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Langdon starrte auf das Brandzeichen, und rings um ihn herum begann sich der Raum zu drehen.

»Erde«, flüsterte er und verdrehte den Kopf, um das Symbol andersherum zu betrachten. Es war tatsächlich in englischer Sprache. Genau wie das Gedicht John Miltons. »Earth.«

In einer Woge des Entsetzens dämmerte ihm noch etwas. Es gibt drei weitere Brandzeichen.

Kapitel 68.

Trotz des sanften Kerzenlichts im Innern der Sixtinischen Kapelle war Kardinal Mortati nervös. Das Konklave hatte offiziell begonnen - und zwar auf eine höchst Unheil verkündende Weise.

Vor einer halben Stunde, genau zur vereinbarten Zeit, war der Camerlengo Carlo Ventresca in die Kapelle gekommen. Er war zum Altar gegangen und hatte das Eröffnungsgebet gesprochen. Dann hatte er die Arme ausgebreitet und zu ihnen geredet, wie Mortati es vom Altar der Sixtinischen Kapelle noch nie gehört hatte.

»Sie alle wissen sehr wohl«, hatte der Camerlengo gesagt, »dass unsere vier preferiti zurzeit noch nicht im Konklave sind. Ich bitte Sie daher im Namen Seiner verstorbenen Heiligkeit, so vorzugehen, wie es von Ihnen erwartet wird. voll Glauben und Zuversicht. Mögen Sie alle Gott vor Augen haben.« Dann hatte er sich zum Gehen gewandt.

»Aber.«, hatte ein Kardinal gerufen, ». aber wo sind die preferiti?«

Der Camerlengo hatte gezögert. »Das weiß ich nicht.«

»Wann werden sie kommen?«

»Das weiß ich nicht.«

»Sind sie gesund und wohlauf?«

»Das weiß ich nicht.«

»Werden sie überhaupt kommen?«

Der Camerlengo hatte sichtlich nicht gewusst, was er darauf antworten sollte. »Vertrauen Sie auf Gott«, hatte er schließlich gesagt. Dann hatte er die Kapelle verlassen.

Die Türen der Sixtinischen Kapelle waren, wie der Brauch es

verlangte, mit zwei schweren Ketten von außen verschlossen worden. Vier Hellebardiere der Schweizergarde standen im Gang davor Wache. Die Türen, das wusste Mortati, würden erst wieder geöffnet, wenn das Konklave einen neuen Papst gewählt hatte - es sei denn, einer der Kardinale wurde zwischenzeitlich sterbenskrank, oder einer der vier preferiti tauchte auf. Mortati betete, dass sie noch kamen, auch wenn der Knoten in seinem Magen eher das Gegenteil ahnen ließ.

Gehe vor, wie es von dir erwartet wird, beschloss er und nahm sich die Unverzagtheit des Camerlengos zum Vorbild. Er würde die Kardinale zur Abstimmung aufrufen. Was sonst blieb ihm übrig?

Sie hatten dreißig Minuten für die vorbereitenden Rituale benötigt, die zur ersten Abstimmung führten. Mortati hatte geduldig am Altar gewartet, während jeder Kardinal in der Reihenfolge seines Alters zu ihm gekommen war und die Wahlprozedur durchgeführt hatte.

Nun stand der letzte Kardinal vor dem Altar und kniete nieder.

»Ich rufe Christus unseren Herrn als meinen Zeugen«, sagte er genau wie alle anderen vor ihm, »als meinen Zeugen, dass ich meine Stimme demjenigen unter uns gegeben habe, von dem ich vor Gott glaube, dass er erwählt werden sollte.«

Der Kardinal erhob sich. Er hielt seinen Stimmzettel hoch über den Kopf, sodass jeder ihn sehen konnte. Dann legte er ihn auf einen Teller, der auf einem hohen Kelch auf dem Altar stand. Als Nächstes hob er den Teller mit beiden Händen hoch und benutzte ihn, um den Stimmzettel in den Kelch darunter gleiten zu lassen. Der Teller sollte sicherstellen, dass niemand heimlich weitere Stimmzettel in den Kelch warf.

Nachdem er fertig war, legte er den Teller wieder auf den Kelch, verneigte sich vor dem Kreuz und kehrte an seinen Platz zurück.

Die letzte Stimme war abgegeben.

Nun war es an der Zeit für Mortati, mit der Auszählung zu beginnen.

