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«Robin hat uns auf Cayman eine Piper besorgt«, sagte er.

«Ich habe mich vergewissert, daß ich sie fliegen kann. Bist du dabei?«

«Wenn’s nicht zu teuer wird.«

«Von Geld redet keiner. Bist du innerlich bereit?«

«Ja.«

«Prima!«

Meine uneingeschränkte Zusage versetzte ihn in gute Laune.»Ich war mir sicher, daß du deshalb gekommen bist.«

«Warum liegt Robin so viel daran, daß wir durch Odin fliegen?«

Kris legte die hohe, blasse Stirn in Falten.»Die Beweggründe der Leute zu verstehen ist eher was für dich.«

«Ich fand dein Gedicht gut.«

Er schnitt eine Grimasse.»Du müßtest das Cape mal sehen. Du würdest im Leben nicht glauben, daß diese Betonplatten die Sprungbretter zum Mond waren.«

Es gab Zeiten, es gab Tage, an denen der zwischen Extremen pendelnde Kris in sich ruhte, nicht nur für die zwei Minuten, die er auf dem Bildschirm das Wetter ansagte, sondern auch sonst. Das war dann so, als ob der Pilot das Kommando behielt, nachdem das Flugzeug gelandet war. Am Abend der Cape-Canaveral-Verse wirkte er auf mich vernünftiger, als ich ihn außerhalb einer Flugzeugkanzel je erlebt hatte.

«Hast du Bell noch mal gesehen?«

«Wir haben uns am Telefon unterhalten.«

«Meinst du, sie heiratet mich?«

Ich schnaubte ungehalten durch die Nase.»Punkt eins«, sagte ich,»da fragst du besser sie.«

«Punkt zwei?«

«Reißt euch beide mal am Riemen. Zählt bis zehn, bevor ihr losbrüllt.«

Er dachte darüber nach und nickte.»Sag’s ihr auch, dann halt ich mich dran.«

Ich nickte. Ob sie es hinbekamen, schien mir bei beiden zweifelhaft, aber schon der Versuch war ein Fortschritt.

Mit der für ihn typischen Sprunghaftigkeit fragte er beiläufig:»Weißt du was über die Insel Trox?«

«Ehm. «Ich überlegte vergebens.»Möchte Bell dahin oder was?«

«Bell? Das hat mit Bell nichts zu tun. Mit Robin und Evelyn eher.«

«So?«sagte ich unbestimmt.»Noch nie davon gehört.«

«Anscheinend haben die wenigsten Leute schon mal davon gehört, aber was wäre denn, wenn Robin möchte, daß wir außer Odins Auge auch Trox anfliegen?«

Verwirrt sagte ich:»Und weswegen?«

«Ich glaube, es hängt mit seinen Pilzen zusammen.«

«Ach komm, Kris«, protestierte ich.»Für Pilze setze ich doch nicht mein Leben aufs Spiel.«

«Das setzt du nicht aufs Spiel. Was meinst du, wie viele Flugzeuge schon durch Hurrikans geflogen sind, um nützliche und wichtige Erkenntnisse zu sammeln, und fast nie ist eins auf der Strecke geblieben.«

Fast nie, dachte ich, das war unheimlich beruhigend.

«Aber was sollen die Pilze?«fragte ich.

«Robin hat kurz nach meiner Ankunft telefoniert«, erwiderte Kris,»das Gespräch hab ich zufällig gehört, und es ging um mich und vielleicht einen Freund, also dich, und um Odin und Pilze auf der Insel.«

«Hast du ihn nicht danach gefragt?«

«Na ja… noch nicht. Ich meine… ich will ihn nicht verärgern. Er lädt uns ein nach Cayman, und er trägt die Flugkosten.«

«Ich frage ihn«, sagte ich, und als wir nachher auf einen letzten Kognak friedlich beisammensaßen, tippte ich an, daß Bell mir von seinem Pilz- und Grasanbau erzählt habe und daß mich interessiere, wo Gras und Pilze am besten gediehen.

«In Florida«, antwortete er prompt.»Ich baue mein Gras im Sumpfland oben am Lake Okeechobee an. Das beste Feuchtanbaugebiet für Gras in den Staaten.«

«Und die Insel Trox hat auch jemand angeführt. Wo liegt die denn?«Ich fragte das ohne Nachdruck und ganz ruhig, spürte aber dennoch eine Anspannung und dann ein bewußtes Loslassen bei meinem Gastgeber.

«Trox?«Er ließ sich mit der Antwort Zeit. Er öffnete einen schweren, blanken Humidor aus Holz und beschäftigte sich umständlich mit dem Abschneiden und Anzünden einer Zigarre. Der innere Widerstreit äußerte sich in rhythmisch ausgestoßenen Rauchwölkchen. Ich saß gelassen da und blickte von der Terrasse auf das weite, stille Meer hinaus.

