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O’Maras Gedankengang wurde durch das blecherne Tröten eines Nebelhorns unterbrochen. Er hatte mittlerweile Erfahrung genug, um an dem Geräusch zu erkennen, daß der Kleine schreckliche Angst hatte, und die relativ geringe Lautstärke zeugte außerdem von der zunehmenden körperlichen Schwäche des Alienbabies.

O’Mara benötigte dringend Hilfe, bezweifelte aber, jemanden zu finden, der ihm beistehen konnte. Caxton davon zu erzählen wäre sinnlos — der Sektionsleiter würde lediglich Pelling zu Rate ziehen, und Pelling war im Umgang mit hudlarischen Kindern weit weniger erfahren als O’Mara selbst, der sich in den letzten fünf Wochen zu einem regelrechten Spezialisten auf diesem Gebiet entwickelt hatte. Ein solches Vorgehen wäre nichts als Zeitverschwendung und würde dem Kind kein Stück weiterhelfen. Ganz unabhängig von der Anwesenheit eines Monitors würde Caxton höchstwahrscheinlich dafür sorgen, O’Mara hart zu bestrafen, weil dem Kind etwas zugestoßen war, da der Sektionsleiter die alleinige Verantwortung für den Gesundheitszustand des FROB bei ihm sehen würde.

Caxton mochte O’Mara einfach nicht. Niemand mochte O’Mara.

Wäre er bei den anderen am Projekt beteiligten Leuten beliebt gewesen, würde niemand auf die Idee kommen, ihm für die Krankheit des hudlarischen Kindes die Schuld zu geben, noch hätte man ihn so direkt und einmütig zum Alleinverantwortlichen für den Tod der Eltern des Babies gemacht. Aber er hatte sich einst dazu entschlossen gehabt, sich als ein ausgesprochen mieser Typ aufzuführen, und hatte nun allerdings fast zu viel Erfolg damit.

Möglicherweise war er ja wirklich ein Ekel, und ihm war die Rolle deshalb so leichtgefallen. Vielleicht war er durch den permanenten Frust, nie die Chance bekommen zu haben, den in seinem häßlichen, muskelbepackten Körper steckenden Verstand einmal wirklich einsetzen zu können, bereits so griesgrämig geworden, daß die Rolle, die er zu spielen glaubte, in Wirklichkeit sein wahres Ich war.

Hätte er sich doch nur aus der Geschichte mit Waring herausgehalten, denn nur deshalb waren alle wirklich sauer auf ihn.

Aber diese Gedankengänge brachten ihn jetzt auch nicht weiter. Die Lösung seiner eigenen Probleme bestand — zumindest teilweise — darin, sich zukünftig als verantwortungsbewußter, geduldiger und freundlicher Mensch zu erweisen, der auch all die anderen Eigenschaften besaß, die bei seinen Mitmenschen Respekt hervorriefen. Um damit Erfolg zu haben, mußte er als erstes beweisen, daß man ihm die Pflege eines Babies anvertrauen konnte.

Er fragte sich plötzlich, ob der Monitor ihm nicht weiterhelfen könnte; wenn auch nicht persönlich — man konnte von einem Psychologen des Monitorkorps kaum erwarten, sich mit hudlarischen Kinderkrankheiten auszukennen —, so doch durch seine führende Rolle in der Organisation. Als Polizei der Galaxis, als Mädchen für alles und allgemein höchste Autorität müßte das Monitorkorps binnen kurzem ein Wesen ausfindig machen können, das die notwendigen Antworten kannte. Aber ein solches Geschöpf wiederum würde mit höchster Wahrscheinlichkeit von Hudlar selbst stammen, wo die Behörden schon längst von der kritischen Lage des Waisenkinds informiert worden waren. Wahrscheinlich war von dort bereits seit Wochen Hilfe unterwegs, die noch eher eintreffen würde, als der Monitor sie jetzt anfordern könnte. Die Frage, ob die Hilfe rechtzeitig eintreffen würde, um das Kind noch zu retten, blieb allerdings nach wie vor offen.

Also lag das Problem nach wie vor bei O’Mara.

Etwa so schlimm wie Masern…

Aber Masern konnten bei einem menschlichen Baby sehr schlimme Folgen haben, wenn der kleine Patient in einem kalten Raum oder einer ähnlich unwirtlichen Umgebung aufbewahrt wurde. Obwohl die Krankheit selbst nicht tödlich war, konnte sie doch einen Organismus vernichten, dessen Widerstandskraft durch Krankheit oder Nahrungsmangel geschwächt war. Das Handbuch schrieb lediglich Ruhe und penible Sauberkeit vor, sonst nichts. Oder vielleicht doch? Jedenfalls ging man dort grundsätzlich von der Annahme aus, daß sich der betreffende Patient zur Zeit der Krankheit auf seinem Heimatplaneten aufhielt. Und unter diesen normalen Lebensbedingungen war die Krankheit wahrscheinlich wirklich harmlos und nur von kurzer Dauer.

