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„Sie meinen also wirklich, ich soll das Zeug, das diese Riesenkuh gefressen hat, noch einmal einpflanzen, damit das blöde Vieh glaubt, es sei natürlich gewachsen?“ unterbrach Hardin ihn an einer Stelle. „Was glauben Sie eigentlich, wer ich bin? Und wieviel frißt dieses Monster eigentlich?“

Conway nannte ihm daraufhin die Zahlen, die er ermittelt hatte.

„Dreieinhalb Tonnen Palmenblätter pro Tag!“ brüllte Hardin, wobei er praktisch den Schreibtisch erklomm. „Und zarte, grüne Schößlinge für unser kleines Leckermäulchen. du meine Güte! Und dann heißt es immer, Ernährungslehre sei eine exakte Wissenschaft — exakt dreieinhalb Tonnen Grünzeug, sonst nichts! Daß ich nicht lache.!“

An diesem Punkt angelangt, verließen sie Hardin. Conway wußte jetzt, daß alles wie gewünscht verlaufen würde, weil der Wissenschaftler keinerlei Anstalten gemacht hatte, entgegenkommend zu sein.

Dem VUXG versicherte Conway, daß Hardin zur Zusammenarbeit gern bereit sei, auch wenn sich dies ganz anders angehört hatte. Wie die anderen beiden sei auch er begeistert, helfen zu können.

Arretapec antwortete diesbezüglich nur, daß sich Angehörige derart unreifer und kurzlebiger Spezies anscheinend von Natur aus hin und wieder wie Wahnsinnige gebärden müßten.

Es folgte ein zweiter Besuch bei ihrem Patienten. Dieses Mal nahm Conway einen G-Gürtel mit, um von Arretapecs Teleportationskünsten unabhängig zu sein. Sie schwebten über dem riesigen, wandernden Berg aus Fleisch und Knochen und umkreisten ihn, aber Arretapec berührte das Tier dabei nicht einmal. Nichts geschah, nur daß sich der Patient wieder aufgeregt gebärdete und Conway in regelmäßigen Abständen einen Juckreiz tief im Ohr verspürte. Er warf einen kurzen Blick auf die in seinen Unterarm implantierte Kontrollskala, um zu sehen, ob sich irgendein Fremdkörper in seinem Blutkreislauf befand, aber sämtliche Werte waren normal. Vielleicht reagierte er ganz einfach auf Dinosaurier allergisch.

Zurück im eigentlichen Hospital stellte Conway fest, daß ihm vom immer häufigeren und ausgiebigeren Gähnen bereits der Unterkiefer weh tat. Erst jetzt wurde ihm klar, was für einen schweren Tag er gehabt hatte. Der Begriff Schlaf war Arretapec zwar völlig fremd, aber der ET-Arzt hatte keine Einwände, daß Conway sich etwas Ruhe gönnte, wenn diese für sein körperliches Wohlbefinden denn unbedingt notwendig war. Conway versicherte ihm daraufhin mit Nachdruck, daß dies sehr wohl der Fall sei, und begab sich auf dem schnellsten Weg in sein Zimmer.

Eine Weile beunruhigte ihn die Frage, was er mit Dr. Arretapec anstellen sollte. Der VUXG war eine wichtige Persönlichkeit, und er konnte ihn nicht einfach in einem Schrank oder in irgendeiner Ecke abstellen, selbst wenn sich das kleine, aber robuste Wesen in noch unwirtlicheren Umgebungen wohl gefühlt hätte. Noch weniger konnte er ihn die Nacht über vor die Tür stellen, ohne die Gefühle des Arztes zu verletzen — wenigstens hätte er sich beleidigt gefühlt, wenn die Situation umgekehrt gewesen wäre. Er wünschte sich, O’Mara hätte ihm auch für dieses unvorhergesehene Ereignis Verhaltensmaßregeln gegeben. Schließlich setzte er den Alien auf dem Schreibtisch ab und dachte nicht weiter über das Problem nach.

Arretapec mußte die Nacht über tief in Gedanken versunken gewesen sein, denn am nächsten Morgen war ein fünf Zentimeter großes Loch in der Schreibtischplatte.

Am Nachmittag des zweiten Tages kam es zwischen den beiden Ärzten zu einem Streit — wenigstens empfand Conway es so; was allerdings ein „Superalien“ wie Arretapec von dem Vorfall hielt, wußten allein die Götter.

