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Hedwig redet, ohne Luft zu holen. Erstaunlich, wie viele Worte aus dieser älteren Dame ohne jegliche Pause herausströmen können.

Rums ! Marc haut mit der flachen Hand auf den Couchtisch.

»Mutter ! Jetzt ist es mal gut ! Ich verstehe, was du meinst. Aber bitte respektiere unseren Wunsch !«

Hedwig kneift die Augen zu ganz schmalen Schlitzen zusammen.

»Nun schrei mich doch nicht an ! Ich will euch doch nur helfen. Aber bitte – wenn meine Hilfe nicht gewünscht wird, dann eben nicht. Ich muss mich nicht aufdrängen. Ich dachte, ihr seid froh. Sabine war damals sehr froh über meine Hilfe. Es ist ein sehr schönes Fest geworden. Und Sabine und ich sind uns über die Vorbereitungen sehr nahegekommen. Hier bin ich dagegen offenbar immer unerwünscht.«

Carolin seufzt und schüttelt den Kopf.

»Nein, Hedwig, du bist natürlich nicht unerwünscht. Ich weiß ja, dass du uns nur helfen willst. Das finde ich auch sehr nett von dir. Und wenn es dir so wichtig ist, dann können Marc und ich ja noch einmal darüber nachdenken, ob wir doch ein bisschen größer feiern, okay ?«

Von jetzt auf gleich beginnt Hedwig zu strahlen, als ob man eine Lampe in ihr angeknipst hätte.

»Das ist doch eine gute Idee ! Genau – denkt mal drüber nach.«

»Machen wir, versprochen.«

Huch, warum ist Carolin denn auf einmal so weichgespült ?

Als Hedwig später gegangen ist, stellt Marc Caro genau meine Frage.

»Sag mal, Schatz – was war denn auf einmal mit dir los ? Ich werfe mich tapfer dem Feind entgegen, und dann kommst du und sagst, dass wir noch einmal drüber nachdenken ? Das habe ich nicht ganz verstanden.«

»Ach, als sie sagte, dass sie sich damals mit Sabine bei der Hochzeitsplanung so nahgekommen ist, hat es mir irgendwie einen Stich gegeben. Weil ich doch immer das Gefühl habe, dass sie Sabine lieber mag als mich. Und da dachte ich mir, vielleicht verpasse ich wirklich eine Chance, unser Verhältnis zu verbessern. Könnte doch sein, oder ?«

Marc zuckt mit den Schultern.

»Weiß nicht. Ich finde nicht, dass ihr Verhältnis zu Sabine so gut war. Das scheint sich in der Erinnerung ein bisschen zu verklären. Wenn ich es richtig zusammenbekomme, haben sich die beiden Damen darüber gestritten, ob es eine Hochzeitskutsche geben soll und ob Sabine einen Schleier trägt. Meine Mutter hat ihren nämlich aufbewahrt, aber Sabine wollte ihn nicht.«

Caro seufzt.

»Oh, oh, oh. Ich will auch keine Kutsche. Und einen Schleier finde ich albern.«

»Na, wenn wir doch auf dem Leuchtturm heiraten, dann werden wir um die Kutsche durch das Watt nicht herumkommen. Oder willst du auf Gummistiefeln zum Altar waten ?«

»Auch keine schlechte Idee, dann erledigt sich der Schleier von selbst. Der passt bestimmt nicht zu den Gummistiefeln.«

Schleier ? Gummistiefel ? Versteh ich alles nicht. Ich hoffe nur, dass die Leuchtturmnummer nicht wieder ernsthaft zur Diskussion steht. Ich sehe keinen Sinn darin, die Gästeliste bei den Menschen möglichst kurz zu halten, nur damit dann lauter verrückte Schafe an der Zeremonie teilnehmen.

Am nächsten Morgen übernimmt eine sehr gut gelaunte Hedwig unseren Henri, und Caro und ich dackeln ab in die Werkstatt. Über die Hochzeit haben die beiden Damen nicht mehr gesprochen, und ich frage mich, ob sie tatsächlich einen gemeinsamen Nenner finden werden. Halte ich für eher ausgeschlossen, aber bei Menschen weiß man ja nie.

»Guten Morgen, ihr zwei !«, begrüßt uns Daniel fröhlich, als wir in den Werkraum kommen. »Das war ein ausgesprochen netter Nachmittag gestern – vielen Dank ! Ich war so schlecht gelaunt, als ich beim Bäcker ankam. Wenn mich Luisa nicht eingesammelt hätte, wäre das ein echter Scheißtag geworden. Dieser Swami geht mir mittlerweile so auf den Keks …«

Caro stellt ihre Tasche ab und zieht ihren Stuhl neben Daniels Werkbank.

