»Wer, zur Hölle, ist da?«
Für einen winzigen Augenblick vergaß der Kommandant seine starre Haltung. »Jawohl, Camerlengo.«, sagte er.» Correct, Monsignore... aber Sicherheitsfragen verlangen. selbstverständlich nicht. Ich habe sie hier eingesperrt, weil. Selbstverständlich, aber.« Er lauschte. »Jawohl, Monsignore«, sagte er schließlich. »Ich werde sie augenblicklich zu Ihnen bringen.«
Kapitel 39.
Der Apostolische Palast war eine Ansammlung von Gebäuden in der Nähe der Sixtinischen Kapelle und lag in der nordöstlichen Ecke der Vatikanstadt. Er beherrschte den Petersplatz und beherbergte sowohl die päpstliche Unterkunft als auch das Amtszimmer des Papstes.
Vittoria Vetra und Robert Langdon folgten dem Kommandanten schweigend durch einen lang gestreckten Rokoko-Korridor. Olivettis Halsmuskeln pulsierten vor Zorn. Sie marschierten drei Treppen hinauf und gelangten in eine breite, schwach erleuchtete Halle.
Langdon traute seinen Augen nicht, als er die Kunstwerke an den Wänden sah - fantastisch erhaltene Büsten, Wandteppiche, Friese - Arbeiten, die Millionen von Dollar wert waren. Als sie zwei Drittel des Weges durch die Halle hindurch waren, passierten sie einen Springbrunnen aus Alabaster. Olivetti bog nach links in einen Alkoven ein und blieb vor einer der größten Türen stehen, die Langdon jemals gesehen hatte.
»Ufficio di Papa«, erklärte der Kommandant der Schweizergarde und bedachte Vittoria mit einem vernichtenden Blick. Vittoria zuckte nicht mit einer Wimper. Sie drängte sich an Olivetti vorbei und klopfte.
Das Amtszimmer des Papstes, dachte Langdon. Er hatte Mühe zu begreifen, dass er unvermittelt vor einem der heiligsten Räume der Welt stand.
»Avanti!«, rief eine Stimme von drinnen.
Die Tür öffnete sich, und Langdon musste die Augen abschirmen. Das Sonnenlicht war blendend hell. Langsam kam der Raum vor ihm in Sicht.
Das Amtszimmer des Papstes sah eher nach einem Ballsaal
als nach einem Büro aus. Roter Marmor erstreckte sich zu allen Seiten bis zu Wänden voller lebendiger Fresken. An der Decke hing ein kolossaler Kronleuchter, und dahinter bot eine Reihe hoher Fenster einen atemberaubenden Ausblick auf den sonnenüberfluteten Petersplatz.
Mein Gott, dachte Langdon. Das nenne ich ein „Zimmer mit Aussicht.
Am anderen Ende des Saals, an einem geschnitzten Schreibtisch, saß ein Mann und schrieb hektisch etwas nieder. »Avanti!«, rief er erneut, legte seinen Stift ab und winkte sie zu sich.
Olivetti führte sie mit militärischer Steifheit nach vorn. »Monsignore«, sagte er entschuldigend, »no hopotuto...«
Der Mann winkte ab. Er stand auf und musterte seine beiden Besucher. Der Camerlengo war alles andere als einer jener zerbrechlichen, seligen alten Männer, die Langdon sich für gewöhnlich vorstellte, wenn er an den Vatikan dachte. Er trug weder einen Rosenkranz noch sonst einen Anhänger und auch keine schwere rote Amtsrobe. Stattdessen war er in eine einfache schwarze Soutane gekleidet, die seinen kräftigen Leib noch zu betonen schien. Er sah aus wie Ende dreißig, nach Vatikan-Maßstäben fast noch ein Kind. Sein Gesicht unter einem Schöpf unbändiger brauner Haare war überraschend hübsch, und seine grünen Augen strahlten, als erblickten sie sämtliche Geheimnisse des Universums. Als Langdon näher kam, bemerkte er jedoch die tiefe Erschöpfung darin - der Camerlengo sah aus wie ein Mann, der die anstrengendsten fünfzehn Tage seines Lebens hinter sich hatte.
»Mein Name ist Carlo Ventresca«, sagte er in perfektem Englisch. »Ich bin der Camerlengo des verstorbenen Papstes.« Seine Stimme klang bescheiden und freundlich.
»Vittoria Vetra«, stellte Vittoria sich vor und streckte dem Camerlengo die Hand entgegen. »Danke sehr, dass Sie uns
empfangen.«
Olivetti zuckte zusammen, als der Camerlengo ihre Hand nahm und schüttelte.
