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Kein Wunder. Menschliche Musik klingt in meinen Ohren meistens schlimm. Getoppt wird dies nur von dem Geräusch, das entsteht, wenn Daniel und Caro ihre neu gebauten Geigen stimmen. Das geht dann wirklich durch Mark und Bein. Schauderhaft !

»Was genau singt Daniel denn so ?«

Beck bläst die Backen auf, was sehr seltsam aussieht.

»Keine Ahnung. Es ist auf jeden Fall keine Sprache, die ich kenne. Es kommt ziemlich viel Ooohhmm drin vor.«

»Ooohhmm ?«

Beck nickt.

»Genau. Sagt dir das was ?«

Ich schüttle den Kopf.

»Nee. Nie gehört.«

»Hm. Dachte ich mir. Wenn selbst ich es nicht kenne …«

Wuff ! Das ist ja nun wieder typisch Beck. Er kann einfach nicht anders, als auf dicke Hose zu machen. Okay, er hat mehr Jahre auf dem Buckel als ich, aber ein unerfahrenes Schoßhündchen bin ich ja nun auch nicht. Ein Schoßhündchen sowieso nicht, aber auch unerfahren bin ich nach meinen Jahren bei Caro nicht mehr. Ich bin mir sicher, dass ich mittlerweile viele Dinge kenne, von denen wiederum Beck noch nie gehört hat. Ooohhhm !

»Also, Cherie war demnach in letzter Zeit auch nicht da ?«, wechsle ich das Thema elegant hin zu den wirklich wichtigen Dingen.

»Nein. Ich habe sie jedenfalls nicht gesehen. Wobei – einmal hatte sie Daniel dabei. Von Claudia keine Spur, aber Cherie lag in der Werkstatt. Ich konnte sie durch das Terrassenfenster sehen.«

Mein Herz macht einen Sprung. Wie immer, wenn Cheries Name fällt. Wobei das in letzter Zeit unerfreulich selten ist.

»Wie sah sie aus ?«, will ich von Beck wissen.

»Immer noch wie ein Hund. Warum ? Hast du Grund zu der Annahme, sie könnte sich über Nacht in eine Katze verwandeln ?«

Ha, ha, sehr lustig, der fette Kater. Witze auf Kosten anderer gehören eindeutig zu seiner Spezialität.

»Du weißt genau, was ich meine«, schnaube ich empört.

Beck kichert.

»Klar weiß ich das. Gut: Sie sah noch genauso überirdisch schön aus wie immer. Wenn ich ein Hund wäre, ich hätte mich sofort verliebt.«

»Ja und sonst ? Ging es ihr gut ? Wirkte sie fröhlich ?«

»Wie ich eingangs schon erwähnte: Ich habe sie durch das Terrassenfenster gesehen. Es mag an meinem biblischen Alter liegen, aber auf diese Entfernung konnte ich ihren Gemütszustand nicht erkennen.«

Was frage ich den dicken Kater überhaupt ? Wahrscheinlich hätte er nicht erkannt, wie es Cherie geht, wenn er Nase an Nase vor ihr gestanden hätte. Das Gegenteil von mitfühlend ? Klarer Falclass="underline" Herr Beck ! Der sollte auch mal bei diesem Sammy oder Swami oder wie der heißt an seinem Herzchakra arbeiten. Jawoll ! Wobei – manchmal frage ich mich, ob der Kater überhaupt ein Herz hat. Ein großes kann es jedenfalls nicht sein. Sonst wüsste er doch, wie nah das Thema Cherie seinem besten Freund noch geht, und wäre dabei etwas zartfühlender unterwegs. Mir entfährt ein tiefer Schnaufer.

»Alles okay, Herkules ?«

»Von einem wahren Freund würde ich mir etwas mehr Mitgefühl erwarten.«

Jetzt ist es an Beck zu schnaufen.

»Herkules, ich habe Mitgefühl. Das ändert aber leider an der Tatsache nix, dass du bei Cherie nicht recht von der Stelle kommst. Also, entweder, du unternimmst irgendwann noch einmal einen entschiedenen Versuch in ihre Richtung – oder du schlägst sie dir endgültig aus dem Kopf. Alles dazwischen ist Unsinn, und da bringt dich auch mein Mitgefühl nicht weiter.«

Pah ! So eine Frechheit ! Jetzt tue ich mir aber mal richtig selbst leid. Ich weiß zwar, dass ich vermutlich ein wenig übertreibe, aber gerade in diesem Moment geht mir Herr Beck echt auf den Zeiger. Wenn es um Cherie geht, bin ich eben empfindlich. Da will ich Trost, nicht Wahrheit ! Blöder, gemeiner Kater !

Vielleicht ist es an der Zeit, sich neben Herrn Beck mal nach anderen Freunden umzuschauen. Es wird doch irgendwo in der näheren Umgebung noch andere Haustiere geben, die an der tiefen Freundschaft mit einem niveauvollen Dackel interessiert sind. Na gut, Dackelmix. Mein neuer Freund sollte demnach besser kein Snob sein. Ich überlege, welche anderen Haustiere hier im Umkreis noch wohnen. Leider fällt mir auf Anhieb nur ein einziges Tier ein, das seinen festen Wohnsitz auch in diesem Haus hat: der Wellensittich von Frau Müller.

VIER

Klasse !« Luisa klatscht begeistert in die Hände. »Ich will auf alle Fälle Blümchen streuen ! Das wollte ich schon immer mal machen !«

Marc lacht und streicht seiner Tochter zärtlich über den Kopf.

