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Sie springt vor mir hin und her und schleckt mir schließlich einmal über die Schnauze. Ah, das ist doch mal ein gebührender Empfang ! Ich stelle mich ganz dicht neben Biene und versuche, aus den Augenwinkeln Cheries Reaktion zu beobachten. Hoffentlich hat sie das auch alles gesehen !

»Biene, wie schön, dass du da bist ! Soll ich dir gleich mal alles hier zeigen ? Wir haben auch einen Garten, natürlich nicht so ein Riesenteil wie bei euch, aber nicht schlecht.«

Mittlerweile ist auch Cherie von ihrem Platz aufgestanden.

»Willst du mir deine neue Bekannte nicht mal vorstellen ?«

Täusche ich mich, oder klingt Cherie tatsächlich schon ein wenig zickig ? Grandios ! Die Beck’sche Strategie scheint zu verfangen.

»Oh, natürlich, entschuldige. Das ist Biene von der Harkortshöhe. Biene stammt aus einer extrem vornehmen Familie und wohnt in einer Art Schloss.«

Bei dieser Vorstellung schaut Biene schüchtern zu Boden.

»Ach, nun übertreib mal nicht. So toll ist es auch wieder nicht.«

»Doch, ist es – sei nicht so bescheiden ! Euer Garten ist ein Park, und der reicht bis zur Elbe. Toll ! Cherie wohnt hier im Haus in einer Studenten-WG.«

Cherie funkelt mich böse an, sagt aber nichts dazu.

»Was ist denn eine WG ?«, will Biene wissen.

»Ach, das ist, wenn sich mehrere Leute eine Wohnung teilen. Ist ganz praktisch, vor allem, wenn man nicht so viel Geld hat.«

»Interessant. Kannte ich gar nicht.«

»Kein Wunder – du bist ja gewissermaßen eine Tochter aus gutem Hause. Da gibt es das wahrscheinlich gar nicht. Komm, ich zeig dir den Garten.«

Als ich an Cherie vorbei zur Terrassentür laufe, knurrt sie mir ins Ohr: »Was soll denn das ? Bin ich etwa nicht aus gutem Hause ? Und überhaupt: Daniel ist nicht arm. Der hatte nur keine Lust mehr auf Yoga.«

Ich mache, was mir Beck geraten hat – Cherie ignorieren und einfach weiterlaufen. Biene folgt mir, und kurz darauf stehen wir im Garten.

»Ui, hier ist es aber auch schön.«

»Genau wie du«, versuche ich mich an einem Kompliment. Vielleicht ein bisschen klebrig, aber ich habe eben nicht viel Übung. Biene scheint’s nicht zu stören, die legt den Kopf schief und wedelt mit dem Schwanz.

»Gott, Herkules, schlimmer geht’s nimmer !« Cherie ist uns gefolgt und teilt Bienes Freude über meine Charmeoffensive nicht. »Das ist ja zum Fremdschämen !«, raunt sie mir zu.

Ich gebe mich unbeeindruckt und mache einfach weiter.

»Weißt du, Biene, heute ist ein ganz besonderer Tag für mich.«

»Ehrlich ?«

»Ja. Denn heute kann ich mein bescheidenes Heim endlich jemandem zeigen, der mir wirklich wichtig ist: nämlich dir !«

»Oh, danke, das ist aber nett !«, antwortet Biene artig, während Cherie im Hintergrund anfängt zu jaulen.

»Weiter hinten im Garten gibt es sogar einen Durchgang zu einem richtigen Park. Dort gibt es auch Kaninchen und Eichhörnchen – genau wie bei dir. Willst du mal sehen ?«

»Gern.«

Gemeinsam laufen wir zum hinteren Gartentörchen. Cherie folgt uns in sicherem Abstand. Die Pforte steht einen Spalt offen, sodass wir uns gar nicht erst durch die Latten quetschen müssen. Auf der anderen Seite des Zauns bleiben wir stehen, und Biene schaut sich um. Sie ist sichtlich beeindruckt.

»Wow – und das gehört alles zu eurem Haus ?«

»Ja, gewissermaßen schon«, übertreibe ich ein wenig.

»Nein, überhaupt nicht«, widerspricht Cherie, die schon wieder neben uns steht. »Das hier ist ein öffentlicher Park, in dem jeder spazieren gehen kann. Mit unserem Haus hat der rein gar nichts zu tun.«

Menno, was soll das denn ? Ich meine, natürlich will ich in Wirklichkeit Cherie eifersüchtig machen – wie ein Trottel will ich trotzdem nicht vor Biene dastehen.

»Ach so.« Biene klingt verunsichert. Ich glaube, Cherie ist ihr nicht geheuer. »Aber schön ist er trotzdem. Wollen wir ein bisschen herumlaufen, Herkules ?«

»Gern.« Ich überlege einen kurzen Augenblick, ob ich mich traue, richtig cool zu sein – und dann drehe ich mich zu Cherie und sage es einfach: »Tschüss, Cherie, wir sehen uns später.«

Uff, es ist raus. Cherie schaut mich völlig fassungslos an, dreht sich um und trottet wieder in unseren Garten. Jaul, hoffentlich habe ich es mit der Taktik nicht übertrieben !

