die sich gern einbringen. Ich finde es gut, wenn man mit anpackt.«

Er lächelt ein sehr anpackendes Lächeln.

Die Tür öffnet sich noch einmal, ein Mann und eine Frau kommen rein und setzen sich ebenfalls zu uns auf den Boden. Das müssen dann wohl Jörg und Karin sein.

Richtig geraten. Genauso stellen die beiden sich vor. Jörg wiederholt im Grunde genommen das, was Dörte schon erzählt hat. Marc lächelt noch anpackender, Caro spielt nervös mit einer Haarsträhne. Karin erzählt, dass sie zwölf Kinder betreuen, wie so ein Tag bei den Purzelzwergen aussieht und welche Angebote sie den Kindern machen. Dabei ist ziemlich viel von frühkindlicher Bildung die Rede, was ich ziemlich gut finde, da unser kleiner Henri doch leider dumm wie Brot ist. Offensichtlich besteht für ihn noch Hoffnung, hurra !

»Wir nehmen die Kinder am liebsten, wenn sie genau ein Jahr sind. Dann ist die Eingewöhnung am leichtesten, haben wir festgestellt. Vorher fremdeln sie meist noch, später wäre die Zeit in unserer Gruppe eigentlich zu kurz – die Kinder verlassen uns ja mit dem dritten Geburtstag. Wie alt ist Henri noch mal genau ?«

»Zehn Monate«, gesteht Carolin. »Aber er ist wahnsinnig weit für sein Alter«, beeilt sie sich, eine dicke Lüge hinterherzuschieben.

Karin und Dörte sagen dazu nichts. So etwas kennen sie wahrscheinlich schon.

»Wie könntet ihr euch denn einbringen ? Macht ihr irgendetwas, was die Initiative voranbringen könnte ?«, will Jörg dann von Marc wissen. »Ein Handwerk vielleicht ? Oder bist du Anwalt oder Steuerberater ?«

»Äh, nicht direkt. Ich bin Tierarzt. Also, wenn ihr mal Meerschweinchen für die Kinder kauft, kann ich mich drum kümmern.«

Dörte, Karin und Jörg gucken wenig überzeugt. Ich bin es allerdings auch nicht. Ich möchte mir nicht ausmalen, wie sich ein Meerschwein in einer Horde von zwölf Henris fühlen würde.

Dann räuspert sich Caro.

»Nun ja, ich bin Geigenbauerin. Das ist ein bisschen wie Möbeltischler. Wenn hier mal etwas gebaut werden muss, dann kriege ich das bestimmt hin. Holz ist meine Leidenschaft.«

Sie lächelt. Fast ein wenig schüchtern, süß ! Ich würde Carolin sofort einen Platz geben, und diesem Jörg kann ich ganz genau ansehen, dass er gerade das Gleiche denkt – Möbel hin oder her.

»Tischlerin – das ist natürlich praktisch !« Karin nickt wohlwollend. »Tatsächlich wollen wir demnächst ein neues Spielpodest mit einer Kletterrampe und einem Türmchen einbauen. Da können wir noch Hilfe brauchen.«

»Kein Problem«, versichert Caro.

»Aber wir haben auch ein paar regelmäßige Dienste, die von Eltern erledigt werden müssen«, erklärt Dörte weiter. »Zweimal die Woche wird von Eltern geputzt, und außerdem kochen wir auch zweimal selbst. Von montags bis mittwochs haben wir eine Köchin, die Helene. Sie hat aber nur einen Minijob bei uns, deshalb kochen donnerstags und freitags die Eltern. Ihr wärt also so alle fünf, sechs Wochen jeweils einmal mit Putz- und einmal mit Kochdienst dran.«

Großartig. Wo Marc doch schon einen Nervenzusammenbruch bekommt, wenn unsere Putzfrau mal krank wird. Dann ist das hier bestimmt genau das Richtige für ihn. Trotzdem lässt er sich nichts anmerken, sondern lächelt unverdrossen weiter.

»Ich finde eine frische, ausgewogene Küche ja total wichtig für Kinder«, lehnt sich Caro, die unangefochtene Meisterin im Fischstäbchenbraten, jetzt ganz weit aus dem Fenster.

Nur gut, dass Hedwig nicht da ist. Die würde bestimmt einen Lachkrampf bekommen.

Auch Dörte scheint auf derlei Beteuerungen von Eltern nicht mehr viel zu geben, denn sie zieht die Augenbrauen zusammen und sagt in leicht spöttischem Tonfalclass="underline" »Ja, ja, ausgewogen ist wichtig – das bedeutet allerdings nicht Pizza an den geraden und Spaghetti mit Ketchup an den ungeraden Tagen. Daran müssen wir unsere Eltern manchmal erinnern.«

Sie lächelt süffisant.

»Nein, nein, natürlich nicht«, beeilt sich Caro zu versichern, guckt aber ein wenig ertappt.

»Habt ihr denn so weit noch Fragen ?«, will Jörg wissen.