»Ich fand es auch sehr schön. Allerdings hatten wir abends noch eine Riesendiskussion mit Hedwig über die Ausmaße unseres Festes. Ich glaube, sie würde am liebsten jeden einladen, den sie kennt. Einerseits finde ich es natürlich schön, dass sie sich so freut, andererseits möchte ich keine Mammutveranstaltung.«

»Verstehe. Ich freue mich übrigens total, dass Marc mich gebeten hat, sein Trauzeuge zu werden. Als ich von der Hochzeit gehört habe, war ich im ersten Moment schon ein bisschen angefasst. Aber das hat sich Gott sei Dank schnell geklärt – dass Marc warten wollte, bis er mich mal unter vier Augen erwischt, ist ja klar … Nee, echt prima. Ich bin mir bei Marc immer nicht so ganz sicher, ob ihm unsere enge Freundschaft nicht manchmal suspekt ist, aber dann ist die Sorge doch völlig unbegründet. Klasse !«

Caro murmelt nur Ja, ja und Ich hol uns mal ’nen Kaffee. Von Marcs Freund Georg sagt sie nichts. Dann verschwindet sie in der Küche, um kurz darauf mit zwei Bechern zurückzukehren, von denen sie einen Daniel in die Hand drückt.

»Wer wird eigentlich dein Trauzeuge ?«, will der wissen.

»Nina. Ich habe sie schon gefragt. Sie hat gesagt, sie macht es gern – ich hoffe, das stimmt immer noch.«

»Wieso soll das nicht mehr stimmen ? Mit Marc hat sie doch ihren Frieden gemacht, oder ?«

»Klar, das meine ich auch nicht. Aber Nina hat gerade ziemlichen Liebeskummer, da ist die gedankliche Beschäftigung mit einer Hochzeit vielleicht nicht so passend.«

»Liebeskummer ?«, fragt Daniel erstaunt.

»Ja. Vielleicht auch eher Liebeschaos. Du hast das Drama am Freitag verpasst, oder ?«

»Welches Drama ?«

»Nina hatte Herrenbesuch, weil sie dachte, dass Alexander am Wochenende nicht da sei. Aber dann kam Alex überraschend wieder und …«

PPPFFFFF ! Bevor Caro ihren Satz zu Ende gesprochen hat, prustet Daniel seinen Schluck Kaffee fontänenartig über die Werkbank und bekommt einen Hustenanfall. Hoffentlich ist das nicht der Beginn einer Hundeallergie ! Caro nimmt ihm schnell den Becher ab und klopft ihm auf den Rücken. Noch ein paar Huster, dann hat sich Daniel wieder beruhigt.

»Nina hatte was ? Herrenbesuch ? Also einen Lover, und die beiden wurden von Alexander erwischt ? Ich fasse es nicht !«

»Tja«, pflichtet ihm Caro bei, »schön ist anders. Aber die Geschichte geht noch viel unglaublicher weiter. Offenbar hatte Nina in letzter Sekunde versucht, Sören, so heißt der Typ, in ihrer Kleiderkammer zu verstecken. Da saßen allerdings schon Herr Beck und Herkules. Und dann hat Sören einen Eins-a-Asthmaanfall bekommen, weil er Katzenhaarallergiker ist, und Alexander musste ihn vor dem Erstickungstod retten. Ist das nicht der Knaller ?«

Daniel lacht.

»Klingt wie etwas, an dem man sich die Filmrechte sichern sollte.«

»Nina fand es natürlich nicht so lustig, aber ich glaube, ihr Liebhaber hat es lebend überstanden.«

»Ja, hat er, da kann ich dich beruhigen. Wenn es der Typ ist, den ich meine – den habe ich heute früh im Treppenhaus gesehen. Groß, blond, schon ein bisschen älter.«

Genau ! Das ist Sören ! Ich fange an zu bellen. Die beiden betrachten mich erstaunt, dann grinst Daniel.

»Wenn das mal keine eindeutige Identifizierung war ! Sehr cool, Herkules. Du verstehst anscheinend jedes Wort. Kluges Hundchen ! Das bringt mich auf eine ganz andere Frage: Wieso saßen denn Herkules und Beck in Ninas Schrank ? Ihr hattet doch Freitagmorgen hier noch eine aufwendige Katerübergabe zelebriert.«

Caro zuckt mit den Schultern.

»Tja, das ist eines der ungelösten Rätsel dieses Universums. Die beiden müssen irgendwie bei uns abgehauen sein und dann durch die Katzenklappe zu Nina. Allerdings war es wirklich ein Riesenzufall, dass bei uns überhaupt eine Terrassentür aufstand. Normalerweise kontrolliert Marc das abends immer, aber diesmal hatte Luisa die Tür in ihrem Kinderzimmer geöffnet. Da müssen die beiden entwischt sein.«