Nachdem ich Biene meine Lieblingsecken im Park gezeigt habe, traben wir wieder in die Werkstatt zurück. Normalerweise wäre ich so lange geblieben, bis Caro am Zaun aufgetaucht wäre und nach mir gerufen hätte. Aber obwohl der kleine Ausflug mit Biene viel Spaß gemacht hat, fühle ich mich nicht ganz wohl in meinem Fell. Ich komme mir vor wie ein Lügner oder jedenfalls wie ein Schauspieler, und das behagt mir nicht.

Cherie liegt auf ihrer Decke neben Daniels Werkbank und würdigt uns keines Blickes, als wir wieder reinkommen. Das ist bestimmt ein Zeichen dafür, dass der Trick funktioniert, und ich sollte über den Dingen stehen – trotzdem gibt es mir einen Stich. Sie ist sauer auf mich, ein Zustand, mit dem ich nicht gut umgehen kann. Hoffentlich hat Herr Beck wirklich recht mit seiner These, und ich bin auf dem besten Weg in ihr Herz. Fühlt sich gerade gar nicht so an.

Biene hingegen ist bestens gelaunt. Sie ist fröhlich, weil wir fast ein Eichhörnchen geschnappt haben, und stolz, mit mir zusammen einen Kaninchenbau ausgehoben zu haben. Ohne Kaninchen zwar, aber mit jeder Menge Spaß. Wir sind noch dreckiger als bei unserem Ausflug an die Elbe, und ihr Frauchen schlägt die Hände über dem Kopf zusammen, als sie uns sieht.

»Du liebe Güte, Frau Neumann, schauen Sie mal, die beiden sehen schlimm aus. Biene verdreckt Ihnen die ganze Werkstatt – das ist mir aber unangenehm !«

Carolin lacht.

»Das muss es nicht sein. Wahrscheinlich hat Herkules mal wieder den Jagdhund raushängen lassen, und die beiden waren verbotenerweise im Park und haben hinter Kaninchen hergebuddelt. Ich muss das hintere Grundstück echt besser sichern, irgendwann kriege ich sonst garantiert richtig Ärger.«

Sie beugt sich zu mir herunter und krault mich unten am Hals.

»Herkules, du weißt doch, dass du das nicht darfst ! Aber war bestimmt schön, oder ?«

Daniel dreht sich mit einem Grinsen zu Caro.

»Da siehst du mal, wie gut erzogen mein Hund ist. Wohnt noch keinen Monat hier und weiß schon, dass er im Park nichts zu suchen hat. Vorbildlich !«

Von wegen, wenn der wüsste ! Cherie wäre bestimmt auch gern mitgekommen. Der Blick, den sie mir jetzt zuwirft, sorgt jedenfalls dafür, dass sich mir die Nackenhaare aufstellen. Wuff, sie ist richtig wütend !

Das Telefon klingelt, und Daniel geht ran.

»Carini, hallo. Frau Neumann ? Ja, die ist da. Moment.« Er reicht Caro den Hörer. »Ist für dich. Das Standesamt Altona.«

»Neumann. Genau.« Sie lauscht und fängt an zu lächeln. »Oh, das ist ja toll. Richtig. Am 15. Juni, 14 Uhr. Passt super. Danke, dass Sie an uns gedacht haben.« Sie greift nach einem Blatt auf ihrer Werkbank und wedelt mit der Hand, Daniel gibt ihr einen Stift. »Ja, habe ich notiert. Machen wir gleich heute noch. Okay, da rufe ich an.« Kurze Pause. »Ja. Super ! Vielen, vielen Dank ! Tschüss.«

Kaum liegt der Hörer wieder auf dem Tisch, schon macht Caro einen Luftsprung.

»Hurra ! Endlich mal gute Neuigkeiten in Sachen Hochzeit ! Das war das Standesamt Altona – da hat eben ein Paar seinen Samstagstermin abgesagt. Und weil ich erst gestern dort angerufen hatte, konnte sich der Beamte noch an mich erinnern und hat Bescheid gesagt. Und jetzt haben wir den Termin. Klasse, oder ?«

Daniel nickt, Frau Hohwenser lächelt.

»Ach, Sie wollen heiraten ?«

»Ja, schon in drei Wochen. Aber ehrlich gesagt ist bei unseren Vorbereitungen so einiges schiefgegangen. Wir haben nämlich überraschend einen Wedding-Planer an Bord bekommen, und seitdem ist unser Fest nicht mehr ganz so, wie wir uns das eigentlich vorgestellt haben.«

»Einen Wedding-Planer ?« Frau Hohwenser klingt erstaunt. »Ich dachte immer, den muss man extra engagieren. Wie kann man denn überraschend an den geraten ?«