Caro und Marc schütteln den Kopf.

»Okay, das wäre es eigentlich schon. Ich melde mich dann heute Abend, ob es geklappt hat.«

Nach einer kurzen Tour durch das doch ziemlich kleine Reich der Purzelzwerge werden wir wieder nach draußen entlassen. Caro winkt dem Auswahlausschuss noch einmal freundlich durch das Schaufenster zu, Marc tut es ihr gleich. Dann spazieren wir mit dem immer noch schlafenden Henri Richtung Werkstatt.

»Und«, meint Caro, als wir eine Ecke weiter sind, »meinst du, das hat geklappt ?«

Marc zuckt mit den Schultern.

»Weiß nicht, schwer zu sagen. Ich habe jedenfalls mein Bestes gegeben. War ja ganz niedlich da drinnen. Könnte ich mir schon gut vorstellen.«

»Ja, ich auch. Wobei – Henri ist doch noch so klein. Die Lösung mit der Tagesmutter war mir im Grunde genommen sympathischer.«

Wieder Schulterzucken.

»Tja, das hat eben nicht sollen sein. Wir könnten aber immer noch meine Mutter …«

»Marc ! Nicht wieder das Thema !«

»Nein, ich meinte ja nur …«

»Ich weiß, was du meintest. Und ich finde es nicht gut. Lass uns lieber hoffen, dass es mit den Purzelzwergen klappt.«

»Klar. Also, ich zwitschere jetzt mit Henri wieder ab. Was denkst du, wann du wieder zu Hause bist ? Ich wollte noch mal kurz in die Praxis.«

»Nicht vor fünf. Aber mach dir nichts draus – ich finde, bisher hast du nicht besonders viel von deinem Tierarztdasein geopfert.«

Caro klingt gereizt.

Freunde, nicht streiten ! Sonst müssen wir wieder einen Ausflug zu den verrückten Schafen machen !

Bei der Werkstatt angekommen, werde ich schon von Herrn Beck erwartet, der am Vorgartenzaun hin- und herläuft.

»Mann, da seid ihr ja endlich !«

»Waren wir verabredet ?«

Ich kann mich nicht daran erinnern.

Beck ignoriert meinen Einwand.

»Ich muss dir dringend etwas erzählen. Ich habe etwas herausgefunden.«

»Dann leg mal los.«

»Nein, nicht hier. Du musst mit nach oben kommen. Dann zeige ich es dir.«

»Ich wollte jetzt eigentlich erst mal in die Werkstatt. Bestimmt bekomme ich gleich etwas zu fressen.«

»Echt, Herkules. Fressen ist nicht alles. Bitte, komm mit hoch !«

Das sagt der Richtige ! Gegen Herrn Beck sah ich selbst in beleibteren Tagen gertenschlank aus. Weil Fressen für mich eben nicht alles ist. Aber einen Moment kann mein Napf vielleicht wirklich noch warten. Immerhin habe ich bei den Purzelzwergen ja Teile der Fußbodendekoration verspeist.

»Na gut, denn mal los.«

Ohne ein weiteres Wort flitzt Herr Beck Richtung Haustür. Ich bin nicht mehr angeleint und kann gleich hinterhersausen, Carolin ist offenbar so in Gedanken, dass sie das gar nicht bemerkt. Kurz darauf sitzen wir vor Ninas Wohnungstür.

»Und jetzt ?«

»Na, ich gehe durch die Katzenklappe in die Wohnung.«

Großartig. Das bringt mich richtig weiter. Da passe ich bestimmt nur zur Hälfte durch. Bleibt der Rest eben draußen, was macht das schon.

»Hm. Du passt da wahrscheinlich nicht durch, oder ?«

»Korrekt.«

»Bist du ganz sicher ?«

»Todsicher. Auf Schloss Eschersbach hatten wir auch so eine, die war aber ein bisschen größer. Das ging so gerade eben. Aber diese hier – keine Chance.«

»Verstehe ich nicht. Du bist doch schlanker als ich.«

»Ja, aber zum einen bist du wendiger als ein Hund. Und zum anderen habe ich längere Beine. Das macht mich für kleine Öffnungen ein bisschen sperrig. Kurz: Ich glaube nicht, dass das funktioniert.«

»Macht nichts. Wenn ich erst mal drin bin, lotse ich Nina zur Tür. Sie wird dir öffnen. Das klappt schon.«

»Ist die denn zu Hause ? Die arbeitet doch normalerweise tagsüber.«

Deswegen ja auch seit Neuestem die Katzenklappe – damit Herr Beck eigenständig nach draußen und spazieren gehen kann. An der Kellertür unten ist auch noch mal eine, so kommt er auch allein in den Garten. Aber für mich ist das nichts. Habe ich schon mal vorsichtig probiert. Hat nicht funktioniert. Daniel musste mich gewissermaßen rausschrauben. Auf einen weiteren Versuch lege ich keinen gesteigerten Wert.