Выбрать главу

Grrr, tatsächlich. Ich lag mit meinem komischen Gefühl von Anfang an richtig. Hedwig will mit Gewalt die Gästeliste für die Hochzeit aufstocken !

»Super, Oma – das ist eine richtig coole Idee ! Hochzeitseinladung per Facebook ! Dann wird es vielleicht doch noch ein richtig tolles, großes Fest und nicht so ’ne kleine popelige Feier.«

Luisa ist begeistert, ich bin es nicht. An die Hochzeit von dieser Stefanie erinnere ich mich mit Grausen. Nein, so etwas wollen wir sicher nicht. Und noch sicherer nicht mit Leuten, die nur im Computer unsere Freunde sind !

»Luisa, ich bin ganz deiner Meinung. Aber wie schaffe ich es, Papas Freunden Bescheid zu sagen, ohne dass er es merkt ? Das soll doch auch eine Überraschung werden.«

»Das ist doch ganz einfach. Wir legen dir einen Facebook-Account zu, Oma. Wir melden dich da an, und dann kannst du allen Freunden von Papa, die du dabeihaben willst, eine Einladung schicken. Ich glaube, ich kann dir von den meisten sagen, ob Papa sie wirklich kennt. Die fragst du dann, ob sie auch deine Freunde sein wollen, und dann lädst du sie ein. Kannst ja sagen, dass es geheim bleiben soll.«

»Puh. Ist das schwierig ? Schaffen wir das noch, solange Henri schläft ?«

»Klar. Kein Problem. Du musst dir nur einen anderen Namen ausdenken, sonst merkt Papa gleich, dass du auch auf Facebook bist. Der kriegt nämlich gezeigt, wenn irgendjemand so ziemlich dieselben Freunde hat wie er. Also, wie willst du heißen ?«

Hedwig überlegt.

»Wie findest du Romy Bardot ?«

»Hm, bisschen seltsam. Wie kommst du da drauf ?«

»Es ist eine Kombination aus Romy Schneider und Brigitte Bardot.«

»Kenn ich beide nicht. Aber ist auch egal, Hauptsache, Papa checkt nicht gleich, was Sache ist.«

»Findest du Brigitte Schneider besser ?«

Luisa nickt.

»Okay, dann nehmen wir Brigitte Schneider.«

Luisa sagt nichts, sondern beugt sich über den Computer und fängt an zu tippen. Nach einer Weile dreht sie sich wieder zu Hedwig-Brigitte.

»Fertig. Du hast jetzt ein Konto auf Facebook als Brigitte Schneider. Angemeldet bist du auf meine E-Mail-Adresse, aber die brauchst du nicht weiter. Jetzt schickst du allen Freunden von Papa eine Freundschaftsnachricht, erklärst kurz, wer du wirklich bist und dass du eine Überraschungshochzeitsfeier planst. Das finden die unter Garantie alle cool. Was allerdings gut wäre, wäre ein Foto für das Profilbild. Das kann ich eben mit meinem Handy machen und dann hochladen.«

Hedwig-Brigitte runzelt die Stirn.

»Na, aber dann erkennt mich dein Vater doch sofort.«

»Stimmt. Was könnten wir denn stattdessen nehmen ?« Forschend sieht sich Luisa im Wohnzimmer um, dann bleibt ihr Blick an mir hängen. »Oma, ich hab’s.«

ACHTZEHN

Dafür, dass Carolin eigentlich nur zur Arbeit will, donnert sie sich gerade ganz schön auf. Die Werkstatt ist normalerweise ein Fall für Jeans, T-Shirt und Pferdeschwanz. Anmalen tut Caro sich sonst auch nicht, aber jetzt steht sie schon eine ganze Zeit vorm Spiegel. Außerdem hat sie einen Rock an und eine Bluse. Sonderbar. So kenne ich sie eigentlich nur vor Abendterminen, wenn sie zum Beispiel mit Marc ins Theater geht. Ob das Theater ab und zu auch morgens aufmacht ? Ich bin mir nicht ganz sicher, was da so geschieht, aber aus Erzählungen reime ich mir zusammen, dass es eine ganz entfernte Ähnlichkeit mit dem Fernsehen haben muss. Menschen erzählen dort offenbar Geschichten für Menschen, die sich wieder andere Menschen ausgedacht haben. Oder so ähnlich.

Caro malt ihre Lippen nun mit einem besonders dicken Stift an, betrachtet sich noch einmal prüfend im Spiegel, dann kommt sie aus dem Bad, geht zur Garderobe und greift nach meiner Hundeleine.

»So, Hedwig ! Ich bin jetzt weg. Herkules nehme ich mit, dann kannst du mit Henri drinnen bleiben. Bei der Erkältung ist das wahrscheinlich am besten.«

Hedwig kommt aus Henris Zimmer in den Flur.

»Stört der Hund denn nicht ?«

»Nee, glaube ich nicht. Die haben selbst auch einen Hund. Ansonsten lasse ich ihn im Auto. Bis später !«

Wie ? Ich darf mit ins Theater ? Und dort gibt es auch Hunde ? Das ist ja interessant ! Ich hoffe, ich muss nicht davor im Auto warten, denn das verspricht spannend zu werden. Schnell wetze ich zur Tür. Nicht dass sich Caro das noch einmal anders überlegt.