Es begann damit, daß Arretapec Conway aufforderte, sich absolut ruhig zu verhalten, als sich der VUXG wieder einmal in eine seiner Konzentrationsphasen begab. Mit der Erklärung, er könne sich in einer ruhenden Position besser konzentrieren, als wenn sich ein Teil seines Gehirns mit dem freien Schwebezustand beschäftigen müsse, hatte er wieder seinen alten Platz auf Conways Schulter eingenommen. Ohne einen Kommentar abzugeben, tat Conway, wie ihm befohlen, obwohl er eine Menge zu sagen gehabt hätte. Was fehlte dem Patienten nun wirklich? Was gedachte Arretapec dagegen zu tun? Und wie sollte überhaupt etwas unternommen werden, obwohl weder er noch Arretapec den Patienten jemals berührt hatten? Conway war in der schrecklich frustrierenden Position eines Arztes, der mit einem Patienten konfrontiert wurde, an dem er seine ärztliche Kunst nicht einmal demonstrieren durfte. Natürlich platzte er fast vor Neugier, und das beharrliche Schweigen Arretapecs reichte ihm allmählich. Dennoch gab er sich jetzt alle Mühe, sich ruhig zu verhalten.

Aber dann fing wieder dieses Jucken im Ohr an, und zwar schlimmer als je zuvor. Und so nahm er auch kaum die schlammigen Wasserfontänen wahr, die der Dinosaurier hervorstieß, als dieser sich aus dem seichten Wasser ans Ufer begab. Das penetrante und nicht zu lokalisierende Jucken wurde immer unbarmherziger, bis er sich mit einem wütenden Schrei gegen das Ohr schlug und dann wie rasend mit dem Finger darin zu bohren begann. Diese Aktion brachte ihm zwar augenblicklich die erhoffte Erleichterung, aber jemand anderem schien das offenbar nicht zu passen.

„Ich kann nicht arbeiten, wenn Sie so herumzappeln, Conway!“ protestierte Arretapec, wobei man nur an der Schnelligkeit seines Sprechens den emotionalen Gehalt der Wörter erkennen konnte. „Deshalb werden Sie mich jetzt auf der Stelle verlassen.“

„Ich hab nicht gezappelt!“ wehrte sich Conway aufgebracht. „Mein Ohr hat nur gejuckt und ich.“

„Ein Juckreiz, besonders wenn er Sie zu einer solch abrupten Bewegung veranlaßt, ist entweder ein Symptom für eine physische Erkrankung, die behandelt werden sollte“, unterbrach ihn der VUXG unbeeindruckt, „oder er wurde von einem parasitären oder symbiotischen Lebewesen verursacht, das ohne Ihr Wissen in Ihrem Körper haust.

Dabei hab ich ausdrücklich darauf hingewiesen“, fuhr Arretapec fort, „daß mein Assistent bei makelloser körperlicher Gesundheit sein muß und unter keinen Umständen einer Spezies angehören darf, die bewußt oder unbewußt Parasiten beherbergt. Sie müssen nämlich wissen, daß solche Spezies ganz besonders dazu neigen herumzuzappeln. Also können Sie jetzt auch meine Verärgerung verstehen. Wenn Sie sich nicht plötzlich bewegt hätten, wäre ich meinem Ziel vielleicht schon ein Stück nähergekommen. Deshalb gehen Sie jetzt lieber.“

„Also hören Sie mal, Sie. Sie hochnäsiger.“

Der Dinosaurier hatte genau diesen Augenblick gewählt, um wieder in das seichte Wasser zu stapfen, auszurutschen und den imposantesten Bauchklatscher aller Zeiten zu landen. Conway wurde vom aufspritzenden Matsch und Wasser von oben bis unten durchnäßt, und eine kleine Flutwelle schwappte ihm zusätzlich über die Füße. Diese Ablenkung hatte Conway gereicht innezuhalten. Und diese Unterbrechung gab ihm die Zeit, sich darüber klarzuwerden, daß er nicht persönlich beleidigt worden war. Es gab viele intelligente Spezies, die einen Parasiten beherbergten — einige davon waren sogar für die körperliche Gesundheit des Wirts notwendig, so daß die umgangssprachliche Floskel „Ich fühle mich lausig“ in deren Fall bedeutete „Mir geht es bestens“. Vielleicht hatte Arretapec ihn wirklich beleidigen wollen, doch war er sich dessen jetzt nicht mehr so sicher. Außerdem war der VUXG eine sehr wichtige Person.

„Und welchem Ziel wollten Sie sich so gerne nähern?“ fragte Conway etwas spöttisch. Er war zwar noch immer wütend, hatte sich aber zu dem Entschluß durchgerungen, den Stroit lieber auf beruflicher als auf persönlicher Ebene auszufechten. Nebenbei wußte er, daß der Translator den abfälligen Unterton seiner Worte herausfltern würde. „Also, was ist nun eigentlich Ihr Ziel? Und wie glauben Sie, es erreichen zu können? Etwa indem Sie — so stellt es sich jedenfalls für mich dar — den Patienten einfach nur pausenlos angucken?“