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WAPPEN DES ALEXANDER CHIGI

SEIN GRAB BEFINDET SICH IN DER ZWEITEN APSIS

AUF DER LINKEN SEITE DER KATHEDRALE

Langdon nickte. Chigis Wappen war eine Pyramide mit einem leuchtenden Stern darüber? Unvermittelt fragte er sich, ob dieser reiche Mäzen Chigi ein Illuminatus gewesen war. Er nickte Vittoria anerkennend zu. »Gute Arbeit, Nancy Drew.«

»Was?«

»Schon gut, ich.«

Ein Metallstück fiel scheppernd zu Boden - nur wenige Meter von ihnen entfernt. Das Geräusch hallte durch die gesamte Kathedrale. Hastig zog Langdon Vittoria hinter einen Pfeiler, während sie die Waffe herumriss und auf die Stelle zielte, wo das Metall heruntergefallen war. Stille. Sie warteten. Erneut ein Geräusch, diesmal ein Rascheln. Langdon hielt den Atem an. Ich hätte nie zulassen dürfen, dass wir alleine hierher kommen! Das Geräusch kam näher, ein rhythmisches Schlurfen, wie ein hinkender Mann. Plötzlich tauchte um den Pfeiler herum die Ursache für das Rascheln auf.

»Figlio diputtana!«, fluchte Vittoria leise und schrak zusammen.

Neben dem Pfeiler saß eine gewaltige Ratte, die Überreste eines zur Hälfte aufgegessenen, in Papier eingeschlagenen Sandwichs im Maul, das sie hinter sich hergezogen hatte. Das Tier stockte, als es die beiden Menschen erblickte, und starrte lange Sekunden in den Lauf von Vittorias Pistole, bevor es sich völlig ungerührt wieder in Bewegung setzte und seine Beute in die tieferen Winkel und Ecken der Kathedrale schleppte.

»So ein verdammtes.«, ächzte Langdon. Sein Herz raste.

Vittoria senkte die Pistole. Sie fasste sich rasch wieder. Langdon spähte um den Pfeiler herum und sah die Brotdose eines Arbeiters auf dem Boden liegen. Offensichtlich hatte der einfallsreiche Nager die Dose von einem daneben stehenden Sägebock gestoßen.

Langdon suchte den Innenraum der Kirche nach einer Bewegung ab und flüsterte schließlich: »Wenn dieser Mann noch immer hier ist, hat er den Lärm ebenfalls gehört, so viel steht fest. Sind Sie ganz sicher, dass Sie nicht auf Olivetti warten wollen?«

»Die zweite Apsis auf der linken Seite«, wiederholte Vittoria. »Welche ist das?«

Zögernd wandte Langdon sich um und versuchte sich zu orientieren. Er blickte vom Altar zum Haupteingang und deutete dann auf eine Nische zur Rechten, der zweitletzten oder dritten von ihrem Standort aus gesehen. Sie waren auf der richtigen Seite der Kathedrale, jedoch am falschen Ende. Sie mussten durch den gesamten Raum und an zwei weiteren Kapellen vorbei, die beide - wie die Begräbnisstätte der Chigis - mit transparentem Plastik verhängt waren.

»Warten Sie hier«, sagte Langdon. »Ich gehe zuerst.«

»Vergessen Sie’s.«

»Ich bin derjenige, der Mist gebaut hat, oder?«

Sie schaute ihn an. »Aber ich bin diejenige mit der Pistole.«

In ihren Augen sah Langdon, was sie wirklich dachte: Ich bin diejenige, die ihren Vater verloren hat. Ich bin diejenige, die beim Bau einer Massenvernichtungswaffe mitgeholfen hat. Dieser Assassine gehört mir allein...

Langdon spürte, dass weitere Einwände vergeblich sein würden, und lenkte ein. Gemeinsam schlichen sie an der Seitenwand entlang in Richtung der Chigi-Kapelle. Als sie die erste Nische passierten, fühlte Langdon sich wie ein Kandidat bei einer surrealistischen Spiel show. Ich nehme Vorhang Nummer drei, dachte er.

Die Kirche lag still. Die dicken Wände blockten jedes Geräusch von draußen ab. Sie eilten an den Nischen vorbei und sahen undeutlich helle Schemen von menschlicher Gestalt, die sich scheinbar wie Geister hinter dem raschelnden Plastik bewegten. Marmorstatuen, dachte Langdon und hoffte, dass er damit Recht hatte. Es war sechs Minuten nach acht. War der

Mörder pünktlich gewesen? Hatte er die Kirche schon wieder verlassen, bevor Langdon und Vittoria hergekommen waren? Oder lauerte er noch irgendwo hier im Gebäude? Beide Vorstellungen waren wenig angenehm.

