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Robin selbst erschien, eingerahmt von einer Flügeltür, auf der anderen Seite der marmorgefliesten Diele. Er war ganz ruhig, keine Spur von der Aufregung, mit der man einen gerngesehenen Gast empfängt.

«Ja«, sagte er leise.»Perry Stuart. Doch, ich habe Sie erwartet. Vielleicht nicht heute abend, vielleicht morgen, aber erwartet schon. Wie sind Sie hergekommen?«

«British Airways und Hertz«, sagte ich.»Und Sie?«

Er lächelte schwach.»Kommen Sie herein«, sagte er.

«American Airlines und Frau.«

Ich trat in die Mitte der Diele und blieb unter dem brennenden Kronleuchter stehen. Geradeaus lag, wie ich mich erinnerte, das Wohnzimmer, dahinter die Terrasse, wo wir abends gesessen hatten, und dahinter der Pool. Das Zimmer, in dem ich geschlafen hatte, lag rechts von mir. Robin und Evelyn bewohnten unbekannte Regionen auf der linken Seite, wo sich auch die überdimensionale Küche befand und ganz am Ende das Zimmer von Kris.

«Also?«fragte Darcy.

Hinter mir entsicherte Evelyn unüberhörbar eine Pistole.

«Erschieß ihn nicht«, sagte Darcy seelenruhig.»Das wäre unklug.«

«Aber ist er nicht der —?«

«Ist er, aber tot nützt er uns nicht viel.«

Ich trug das neue weiße Hemd und dunkelgraue Hosen, aber nicht den edwardianischen Mantel und sah alles in allem so aus wie bei Caspar Harveys Sonntagsessen.

Robin wiederum, bürgerlich, rundlich, unscheinbar, Robin mit den schwachen Augen hinter der eulenhaften Brille sah aus, als wäre der gewerbliche Anbau von Rasenflächen, den er betrieb, sein ganzer Lebensinhalt.

Ich stand still unter dem Kronleuchter und dachte bei mir, wenn seine Neugier nicht so stark sein sollte, daß er mich am Leben ließ, hätte ich mich bös verrechnet. Nach einigen angespannten Augenblicken ging er an mir vorbei zu seiner Frau, und wenn ich auch ein unfreiwilliges Schlucken nicht ganz vermeiden konnte, gelang es mir doch, stillzuhalten und zu schweigen.

«Hm«, meinte er.»Unbeeindruckt von Schußwaffen. «Er stellte sich vor mich hin, hielt die Pistole locker in der Hand und nahm das Magazin heraus.»Was geht in Ihnen vor«, fragte er sichtlich interessiert,»wenn Sie nicht sicher sind, ob der nächste Augenblick vielleicht Ihr letzter ist? Ich habe Sie schon zweimal so regungslos erlebt.«

«Versteinerung«, sagte ich.»Furcht.«

Er zuckte mit den Lippen und schüttelte den Kopf.»Für mich nicht. Was zu trinken?«

Evelyn machte eine abwehrende Geste, aber Robin drehte sich um und ging ins Wohnzimmer, wo eine geöffnete Flasche Champagner neben vier Kristallgläsern stand.

«Da Sie gestern nacht in London vor mir weggelaufen sind«, sagte er zu mir, als ich hinter ihm her kam,»oder vielmehr heute früh, darf ich wohl annehmen, daß Sie gekommen sind, um sich zu entschuldigen und das herauszurücken, was Kris mir geben wollte.«

Ich kostete den Champagner, trocken, aber zu prickelnd. Ich setzte das Sektglas ab.»Davon sollten Sie vielleicht nicht ausgehen.«

«Er muß weg«, drängte Evelyn mit einem Blick auf ihre Armbanduhr.

Robin sah ebenfalls auf die Uhr und sagte mit einem Nicken zu Evelyn:»Klar, Liebes, du hast recht«, und zu mir:

«Können Sie morgen wiederkommen, um die gleiche Zeit?«

Es hörte sich nach einer ganz normalen Einladung an. Ich fragte mich, wer von uns beiden mehr hinterm Berg hielt und gutgläubiger aussah.

Evelyn komplimentierte mich sogleich zur Haustür. Robin, nach dem ich mich umdrehte, beobachtete meinen Abgang mit ausdruckslosen Augen. Was immer er mir sagen wollte, es ging nicht im Beisein seiner Frau.

Als die Tür hinter mir ins Schloß gefallen war, stieg ich draußen an der warmen Nachtluft wieder in den Mietwagen, fuhr damit zum nächsten noch belebten Einkaufszentrum, stellte ihn vor einem Großkino ab und ging zu Fuß das kurze Stück zurück zum Haus der Darcys.

