»Sören ließ nicht locker. Er rief mich im Krankenhaus an, immer wieder. Wollte wenigstens noch einmal mit mir essen gehen. Mir alles erklären. Irgendwann habe ich nachgegeben. Denn ehrlicherweise musste ich sowieso ständig an ihn denken.«
»O Mann, Nina ! Ein Typ mit Kindern !«, stöhnt Caro.
»Ja, ich weiß. Jedenfalls waren wir dann essen, und er hat mir ganz offen erzählt, dass er verheiratet ist und zwei Kinder hat. Und dass es mit seiner Frau schon lange nicht mehr gut läuft.«
»Und das hast du geglaubt ? Das ist doch so platt, platter geht es nicht !«
»Ich habe ihn gefragt, warum er das nicht gleich gesagt hat. Er hat das mit einer Gegenfrage beantwortet – nämlich, ob ich eigentlich einen Freund hätte. Tja, von Alexander hatte ich ihm tatsächlich auch nicht erzählt. Und da saßen wir dann, wir beiden Betrüger. Es fühlte sich furchtbar an und gleichzeitig wunderschön. Ich hatte mich in ihn verliebt.«
»Und dann ?«
»Von da an haben wir uns getroffen. Erst ganz selten, dann immer häufiger. Ich war glücklich, mit Sören zusammen zu sein. Aber gleichzeitig wurde mir immer klarer, dass es so nicht ewig weitergehen würde. Ich hatte mittlerweile auch Alexander gegenüber ein mörderschlechtes Gewissen. Also sagte ich Sören, dass wir uns entscheiden müssten. Entweder wären wir ein Paar, dann müssten wir uns beide von unseren Partnern trennen. Oder wir könnten uns nicht mehr sehen.«
»Lass mich raten – von seiner Familie wollte er sich dann aber doch nicht trennen.«
»Genau. Er sagte, er liebe mich über alles, aber das könne er seinen Kindern nicht antun. Da habe ich Schluss gemacht. Und seitdem ganz schlimmen Liebeskummer. Insofern ist es auch gut, dass Alexander jetzt Bescheid weiß. Es wäre sowieso nicht länger gutgegangen. Egal, was aus Sören und mir noch wird – dass ich mich so in ihn verliebt habe, heißt wohl, dass es zwischen mir und Alexander nicht mehr stimmt.«
»Puh ! Das ist wirklich ein Geständnis ! Aber nun verstehe ich auch, warum du in letzter Zeit so schlecht auf das Thema Liebe und Hochzeit zu sprechen bist. Ich meine, du hast es mal angedeutet – aber dass es so dramatisch ist, hätte ich natürlich nicht gedacht.«
Nina nickt.
»Ja, es war mir unangenehm, mit dir darüber zu sprechen. Ich sehe wirklich nicht gut aus in dieser Geschichte, das weiß ich schon selbst.«
»Und wie geht es weiter ?«
»Keine Ahnung. Schätze mal, ich bin jetzt wieder Single. Alexander kann ich nun wirklich nicht mehr unter die Augen treten. Und was Sörens Besuch anbelangt: Ich wusste eigentlich vorher, dass das eine Schnapsidee ist. Aber er wollte so gern kommen, und ich habe ihn so vermisst. Na ja. Ich werde ihn nachher mal im Krankenhaus besuchen.«
»Mitten in der Nacht ?«
»Ich glaube nicht, dass Sören heute besonders gut schlafen kann.«
»Kein Schlaf des Gerechten ? Dann nimm ihm doch den restlichen Schampus mit.« Caro kichert.
»Ha, ha ! Sehr witzig.«
»’tschuldigung. Konnte ich mir nicht verkneifen. Klar, fahr ihn besuchen, da freut er sich bestimmt. War für ihn bestimmt einer der schlimmsten Abende seines Lebens. Wobei er es verdient hat. Genau genommen habt ihr es beide verdient.«
»Schon gut. Das weiß ich ja selbst. Und dass ihn ausgerechnet Alexander dann noch retten musste – was für eine unglaubliche Geschichte ! Unglaublich furchtbar. Ich lege an dieser Stelle ein Gelübde ab: Nie wieder fremdgehen ! Viel zu stressig.«
»Sehr gut, ich bin deine Zeugin und erinnere dich beizeiten daran.«
»Eine Sache würde mich allerdings brennend interessieren.«
»Und zwar ?«
»Wie kam der fette Kater in den Kleiderschrank ? Du hast ihn doch heute Morgen mitgenommen. Also: Wie haben es Herkules und Beck geschafft, bei euch zu türmen und sich zu mir durchzuschlagen ? Und vor allem: warum ?«
Caro zuckt mit den Schultern.