Sie passierten die zweite Nische. Inzwischen wurde es rasch dunkler, und die Bleiglasfenster verstärkten die unheimliche Atmosphäre. Der Plastikvorhang neben ihnen wallte, als hätte jemand irgendwo eine Tür geöffnet, und ein Luftzug hätte den Vorhang erfasst.

Vittoria blieb mit vorgehaltener Waffe vor der dritten Kapelle stehen. Sie deutete mit der Hand auf eine Stelle neben der Apsis. Zwei Worte waren in die Säule aus Granit gehauen:

CAPELLA CHIGI

Langdon nickte. Ohne einen Laut schoben sie sich zum Rand der Nische und gingen hinter einem breiten Pfeiler in Deckung. Vittoria zielte mit der Waffe um die Ecke in Richtung des Plastikvorhangs. Dann bedeutete sie Langdon mit einer Kopfbewegung, das Plastik beiseite zu ziehen.

Jetzt wäre ein geeigneter Zeitpunkt, mit Beten anzufangen, dachte Langdon. Zögernd streckte er die Hand über ihre Schulter hinweg nach dem Vorhang aus und schob ihn beiseite, so vorsichtig es ging. Das transparente Miterial bewegte sich ein paar Zentimeter; dann raschelte es laut. Beide erstarrten. Stille. Nach einem langen Augenblick, der wie in Zeitlupe verging, beugte Vittoria sich vor und spähte durch den schmalen Spalt. Langdon blickte ihr über die Schulter.

Keiner von beiden wagte zu atmen.

»Leer«, sagte Vittoria schließlich und senkte die Pistole. »Wir kommen zu spät.«

Langdon hörte nicht zu. Für einen Moment war er in eine andere Welt versetzt. Nie im Leben hätte er sich eine Kapelle wie diese vorgestellt. Sie war atemberaubend. Alles war mit rotem Marmor ausgekleidet. Langdon sog den Anblick in sich auf. Die Kapelle war so irden, wie man es sich nur vorstellen konnte, beinahe so, als hätten Galileo und seine Illuminati sie entworfen.

Das Kuppeldach zeigte ein Sternenfeld und die sieben zur damaligen Zeit bekannten Planeten. Darunter die zwölf Tierkreiszeichen - heidnische Symbole, irdene Symbole, die in der Astronomie wurzelten. Der Tierkreis war direkt mit der Erde verbunden, mit der Luft, dem Feuer und dem Wasser. die Quadranten repräsentierten Macht, Intellekt, Wissensdurst und Emotionen. Die Erde steht für Macht, rief Langdon sich ins Gedächtnis.

Ein Stück weiter an der Wand bemerkte er Anspielungen auf die vier Jahreszeiten primavera, estate, autunno und inverno. Doch viel unglaublicher als das alles waren die beiden gewaltigen Gebilde, die den Innenraum beherrschten. Langdon starrte sie voller Staunen an. Das kann nicht sein, dachte er. Das kann einfach nicht sein! Doch sie standen dort. Zu beiden Seiten der Kapelle und in vollkommener Symmetrie ragten zwei drei Meter hohe Pyramiden aus Marmor auf.

»Ich sehe keinen Kardinal«, flüsterte Vittoria. »Und auch keinen Assassinen.« Sie schlug den Plastikvorhang beiseite und betrat die Nische.

Langdons Blicke hafteten unverwandt auf den Pyramiden. Was machen Pyramiden in einer christlichen Kapelle?, fragte er sich. Unglaublicherweise war das noch längst nicht alles. Genau in der Mitte der Pyramidenseiten, eingefasst von Marmor, erblickte Langdon goldene Medaillons. Medaillons, wie er es noch nie zuvor gesehen hatte. Vollkommene, auf der Seite liegende Ellipsen... Die polierten Gebilde glänzten im schwachen Lichtschein, der durch hohe Bleiglasfenster in die Nische drang.

Galileos Ellipsen?, dachte Langdon. Pyramiden? Eine Kuppeldecke voller Sterne? Der Raum enthielt mehr unverhüllte

Hinweise auf die Illuminati, als Langdon sich jemals hätte vorstellen können.

»Robert!«, stieß Vittoria leise hervor. »Sehen Sie nur!«