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»Claudia hat bis vor Kurzem noch in einer Boutique gearbeitet und Kleidung verkauft. Das war ein super Job, ich durfte sogar mitkommen und hatte in dem kleinen Büro neben dem Verkaufsraum meinen Korb stehen. Dann fing sie auf einmal mit Yoga an, und mittlerweile ist es das Einzige, was ihr noch wichtig ist.«

Cherie klingt sehr traurig, und ich schlecke ihr zum Trost einmal an der Schnauze entlang. Wuff, was für ein tolles Gefühl ! Ich schlecke gleich noch einmal, und Cherie lässt es sich gefallen. Wahnsinn ! Ich glaube, ich bin süchtig danach – verglichen damit bedeutet mir Fleischwurst rein gar nichts. Dann bemühe ich mich allerdings um geregelte Konversation. Cherie soll nicht denken, dass mich ihre Sorgen nicht interessieren.

»Yoga ?«, frage ich also nach. »Davon hat Daniel erzählt. Er lag neulich im Vorgarten und hat sehr seltsame Dinge veranstaltet.«

»Tja, dann könnt ihr nur hoffen, dass es ihn nicht so packt wie Claudia. Die hat auch erst einen ganz harmlosen Kurs besucht. Dann hat sie es immer öfter zu Hause geübt und irgendwann Daniel zu einem Seminar geschleppt. Das ging über mehrere Tage, ich musste solange zu einer Freundin. Und jetzt arbeitet Claudia gar nicht mehr in der netten Boutique, sondern organisiert mit ihrem Yoga-Lehrer Swami selbst Kurse. Und die wiederum finden nun am Wochenende immer bei uns zu Hause statt, und weil der doofe Swami Angst vor Hunden hat und ihn sowieso alles stört, was nicht mit Yoga zu tun hat, haben Daniel und ich an diesen Tagen praktisch Hausverbot. Kannst du dir so etwas vorstellen ? Ein Hund, der nicht in der Wohnung seines Frauchens sein darf ? Das ist doch ein Skandal !«

»Stimmt«, gebe ich Cherie recht, denn das ist wirklich ungewöhnlich. Ungewöhnlich ist aber auch, dass Daniel sich das bieten lässt. Ich glaube nicht, dass Marc hier am Sonntag immer das Feld räumen würde. Irgendetwas stimmt doch bei Daniel und Claudia nicht – den Verdacht hatte Caro ja auch schon. Wenn es allerdings dazu führt, dass ich Cherie nun endlich wieder häufiger sehe, soll es mir sehr willkommen sein. Ich bin schließlich für mein eigenes Herz zuständig, das von Daniel interessiert mich nur am Rande. Und meinem Herzen geht es gerade ziemlich gut.

»Sag mal, Mutter, ich wollte noch mal über die Hochzeit mit dir sprechen«, beginnt Marc nun pflichtschuldig mit dem Thema, das Caro ihm vorhin aufgetragen hatte. Allerdings kann ich schon an seiner Stimme erkennen, wie wenig erpicht er darauf ist.

Während sich Marc also quält und ich sehr zufrieden vor dem Tisch liege und Cherie anschmachte, tritt mir Caro einmal fast auf die Rute, erwischt aber nur die Haare an der Spitze. Jaul, das ziept ! Anstatt sich bei mir zu entschuldigen, guckt sie nur kurz – und tritt dann Marc vor das Schienbein. Was soll das denn ? Marc beugt sich etwas zu ihr vor.

»Hey, was ist los ?«, flüstert er in Caros Ohr.

»Nicht dieses Thema«, zischt Caro zurück.

»Aber ich sollte meine Mutter auf die Hochzeit ansprechen, schon vergessen ?«

»Ja – aber doch nicht, wenn Daniel danebensitzt. Ich habe ihm noch gar nicht …« Sie bringt den Satz nicht zu Ende.

»Oh – ihr wollt heiraten ?«, fragt Daniel erstaunt.

»Sehen Sie, Daniel, Sie hatten auch noch nichts davon gehört, oder ?«, ergreift Hedwig das Wort.

»Nein«, bestätigt Daniel, »das ist mir völlig neu.«

»Tja, das liegt wohl daran«, klärt ihn Hedwig auf, »dass Carolin und mein Sohn nur ein sehr, sehr intimes Fest planen. Ich finde es ja schade, aber ich werde natürlich nicht gefragt.«

Daniel schaut Caro erstaunt an.

»Du willst heiraten und mich nicht dazu einladen ? Mich, deinen ältesten Freund ?«

Ich versuche, einen Blick auf Caros Gesicht zu erhaschen. Tatsächlich, ihre Gesichtsfarbe wird deutlich dunkler.

