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Langdon warf Vittoria einen erstaunten Blick zu. Verschwundene Kardinale? Danach suchen die Gardisten also so hektisch!

»Sie werden unsere Bestandsliste recht überzeugend finden, denke ich. Wir haben da einen Kardinal Lamasse aus Paris, einen Kardinal Guidera aus Barcelona, Kardinal Ebner aus

Fankfurt.«

Mit jedem Namen, den der Anrufer nannte, schien Olivetti zu schrumpfen.

»Und aus Italien.« Der Anrufer zögerte, als empfände er beim letzten Namen besonderes Vergnügen.». Kardinal Baggia.«

Der Camerlengo sank zusammen wie ein Schiff, das mit vollen Segeln in eine Flaute rauscht. Seine Soutane flatterte, und er sank in seinen Stuhl zurück. »Il preferiti«, flüsterte er. »Die vier Favoriten. einschließlich Baggia. der wahrscheinlichste Nachfolger als Pontifex maximus. wie ist das nur möglich?«

Langdon hatte genug über neuzeitliche Papstwahlen gelesen, um den Ausdruck von Verzweiflung zu verstehen, der sich auf dem Gesicht des Camerlengos wider spiegelte. Obwohl rein technisch betrachtet jeder Kardinal unter achtzig Jahren zum Papst gewählt werden konnte, besaßen nur sehr wenige den Respekt, um sich im Verlauf des wilden Abstimmungsmarathons die notwendige Zweidrittelmehrheit zu sichern. Sie wurden preferiti genannt, und sie alle waren

verschwunden.

Schweißperlen bildeten sich auf der Stirn des Camerlengos. »Was haben Sie mit diesen Männern vor?«

»Was glauben Sie denn, was ich mit ihnen vorhabe? Ich bin ein Nachfahre der Hashishin.«

Langdon lief ein Schauer über den Rücken. Er kannte den Namen gut. Die Kirche hatte sich im Lauf der Jahrhunderte eine Reihe tödlicher Feinde gemacht - die Hashishin, die Templer, Armeen, die entweder vom Vatikan gejagt oder betrogen worden waren.

»Lassen Sie die Kardinale gehen«, sagte der Camerlengo. »Reicht nicht die Drohung, Gottes Stadt zu zerstören?«

»Vergessen Sie Ihre vier Kardinale. Sie werden sie nicht wiedersehen. Doch ich kann Ihnen versichern, dass man sich an ihren Tod noch lange erinnern wird. Millionen werden sich an sie erinnern. Der Traum eines jeden Märtyrers. Ich werde sie zu Lichtgestalten für die Medien machen. Einen nach dem anderen. Um Mitternacht werden die Augen der ganzen Welt auf die Illuminati blicken. Warum sollten wir die Welt ändern, während die Welt wegsieht? Öffentliche Hinrichtungen erwecken ein schauriges Interesse, meinen Sie nicht? Sie waren es schließlich, die das vor langer Zeit bewiesen haben. die Inquisition, die Folterungen der Templer, die Kreuzzüge.« Er verstummte. »Und natürlich la purga«, fügte er hinzu.

Der Camerlengo schwieg.

»Sie erinnern sich nicht an la purga?«, fragte der Anrufer. »Nein, selbstverständlich nicht. Sie sind ja noch ein halbes Kind. Priester sind außerdem schlechte Historiker. Liegt es vielleicht daran, dass sie sich ihrer Geschichte schämen?«

»La purga«, hörte Langdon sich sagen. »1686. Die Kirche hatte vier Wissenschaftler aus den Reihen der Illuminati mit dem Symbol des Kreuzes gebrandmarkt. Um sie von ihren Sünden zu läutern.«

»Wer spricht da?«, fragte der Anrufer. Er klang mehr fasziniert als besorgt. »Wer befindet sich sonst noch alles bei Ihnen, Cammerlengo?«

» Mein Name tut nichts zur Sache«, entgegnete Langdon mit weichen Knien und mühsam beherrschter Stimme. Mit einem lebendigen Illuminatus zu sprechen war höchst beängstigend für jemanden wie ihn. als spräche er mit George Washington. »Ich bin Akademiker und habe die Geschichte Ihrer Bruderschaft studiert.«

»Superb!«, sagte die Stimme. »Ich bin erfreut, dass es noch immer Menschen gibt, die sich der Verbrechen an uns erinnern.«

»Die meisten halten Ihre Bruderschaft für tot.«

»Eine Fehlinterpretation, an deren Zustandekommen die Bruderschaft hart gearbeitet hat. Was wissen Sie sonst noch über lapurga?«