Helles Licht beschien jetzt die Einfahrt und die massive

Tür. Ich wartete versteckt im dichten Grün auf der anderen Straßenseite, so nah wie möglich am Haus, und wußte, die erwarteten Gäste konnten Fremde sein, hoffte aber, nachdem Evelyn so gedrängt hatte, auf das Gegenteil.

Evelyn die Perlige hatte mit ihrer Armbanduhr wunderbar deutliche Signale gesetzt, und Robin mit den vier Sektgläsern hatte ihr darin nicht nachgestanden, doch sie hatten nur die halbe Geschichte erzählt. Als die Gäste kamen, empfingen Evelyn und Robin sie gemeinsam an der hell erleuchteten Tür.

Die Gäste, ein unverwechselbares Paar, waren Michael Ford und Amy. Evelyn und Robin begrüßten sie überschwenglich, und ihr Fahrer, ein Mann mit schwarzer Baseballmütze, stieg lautlos aus der langen Limousine, um nicht weit von da, wo ich mich versteckt hielt, ins Gebüsch zu tauchen und später dann zwischen den streifigen Schatten der Palmwedel umherzustreichen, ein Bodyguard, der zur Sicherheit seiner Arbeitgeber patrouillierte.

Der einzige Unterschied zwischen ihm und mir war, daß er bewaffnet war und ich nicht.

Der Bodyguard und Fahrer beendete einen seiner weitgehend unsichtbaren Rundgänge und blieb vor Darcys Einfahrt an der Straße stehen, direkt gegenüber meinem Versteck. Im hellen Sternenlicht lehnte er sich gegen einen Baum und steckte sich eine Zigarette an, und so hielt er dann durch nichts und niemanden beunruhigt Wache, und der süßliche Geruch brennenden Tabaks, der herüberwehte, war sein einziger Beitrag zur Abendunterhaltung.

Er und ich warteten zweieinhalb Stunden, bis Michael und Amy wieder herauskamen. Der Chauffeur setzte sich sogleich in Bewegung, um ihnen die Wagentüren zu öffnen und loszufahren, und ich, der immer noch mit steifen Gliedern dahockte, wollte gerade über die Straße zu Robin gehen, der von der Tür aus dem entschwindenden Wagen seiner Gäste nachblickte, da erschien Evelyn hinter ihm, legte ihm bittend die Hand auf die Schulter und zog ihn ins Haus.

Die Lichter drinnen erloschen nach und nach, bis es nur noch im Schlafzimmer hell war, und ich rechnete mir keine Chance aus, Robin in dieser Nacht noch allein zu erwischen. Evelyn war hinderlich und lästig.

Ihretwegen hatte ich viel Zeit damit vergeudet, mir die Blattformen Deckung bietender Sträucher Floridas einzuprägen, um dann lediglich das Kennzeichen des Besucherwagens mitzubekommen, der, was mich nicht weiter überraschte, auf Florida zugelassen war. Für Michael und Amy war die Villa auf Grand Cayman, wie ich später erfuhr, nur ein Wochenendhaus. Sie wohnten in einer ebenso großzügigen Villa nördlich von Miami.

Bis zu meinem Mietwagen war es zu weit, als daß ich Michael und Amy hätte verfolgen können, selbst wenn ich das gewollt hätte, aber ich brauchte Robin allein. Ich hatte nicht gewußt, daß Michael und Amy nicht in ihrem Haus auf Grand Cayman sein würden, und sie waren nirgends zu sehen, als ich zu dem eine Straße vom Strand entfernten Mittelklassehotel zurückkehrte, das ich mir als anonyme Bleibe ausgesucht hatte.

In dem einfachen, aber doch recht gemütlichen Zimmer dort schrieb ich einen langen Brief an Jett, in dem ich all die liebevollen Dinge zu Papier brachte, die ihr direkt zu sagen mir schwerfiel. Meine liebe Großmutter hätte ihr vielleicht zu bedenken geben können, daß ich mich schon dreimal verliebt und entliebt hatte, aber Jett war etwas Besonderes — und um diese Besonderheit zu definieren, sei nur gesagt, daß jemand, der Mycobacterium paratuberculosis Chand-Stuart X lieben konnte, so besonders war wie Pu-239.

Der Fernseher in meinem Zimmer sagte dem tropischen Sturm Sheila, der jetzt bei 16 Grad Nord, 79 Grad West über dem offenen Meer lag und weiterhin mit fünfzehn Stundenkilometern nach Nordwesten zog, ein kurzes Leben voraus. Eine Landkarte kam auf den Bildschirm, und für einen Ort namens Rosalind Bank wurde Sturmwarnung gegeben.