»Äh, nein, so stimmt das doch gar nicht. Wir wissen noch gar nicht genau, wie wir feiern wollen. Aber eine Riesenfeier wird es wohl eher nicht werden. Das wäre mittlerweile auch rein organisatorisch gar nicht mehr drin – wir wollen im Sommer feiern, und es ist schon April.«

»Also, an der Zeit soll es nicht liegen. Ich könnte euch mit der Organisation helfen«, bietet Hedwig sofort an. »Dann bekommen wir bis zum Sommer bestimmt noch eine sehr schöne Feier hin. Ich habe heute schon mal mit meinen Chorschwestern gesprochen, die hätten zum Beispiel große Lust, euch mit musikalischer Begleitung eine Freude zu machen. Ihr wollt doch kirchlich heiraten, oder ? Das fand ich schon bei deiner ersten Hochzeit sehr stimmungsvoll, Marc. Gut, dass wir evangelisch sind, da hast du ja noch ein paar Versuche frei.«

Hedwig lächelt, Marc verzieht das Gesicht, und Caro sieht aus, als habe sie auf etwas sehr Saures gebissen.

Davon gänzlich unbeeindruckt redet Hedwig munter weiter.

»Wann genau im Juni soll es noch mal sein ?«

»Im Juni ?« Daniel klingt fassungslos. »Und du hast mir noch nichts erzählt ? Jetzt bin ich schon ein bisschen … na ja, enttäuscht.«

Ich kann Caros Schweiß riechen, das Ganze ist ihr sehr unangenehm.

»Ich wollte es dir erzählen, aber ich habe noch nicht … äh …«

»Was hast du noch nicht ?«

»Äh … äh …«

Caro scheint von einer Art Sprachlähmung befallen.

»Sie hat noch nicht den passenden Moment gefunden«, springt Marc in die Bresche, »denn ich hatte sie gebeten zu warten, weil ich … äh …«

Auch Sprachlähmung ? Leute, langsam wird es peinlich ! Gebt doch einfach zu, dass ihr Daniel nicht dabeihaben wollt, sondern lieber mit drei doofen Schafen zusammen auf einem Leuchtturm genau in der Mitte von Garnichts heiraten würdet. Marc räuspert sich. Los, Mann, gestehe !

»Sie hat dir noch nichts gesagt, weil ich dich fragen wollte, ob du mein Trauzeuge werden willst. Das wollte ich natürlich von Mann zu Mann machen, bei einem schönen Bier. Aber jetzt ist es ja raus. Also, wie schaut’s aus, Danieclass="underline" Willst du mein Trauzeuge werden ?«

Hä ? Langsam verstehe ich hier überhaupt nichts mehr. Ich denke, er wollte irgendeinen ominösen Georg fragen. Wie kommt er denn auf einmal auf Daniel ?

Daniel guckt ebenso überrascht wie ich. Dann nickt er langsam und klopft Marc auf die Schulter.

»Danke, Mann. Das ehrt mich. Mach ich natürlich gern.«

FÜNFZEHN

Und Tante Inge ? Ihr wollt doch nicht etwa Tante Inge nicht einladen. Marc, sie ist immerhin deine Patentante !«

Der Kuchen ist längst aufgegessen, das nachfolgende Abendbrot schon abgeräumt, Henri schläft, Luisa liegt auch im Bett, Daniel und Cherie sind gegangen – aber Hedwig werden wir einfach nicht los. Seitdem Daniel das unselige H-Wort in den Mund genommen hat, scheint sie an unserem Sofa zu kleben. Marc hat schon ein paar Anläufe genommen, ihr deutlich zu machen, dass sie nicht das Festkomitee für die Hochzeit ist. Vergeblich. Carolin rollt schon wieder mit den Augen, schätze mal, es wird nicht mehr lange dauern, und sie geht an die Decke.

»Hedwig, echt jetzt !«

Richtig geschätzt. Hat nicht mehr lang gedauert.

»Wenn wir eine kleine, intime Hochzeitsfeier wollen, dann ist das eindeutig unsere Sache. Ich freue mich, dass du so Anteil nimmst, aber die Gästeliste musst du schon Marc und mir überlassen !«

Hedwig schnappt nach Luft und sieht sich hilfesuchend nach ihrem Sohn um. Der versucht ganz offensichtlich, sich möglichst klein zu machen, aber damit kommt er bei keiner der Damen durch.

Carolin funkelt ihn böse an.

»Sag du doch auch mal was dazu, Schatz

Marc zieht den Kopf noch mehr zwischen die Schultern, antwortet jedoch.

»Ja, also, Mutter – Carolin hat ganz recht. Wir wollen eine kleine Feier, eigentlich nur im engsten Kreis.«

»Ach, und deine Patentante gehört nicht dazu ? Das ist nicht dein Ernst ! Ich weiß noch genau, als du so furchtbare Koliken hattest als Baby, und ich hatte nächtelang nicht geschlafen, und Inge ist extra gekommen, obwohl wir nicht mal ein Gästezimmer hatten, dein Vater war ja noch Assistenzarzt und verdiente wenig Geld, aber Inge war es egal, sie hat auch auf dem Sofa geschlafen, jedenfalls hat sie dich die ganze Nacht rumgetragen und sich um dich gekümmert, damit ich mal zu Kräften kommen konnte, eine Riesenhilfe war das von der Inge, ich weiß gar nicht, wie ich ohne sie … Ach, du warst so ein süßes Baby, und ich …«