Langdon zögerte. Was weiß ich sonst noch? Dass diese ganze Situation ein einziger Wahnsinn ist, das weiß ich! »Nach den Brandmarkungen wurden die Wissenschaftler ermordet und ihre Leichen in ganz Rom an öffentlichen Plätzen liegen Belassen, als Warnung an andere Gelehrte, sich nicht den Illuminati anzuschließen.«

»Genau. Wir werden das Gleiche tun. Quid pro quo. Betrachten Sie es als symbolische Vergeltung für unsere ermordeten Brüder. Ihre vier Kardinale werden sterben, jede Stunde einer, beginnend um acht Uhr heute Abend. Eine mathematische Progression des Todes. Um Mitternacht ist uns die Aufmerksamkeit der ganzen Welt gewiss.«

Langdon ging zum Telefon. »Sie haben allen Ernstes vor, diese vier Kardinale zu brandmarken und zu ermorden?«

»Die Geschichte wiederholt sich, oder nicht? Selbstverständlich werden wir eleganter zu Werke gehen als seinerzeit die Kirche. Sie hat im Geheimen gemordet und die Leichen auf die Straßen geworfen, als niemand zasah. Es war

sehr feige.«

»Was wollen Sie damit sagen?«, fragte Langdon. »Dass Sie diese vier Männer in der Öffentlichkeit brandmarken und töten wollen?«

»Sehr richtig. Obwohl es ganz davon abhängt, was Sie als Öffentlichkeit betrachten. Meines Wissens sind die Kirchen heutzutage nicht mehr so gut besucht wie noch vor einigen Jahren.«

Langdon ächzte erschrocken. »Sie wollen sie in einer Kirche ermorden?«

»Eine Geste der Barmherzigkeit. Dadurch kann Gott ihre Seelen schneller zu sich in den Himmel holen. Es scheint nur recht. Die Presse wird das Schauspiel genießen, könnte ich mir vorstellen.«

»Das ist ein Bluff!«, sagte Olivetti. Die kühle Arroganz war in seine Stimme zurückgekehrt. »Sie können nicht erwarten, einen Mann in einer Kirche zu ermorden und ungeschoren davonzukommen.«

»Bluff? Wir bewegen uns unter der Schweizergarde frei und ungehemmt wie Gespenster, entführen vier Kardinale vor Ihren Augen, platzieren eine tödliche Bombe direkt unter Ihrem heiligsten Schrein, und Sie halten das alles für einen Bluff? Sobald die Leichen gefunden werden, werden die Medien sich darauf stürzen. Um Mitternacht wird die ganze Welt wissen, wer die Illuminati sind und was sie wollen.«

»Und wenn wir in jeder Kirche Wachen aufstellen?«, entgegnete Olivetti.

Der Anrufer lachte. »Ich fürchte, die produktive Natur Ihrer Religion macht das zu einer undurchführbaren Aufgabe. Haben Sie in letzter Zeit nicht mehr nachgezählt? Allein in Rom gibt es mehr als vierhundert katholische Kirchen. Kathedralen, Kapellen, Schreine, Abteien, Klöster, Stifte, Pfarreien.«

Olivettis Gesichtsausdruck war eine Maske.

»In neunzig Minuten geht es los«, sagte der Anrufer. »Einer zu jeder vollen Stunde. Eine mathematische Progression des Todes. Jetzt muss ich auflegen.«

»Warten Sie!«, verlangte Langdon. »Was sind das für Zeichen, mit denen Sie diese Männer brandmarken wollen? Erzählen Sie mir davon!«

Der Hashishin klang belustigt. »Ich denke, Sie wissen sehr genau, was für Brandzeichen das sein werden. Oder sind Sie vielleicht immer noch nicht überzeugt? Sie werden sie früh genug zu sehen bekommen. Den Beweis, dass die alten Legenden wahr sind.«

Langdon wusste tatsächlich, was der Anrufer meinte. Er stellte sich das Brandzeichen auf Leonardo Vetras Brust vor. Die Illuminati-Legenden sprachen von insgesamt fünf Brandzeichen. Vier sind noch übrig, dachte Langdon. Und vier Kardinäle sind verschwunden.

»Ich habe geschworen«, sagte der Camerlengo, »heute Nacht einen neuen Papst vorzustellen. Geschworen bei Gott.«

»Camerlengo«, sagte der Anrufer, »die Welt braucht keinen neuen Papst. Nach Mitternacht wird er nichts mehr außer einem Trümmerhaufen haben, über den er herrschen könnte. Die katholische Kirche ist erledigt. Ihre Zeit auf Erden ist vorbei.«