»Mein Begleiter ist Mr. Robert Langdon. Ein Kunsthistoriker von der Harvard University.«
»Padre«, sagte Langdon in seinem besten Italienisch und verneigte sich tief, während er dem Camerlengo die Hand entgegenstreckte.
»Nein, nein«, winkte der Camerlengo ab und bedeutete Langdon, sich wieder aufzurichten. »Das Büro Seiner Heiligkeit macht mich noch lange nicht zum Heiligen. Ich bin lediglich ein Diener - eine Art Haushofmeister, der in Zeiten der Not seinen Pflichten nachkommt.«
Langdon richtete sich auf.
»Bitte«, sagte der Camerlengo, »so setzen Sie sich doch.« Er schob ein paar Sessel zurecht. Langdon und Vittoria nahmen Platz. Olivetti zog es offensichtlich vor, stehen zu bleiben.
Der Camerlengo kehrte hinter den Schreibtisch zurück und setzte sich ebenfalls. Dann faltete er die Hände, seufzte und betrachtete seine Besucher.
»Monsignore«, sagte Olivetti, »die Kleidung dieser Frau ist meine Schuld. Ich.«
»Ihre Kleidung ist nicht das, was mir Sorgen bereitet«, unterbrach ihn der Camerlengo. Er klang zu erschöpft, um sich über Kleinigkeiten aufzuregen. »Was mir viel größere Sorgen bereitet, ist die Tatsache, dass die Telefonzentrale mich eine halbe Stunde vor Beginn des Konklave anruft, um mir mitzuteilen, dass eine Frau aus Ihrem Büro in der Leitung wartet, um mich vor einer großen Gefahr für Leib und Leben aller hier zu warnen, über die ich von Ihnen nicht informiert wurde. Das macht mir Sorgen!«
Olivetti stand stocksteif, den Rücken durchgedrückt wie ein
Soldat bei einer akribischen Inspektion. Langdon spürte die hypnotische Präsenz des Camerlengos. Trotz seiner Jugend und seiner Erschöpfung war der geistliche Würdenträger von einer geheimnisvollen Aura aus Charisma und Autorität umgeben.
»Monsignore«, setzte Olivetti erneut an. Sein Tonfall klang entschuldigend und unnachgiebig zugleich. »Sie sollten sich nicht mit Sicherheitsproblemen befassen. Sie haben andere Verantwortlichkeiten.«
»Ich bin mir meiner Verantwortlichkeiten durchaus bewusst, Herr Oberst. Ich bin mir auch bewusst, dass ich als Direttore intermediario verantwortlich bin für die Sicherheit und das Wohlbefinden aller Anwesenden bei diesem Konklave. Was geht hier vor, Oberst Olivetti?«
»Ich habe alles unter Kontrolle.«
»Offensichtlich nicht.«
»Vater«, unterbrach Langdon, indem er das zerknitterte Fax AUS der Tasche nahm und es dem Camerlengo reichte. »Sehen Sie hier, bitte.«
Oberst Olivetti machte einen raschen Schritt nach vorn und wollte einschreiten. »Vater, bitte kümmern Sie sich nicht um.«
Der Camerlengo nahm das Fax, ohne Olivetti zu beachten, und betrachtete es einen langen Augenblick. Als er das Bild des Ermordeten sah, atmete er erschrocken ein. »Was ist das?«
»Das ist mein Vater«, sagte Vittoria mit bebender Stimme. »Er war Priester und Wissenschaftler. Er wurde letzte Nacht ermordet.«
Das Gesicht des Camerlengos wurde augenblicklich sanft. Er sah Vittoria an. »Mein armes Kind. Es tut mir so Leid.« Er bekreuzigte sich und betrachtete erneut das Fax. Seine Augen verengten sich vor Abscheu. »Wer würde. und dieses Brandmal auf seiner.« Der Camerlengo stockte und untersuchte das Brandmal genauer.
»Es bedeutet Illuminati«, erklärte Langdon. »Ohne Zweifel sind Sie mit dem Namen vertraut?«
Ein merkwürdiger Ausdruck schlich sich auf das Gesicht des Camerlengos. »Ich habe den Namen schon das ein oder andere Mal gehört, ja, aber.«
»Die Illuminati haben Leonardo Vetra ermordet, um eine neue Technologie zu stehlen.«
»Monsignore!«, rief Olivetti dazwischen. »Das ist absurd! Die Illuminati sollen dahinter stecken? Es handelt sich ganz offensichtlich um einen sehr geschickt eingefädelten Schwindel!«