Draußen ist ein warmer Frühlingstag – schade, dass wir offenbar mit dem Auto fahren. Ich hätte große Lust auf einen ausgedehnten Spaziergang. Aber so hüpfe ich schwungvoll auf den Beifahrersitz, als mir Caro die Tür öffnet. Hoffentlich dauert die Fahrt nicht so lang !

Sie dauert lang. Als ich gerade eingeschlafen bin, hält Caro endlich an.

»Wir sind da, mein Süßer. Ich bin gespannt, wie es dir gefällt. Ich war beim ersten Mal sehr beeindruckt.«

Sie steigt aus und öffnet meine Tür, ich recke und strecke mich kurz, dann springe ich aus dem Auto. Ich lande in einem Kiesbett und schaue erwartungsvoll nach oben. Wow – wir parken vor einem großen Gebäude, das ein bisschen an Schloss Eschersbach erinnert. Es hat ein Portal und Säulen und zwei Türme. Die sind zwar nicht ganz so hoch wie die von Schloss Eschersbach, aber auch ziemlich eindrucksvoll. Jedoch scheint es keinen richtigen Park zu dem Schloss zu geben, es ist zwar umgeben von einem größeren Platz, aber direkt hinter der ersten Baumreihe sind schon die Nachbarhäuser zu sehen. Für ein normales Haus ist es trotzdem ein echter Hingucker.

»Schön, oder ? Eine richtige Villa an der Elbchaussee, die hätte man doch selbst gern.«

Ja, ich könnte mir so ein Anwesen auch gut als Residenz für Carl-Leopold von Eschersbach vorstellen. Standesgemäß eben. Und wenn Elbchaussee bedeutet, dass hier auch irgendwo die Elbe ist, wäre mit Sicherheit der ein oder andere Elbspaziergang drin. Allerdings wundere ich mich langsam, wo die anderen Besucher des Theaters sind. Soweit ich weiß, ist Theater doch eher eine Gruppenveranstaltung – etwas, wo ganz viele Menschen hingehen. Außer uns ist jedoch weit und breit niemand zu sehen. Carolin scheint das nicht zu stören, zielstrebig geht sie auf das Portal zu. Na gut, sehen wir uns das Ganze mal aus der Nähe an.

Caro drückt die Klingel neben den Türflügeln des Portals, die Tür öffnet sich mit einem leisen Summen und gibt den Blick auf eine große Halle frei. Immer noch kein Mensch zu sehen. Dafür kann ich eindeutig einen Hund erschnuppern.

Am hinteren Ende der Halle sind mehrere Türen, eine davon wird nun geöffnet, und endlich kommt der erste Mensch zum Vorschein. Es ist eine Frau, ebenfalls gut gekleidet, vom Äußeren und der Bewegung her allerdings älter als Carolin.

»Hallo, Frau Neumann ! Ich freue mich, dass es heute geklappt hat !«

»Das war doch selbstverständlich, Frau Hohwenser. Ich hoffe, es ist in Ordnung, dass ich Herkules dabeihabe ?«

Die Frau lacht uns freundlich an.

»Klar, kein Problem. Da wird sich unsere Biene freuen. Kommen Sie beide rein !«

»Danke. Ich bin schon ganz gespannt, welche neuen Stücke noch dazugekommen sind. «

Aha ! Stücke ! Genau, davon hat Marc gesprochen: Theaterstücke. Dann sind wir wohl wirklich in einem Theater. Die Frau, die offenbar Hohwenser heißt, weist uns den Weg durch die Tür, hinter der ein Treppenhaus liegt. Der Hundegeruch wird stärker, und ich werde langsam ein wenig nervös.

Frau Hohwenser läuft die Treppe vor uns hoch und redet gleichzeitig mit Carolin.

»Mein Vater hatte zuerst überlegt, diesen Teil des Nachlasses in Süddeutschland zu behalten. Als er aber von meiner Idee der historischen Sammlung hörte, war er gleich begeistert. Die Lieferung ist gestern angekommen, ich bin schon ganz neugierig, was Sie dazu sagen.«

»Wenn die Stücke auch nur annähernd so gut erhalten sind wie der Rest der Sammlung, dann ist das eine ziemliche Sensation.«

Leute, nun macht es doch nicht so spannend für einen armen Dackel ! Wann geht es denn nun los mit dem sensationellen Theaterstück ?

Ein Stockwerk höher und eine weitere Tür später stehen wir in einem Raum, in dem es verdächtig nach altem Holz riecht. Fast wie in der Werkstatt. Ich bin enttäuscht. So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Gelegenheit, länger über diese Enttäuschung zu sinnieren, bleibt aber nicht. Denn aus der gegenüberliegenden Ecke des Raumes kommt nun tatsächlich ein anderer Hund auf mich zugestürmt. Ein anderer Dackel ! Genauer gesagt: eine Dackelin. Und was für eine: große braune Augen und langes, seidig glänzendes rotbraunes Fell. Mit anderen Worten – eine sehr attraktive Frau ! Natürlich nicht so schön wie Cherie, aber trotzdem ansehnlich. Es ist fast schade, dass mich andere Hündinnen so gar nicht als Frau interessieren, diese hier ist wirklich hübsch. Aber eben nicht Cherie.