In O’Maras Schlafkabine aber herrschten für ein hudlarisches Baby mit einer solchen Krankheit alles andere als normale Um Weltbedingungen.

Bei diesem Gedanken fiel ihm plötzlich die Antwort ein — hoffentlich nicht zu spät. Er sprang von der Couch und lief zum Spind hinüber, in dem die Raumanzüge hingen. Als er gerade in das strapazierfähigste Modell stieg, summte der Kommunikator.

„O’Mara!“ wurde er von Caxtons Stimme angefahren, nachdem er sich gemeldet hatte, „der Monitor will mit Ihnen sprechen. Eigentlich war das erst für morgen geplant, aber.“

„Vielen Dank, Mister Caxton“, mischte sich eine ruhige, feste Stimme ein, die nach einer kurzen Pause fortfuhr: „Mein Name ist Craythorne, Mister O’Mara. Wie Sie wissen, wollte ich Sie eigentlich erst morgen treffen, aber ich konnte hier einige?jandere Arbeiten vorzeitig erledigen, wodurch ich schon mal Zeit für ein Vorbereitungsgespräch hätte.“

Einen dämlicheren Zeitpunkt hättest du dir auch nicht einfallen lassen können! dachte O’Mara wutschnaubend. Er schlüpfte ganz in den Anzug, ließ aber Handschuhe und Helm liegen. Anschließend machte er sich an der Frontplatte zu schaffen, hinter der sich die Instrumente für die Luftzufuhr befanden.

„…um die Wahrheit zu sagen“, fuhr die ruhige Stimme des Monitors fort, „ist Ihr Fall für meine eigentliche Aufgabe hier nur nebensächlich. Mein Auftrag lautet, für die Unterbringung und Verpflegung des in Kürze eintreffenden Hospitalpersonals zu sorgen. Außerdem soll ich unter allen Umständen eventuell auftretende Reibereien vermeiden, die bei der Ankunft dieser verschiedenen Spezies entstehen könnten. Zwar gibt es dabei eine Menge kniffliger Details zu beachten, aber im Augenblick bin ich frei. Außerdem bin ich neugierig auf Sie, O’Mara, und würde Ihnen gerne ein paar Fragen stellen.“

Was für ein raffinierter Mistkerl! dachte O’Mara, während er gleichzeitig feststellte, daß die Instrumente für die Luftzufuhr jetzt so eingestellt waren, um die von ihm gewünschten Bedingungen zu liefern. Er ließ die Frontplatte lose hängen und entfernte eine der Bodenfliesen, um an das darunter befindliche Schwerkraftgitter zu gelangen. Schließlich bemerkte er ein wenig abwesend: „Sie müssen schon entschuldigen, wenn ich während unseres Gesprächs arbeite. Caxton kann Ihnen erklären, warum.“

„Ich hab Mister Craythorne schon von dem Alienbaby erzählt“, fuhr Caxton dazwischen. „Und wenn Sie glauben, Sie könnten ihm etwas vorspielen, indem Sie jetzt die von Sorgen geplagte Mutter mimen, dann.“

„Ich verstehe.“, unterbrach ihn der Monitor ungeduldig, und an O’Mara gewandt, fuhr er fort: „Trotzdem möchte ich an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen, daß die Vorgehensweise, Sie zum Zusammenleben mit einem kleinen FROB gezwungen zu haben, nur unter dem Stichwort grausame und außergewöhnliche Bestrafung abgeheftet werden kann. Und für das, was Sie in den letzten Wochen durchmachen mußten, sollte man Ihnen zehn Jahre Ihrer Strafe erlassen — natürlich nur dann, wenn man Sie für schuldig befindet. Und jetzt möchte ich gerne wissen, mit wem ich überhaupt rede. Würden Sie bitte die Kamera einschalten?“

O’Mara wurde von der Geschwindigkeit überrascht, mit der die künstlichen Schwerkraftgitter von ein auf zwei Ge umschalteten. Seine Arme knickten förmlich unter ihm zusammen, und er schlug mit dem Brustkorb auf den Boden. Ein Schreckensschrei seines Schützlings im Nebenraum mußte das dabei verursachte Geräusch übertönt haben, denn seine Gesprächspartner ersparten sich irgendwelche Bemerkungen zu dem Vorfall. Als er sich schließlich auf die Knie stemmte, kam er sich wie ein alter Opa beim Liegestütz vor.