«Trox«, sagte Robin freundlich, als er sich sicher war, daß die Zigarrenspitze brannte,»ist eine der vielen kleinen Inseln, die aus dem Karibischen Meer ragen. Sie soll hauptsächlich aus Guano bestehen — auf gut Englisch also aus Vogelmist.«

«Dünger«, stimmte ich bei.

Er nickte.»Das hat man mir erzählt, aber ich war selbst noch nicht da. «Er nahm einen Zug, stieß den Rauch aus und meinte, Evelyn und er freuten sich sehr, Kris und mich im Haus zu haben, auch Kris’ Blick auf die Zukunft der Raumfahrt habe er interessant gefunden, und er sei wirklich gespannt, was Kris über die Begegnung mit Odin erzählen würde. Über die Insel verlor er kein Wort mehr. Ich versuchte noch einmal das Gespräch darauf zu bringen, aber da unterbrach er mich sofort und sagte einfach:»Denken Sie an Odin. Vergessen Sie Trox. Darf ich Ihnen nachschenken?«

Evelyn zog mich weg, wollte von mir wissen, wie die Sterne hießen; immer nur Wind im Sinn, das sei doch langweilig.

Am Ende des Abends kehrten Kris und ich in unsere farbenfrohen, typisch tropischen Zimmer zurück: leuchtende Stoffe, Korbsessel, weiß gefliester Boden, kreisender Deckenventilator, hübsches Bad nebenan, alles, was man brauchte, um sich wohl zu fühlen. Ich schlief so schnell ein wie am ersten Abend, wurde aber Stunden später halb wach und wunderte mich, wieso die Londoner Straßenlaternen keine Schatten an die Decke warfen wie sonst auch.

Miami… langsam klärte sich mein Kopf… Ich war am Sand Dollar Beach, der so hieß wegen der flachen, blütenähnlichen Schalen, die man am Strand finden konnte. Sanddollars waren Seeigel der Gattung Clypeasteroida… das hatte ich nachgesehen.

Ich knipste die Nachttischlampe an, stand auf, weil ich doch zu unruhig war, um weiterzuschlafen, tappte ins Bad und wieder hinaus, griff mir schließlich ein Handtuch, zog eine Badehose an, ging im Dunkeln durch das Haus, über die Terrasse und stieg in den angenehm kühlen Pool.

Robin Darcy, freundlich, aber geheimtuerisch, auffallend großzügig, hatte uns zu viel gegeben und zu wenig erzählt. Worauf zum Teufel ließen Kris und ich uns da ein? Auf eine Reise ohne Wiederkehr womöglich?

Mrs. Mevagissey, die mich vierundzwanzig Jahre lang durchgebracht hatte, war auf meine Einkünfte angewiesen. Das Geld für die Pflege durfte ich nicht aufs Spiel setzen. Nur die Pflegerinnen machten das Dasein für sie erträglich. Mein vorrangiges Ziel war, durch einen Hurrikan zu fliegen und heil nach Hause zu kommen. Erst danach kam, was Kris wollte, und erst danach, was Robin wollte.

Für mich war klar oder zumindest abzusehen, daß Odin sich recht schnell von Kategorie 3 zu Kategorie 5 auf der Saffir-Simpson-Skala hocharbeiten konnte, und Kategorie 5 hieß, daß seine Windgeschwindigkeiten jedes zu ihrer Messung aufgebotene Instrument zerstören würden. Daß Odin verheerende Sturmfluten auslösen würde, wo immer er ans Festland stieß; um sein Auge herum konnten die Winde Dauergeschwindigkeiten von 300 Stundenkilometern erreichen. und kleine Inseln, mit oder ohne Pilze, konnten überflutet werden und verschwinden.

Ich entspannte mich in dem abgekühlten Wasser und schwamm in gleichmäßigen Zügen Bahn um Bahn, ohne mich zu fordern. Mein Leben lang war Schwimmen der einzige Wettkampfsport gewesen, den auszuüben ich mir bei den bescheidenen Mitteln meiner Großmutter erlauben konnte. Trotzdem war ich mit sechzehn, siebzehn von den Schwimmbädern und olympischen Distanzen dann übergegangen zu Wettbewerben über längere Strecken und zum Surfen. Zu der Zeit, als Kris und ich in Florida waren, hatte das Wettschwimmen für mich viel an Reiz verloren, aber die Schultern und die lang geübte Technik waren mir geblieben.

In Gedanken ganz bei Hurrikan Odin und Trox, stieg ich nach einiger Zeit aus dem Pool und trocknete mich mit dem Rücken zum Haus ab.

«Hände hoch und keine Bewegung!«sagte mit gänsehauterregender Schärfe eine Stimme hinter mir.