»Also, ich bin mir nicht sicher, ob wir das Fest so feiern, dass ein Job für ein Blumenstreumädchen dabei rausspringt. Ich glaube, Caro und ich wollen nur eine kleine, persönliche Feier. Nur mit dir und Henri, den Trauzeugen und den Omas und Opa.«

»Oh.« Luisa klingt sehr enttäuscht. Warum nur ? Ich finde nach wie vor, dass das eine ausgesprochen gute Botschaft ist. »Heißt das auch, dass Caro gar kein richtiges Brautkleid anzieht ?«

Marc zuckt mit den Schultern und schaut hilflos zu Carolin hinüber.

»Weiß nicht. Schatz, heißt es das ?«

Caro lächelt.

»Klar ziehe ich ein Brautkleid an. Vielleicht nicht weiß und mit Schleppe und Schleier. Aber auf alle Fälle ein schönes Kleid.«

Luisa schüttelt den Kopf.

»Dann ist es doch kein richtiges Brautkleid ! Dann ist es einfach irgendein Kleid. Und die Hochzeit ist dann keine Hochzeit, sondern irgendeine Feier.«

»Nun komm, Spatzl, sei nicht so enttäuscht«, tröstet sie Marc, »wir wollen eben nur mit den Menschen feiern, die uns ganz wichtig sind. Deswegen ist uns die Hochzeit selbst aber nicht weniger wichtig. Und es wird bestimmt trotzdem eine ganz tolle Feier. Du wirst schon sehen, wir überlegen uns etwas ganz Besonderes.«

Genau. Ein Spitzenplan, der meiner Meinung nach unbedingt auch die vierbeinigen Familienmitglieder umfassen sollte. Wenn ich schon diesem ominösen Georg als Trauzeuge weichen muss, will ich wenigstens bei der Party dabei sein. Während sich Luisa maulend in ihr Zimmer verzieht, bleibe ich noch ein bisschen bei Marc und Caro in der Küche. Vielleicht erfahre ich ein paar Details über das geplante Fest ?

»Oh, oh – da war jetzt aber eine gar nicht glücklich über unsere Hochzeitspläne im kleinen Kreis«, seufzt Marc und setzt sich zu Caro an den Küchentisch.

»Tja, das tut mir natürlich leid. Aber es ist ja in erster Linie unsere Hochzeit. Und ich finde, wir sollten sie genau so feiern, wie wir wollen. Nicht so, wie die anderen es erwarten.«

Ein sehr interessantes Konzept. Ich kenne mich mit menschlichen Feiern natürlich nicht so wahnsinnig gut aus. Zumindest bei der einzigen großen Feier auf Schloss Eschersbach, die ich selbst miterlebt habe, ging es jedoch eindeutig darum, die Erwartungen der Gäste zu erfüllen. Der junge Graf von Eschersbach hatte eingeladen, und ich würde sagen, dass diese Feier sogar ausschließlich für die Gäste veranstaltet wurde. Unsere Köchin Emilia und das andere Hauspersonal waren schon Tage vorher im absoluten Alarmzustand, weil der junge von Eschersbach eine fünf Meter lange Liste geschrieben hatte, die für das Fest abgearbeitet werden musste. Die Hecke wurde geschnitten, das Portal frisch gestrichen, der Rasen gemäht und überall Laternen befestigt, dazu wurden ganze Wagenladungen mit den leckersten Speisen zubereitet: Ich fresse einen Besen, wenn dieser ganze Aufwand nicht vor allem für die Gäste getrieben wurde. Die Hecke hatte doch vorher auch niemanden gestört. Der junge Eschersbach wollte also eindeutig feiern, um seine Gäste zu beeindrucken. Das hatte auch sein Vater so gesehen – der Alte hatte sich damals sehr über das Fest aufgeregt. Die ganze Veranstaltung sei neureicher Kram. Ich weiß zwar nicht, was neureicher Kram ist, aber es war klar, dass der Alte die Feier für Angeberei hielt.

Vom Feiern mal ganz abgesehen: Nach meiner Dackellebenserfahrung ist es den meisten Menschen schon sehr wichtig, was wiederum andere Menschen von ihnen denken. Und das geht schon bei den kleinen Menschen los: Luisa zum Beispiel hat seit Kurzem nur noch bestimmte Sachen an. Die müssen aus einem besonderen Laden sein, sonst weigert sie sich, die anzuziehen. Dabei ist es in diesem Laden ganz dunkel, es ist fast unmöglich zu beurteilen, was man da gerade kauft. Ich weiß, wovon ich rede, denn Luisa hat mich einmal mitgeschleift. Ein Höllenlärm herrschte dort noch dazu, mir sind fast die Ohren abgefallen. Trotzdem müssen Luisas Klamotten unbedingt aus diesem Geschäft sein, etwas anderes will sie nicht mehr tragen. Oma Hedwig war neulich an einem Ort namens Teneriffa und hat als Geschenk ein T-Shirt von dort mitgebracht. Als Luisa es anziehen sollte, hat sie die Augen verdreht und verkündet, dass sie so etwas Uncooles niemals zur Schule anziehen würde. Da würden sich ja alle schlapp lachen. Oma Hedwig war tödlich beleidigt, aber das war Luisa egal. Markenwahn hat Hedwig das genannt und gesagt, dass es das zu ihrer Zeit nicht gegeben hätte. Das glaube ich aber nicht ganz, bestimmt gab es damals auch schon Sachen, mit denen man seine Mitmenschen beeindrucken konnte.