»Ich habe nicht die geringste Ahnung. Aber dies ist definitiv einer der Momente, in denen ich wünschte, der Dackel könnte mit mir sprechen.«
VIERZEHN
Das Wochenende verbringe ich damit, mich wie ein ganz normales Haustier zu verhalten. Fressen, schlafen, spielen, ab und zu mal einen Baum anpinkeln – keine Extravaganzen. Nach der Aktion mit Beck stehe ich hier unter Dauerbeobachtung, und ich fürchte, wenn ich mir noch eine Schote leiste, werden sie mich irgendwann auch in der Wohnung anleinen.
Nur Luisa ist stolz darauf, dass ihr Dackel offensichtlich über außergewöhnliche Begabungen verfügt. Vergnügt erzählt sie ihren Freundinnen am Telefon von meinem abendlichen Ausflug – wobei sie wesentliche Details wie den nackten Liebhaber im Kleiderschrank gar nicht kennt, die hat Caro nämlich nur Marc erzählt. Der hat daraufhin den Kopf geschüttelt und etwas gemurmelt, das wie Weiber klang.
Und so hätte der Sonntag auch ein sehr friedlicher Sonntag werden können, wenn nicht Hedwig ihren Besuch für nachmittags angekündigt hätte. Seit ihrem Anruf ist die Stimmung im Hause Neumann-Wagner irgendwie – angespannt !
»Marc, ich möchte, dass du deiner Mutter endlich klipp und klar sagst, dass sie sich aus unseren Hochzeitsvorbereitungen raushalten soll !«
»Das habe ich ihr doch längst gesagt, Spatzl.«
Marcs Stimme klingt beschwichtigend. Das nutzt ihm aber nichts, Caro bleibt hart.
»Offenbar nicht deutlich genug. Sie hat mich vorgestern gefragt, ob du schon mit mir gesprochen hättest. Das klang eher so, als solltest du mich überreden, so zu feiern, wie sie sich das vorstellt.«
Marc seufzt. Tief.
»Ich habe es dir doch schon gesagt – Hedwig war ein bisschen verschnupft, weil sie von Luisa erfahren hat, dass wir erstens überhaupt diesen Sommer heiraten wollen und zweitens das Ereignis im ganz kleinen Kreis stattfinden soll. Es wäre wahrscheinlich besser gewesen, wir hätten ihr das gleich gesagt.«
Caro schnaubt.
»Was denn gleich gesagt ? Wir wissen doch selbst noch nichts Genaues und haben mit der Planung gerade erst angefangen. Ihr kann es doch völlig egal sein, ob wir zehn, hundert oder fünfhundert Leute einladen. Sie wird in jedem Fall dabei sein. Ich fand es völlig in Ordnung, sie erst zu informieren, wenn alles steht.«
»Ist ja gut, nun werd doch nicht so heftig !« Marc hebt beschwichtigend die Hände.
»Ich werde nicht heftig !«
Wird sie wohl. Komisch, warum geht sie bei diesem Thema immer so an die Decke ? Marc sagt nichts mehr, sondern schnappt sich die Zeitung vom Wohnzimmertisch und setzt sich zum Lesen auf das Sofa.
»Hey, was ist jetzt ? Redest du gleich mit deiner Mutter oder nicht ?«
»Ja, ich rede mit ihr. Versprochen. Ich verstehe nur nicht, warum du so ein Drama daraus machst.«
»Ganz einfach: Weil es ein Drama ist ! Deine Mutter will alles bestimmen, selbst Sachen, die sie nun wirklich nichts angehen.«
»Also, neulich hast du dich noch aufgeregt, weil du das Gefühl hattest, meine Mutter würde Sabine für die bessere Schwiegertochter halten. Nun ist sie enttäuscht, weil wir unsere Hochzeit nicht groß feiern wollen, was doch wohl eindeutig ein Zeichen dafür ist, wie sehr sie sich über unsere Heirat freut – nun passt dir das auch wieder nicht. Langsam glaube ich, du hast etwas gegen meine Mutter.«
Wuff, Vorsicht ! Dieser Streit geht in eine Richtung, die ich als Menschenkenner für gefährlich halte. Die Deine Mutter-Diskussion führt bestimmt geradewegs in einen Riesenzoff ! Ich kann spüren, wie meine Rute anfängt zu jucken. Kein gutes Zeichen, überhaupt kein gutes Zeichen !
Das scheint sich auch Caro zu denken, denn jetzt hält sie kurz die Luft an, lächelt dann, setzt sich neben Marc, nimmt ihm die Zeitung weg und küsst ihn.
»Quatsch, mein Lieber. Natürlich mag ich Hedwig, schließlich verdanke ich ihr dich !«
Marc gibt ein langgezogenes Mhhmmm von sich, zieht Caro ganz dicht an sich heran, und schwupps liegen die beiden auf dem Sofa und küssen sich weiter. Hach, ein schönes Bild !