Mit der einen Hand hielt er den Teller auf dem Kelch, während er das Gefäß mit der anderen Hand hob und die Stimmzettel durchschüttelte. Dann entfernte er den Teller und zog willkürlich einen Zettel heraus. Er faltete ihn auseinander. Der Zettel war quadratisch, genau zwei Zoll breit und lang. Mortati las laut vor, sodass jeder ihn verstehen konnte.

»Eligo in summum pontificem...«, las er den Text, der zuoberst auf jedem Zettel abgedruckt war. Als obersten Pontifex erwähle ich... Dann folgte der Name, den der wählende Kardinal darunter geschrieben hatte. Nachdem Mortati den Namen vorgelesen hatte, hob er eine Nadel mit einem Faden daran und stach sie durchs Papier, durch das Wort Eligo, um den Zettel anschließend sorgfältig auf den Faden zu schieben. Dann notierte er den vorgeschlagenen Namen in einem Wahlbuch.

Er wiederholte die Prozedur beim nächsten Stimmzettel. Er nahm einen Zettel aus dem Kelch, las ihn vor, spießte ihn auf den Faden und notierte den Namen in seinem Wahlbuch. Schon jetzt spürte er, dass die Wahl fehlschlagen würde - kein Konsens unter den Kardinalen. Er hatte erst sieben Stimmen ausgezählt, und es gab bereits sieben verschiedene Nominierungen. Sieben verschiedene Kardinale. Wie gewöhnlich war die Handschrift auf den Zetteln durch Blockschrift oder übertriebene Stilisierungen unkenntlich gemacht. Das Täuschungsmanöver war fadenscheinig, weil die Kardinale sich offensichtlich alle selbst vorschlugen. Die merkwürdige Vorgehensweise hatte, das wusste Mortati, nichts damit zu tun, dass die Kardinäle selbstsüchtig oder ehrgeizig gewesen wären. Es war im Gegenteil eine Hinhaltetaktik, ein defensives Manöver, um dafür zu sorgen, dass keiner der Kardinale genügend Stimmen auf sich vereinigen konnte, um die Wahl zu gewinnen. Auf diese Weise wollten sie einen

weiteren Wahlgang erzwingen.

Die Kardinale warteten auf ihre preferiti.

Als der letzte Stimmzettel auf den Faden gespießt war, erklärte Mortati die Wahl für unentschieden.

Er nahm den Faden mit sämtlichen Stimmzetteln, band die Enden zu einer Schlaufe zusammen und legte alles auf ein silbernes Tablett. Anschließend fügte er die entsprechenden Substanzen hinzu und trug das Tablett zu einem kleinen Kamin hinter dem Altar. Dort zündete er das Papier an. Die Substanzen erzeugten Rauch, dichten schwarzen Rauch. Der Rauch zog durch den Schornstein nach draußen, wo alle Welt ihn sehen konnte. Kardinal Mortati hatte soeben seine erste Botschaft an die Außenwelt gesandt.

Der erste Wahldurchgang war vorbei. Kein neuer Papst.

Kapitel 69.

Nahezu betäubt von den Ausdünstungen, mühte Langdon sich die Leiter hinauf zum Ausgang des »Dämonenlochs. Oben hörte er Stimmen, doch nichts von dem, was zu vernehmen war, ergab einen Sinn. In seinem Kopf drehten sich Bilder des gebrandmarkten Toten.

Earth... Erde.

Während er nach oben stieg, engte sich sein Gesichtsfeld ein, und er fürchtete, das Bewusstsein zu verlieren. Zwei Stufen vom Ausgang entfernt verlor er das Gleichgewicht. Er schob sich verzweifelt nach oben, um den Rand zu packen, doch er war noch zu weit entfernt. Er verlor den Halt an der Leiter und wäre fast rücklings in die Dunkelheit gestürzt; dann aber spürte er einen stechenden Schmerz unter den Achselhöhlen, und plötzlich hing er mit wild über dem Abgrund baumelnden Beinen in der Luft.

Zwei Schweizergardisten hatten ihn unter den Armen gepackt und zogen ihn nach oben. Einen Augenblick später schwebte Langdon würgend und nach Luft schnappend über dem Loch. Die Gardisten stellten ihn auf die Beine und führten ihn zur Wand, wo sie ihn vorsichtig absetzten. Der kalte Marmor des Bodens brachte ihn nur langsam wieder zur Besinnung.

Im ersten Augenblick wusste Langdon nicht mehr, wo er war. Über sich sah er Sterne. und Planeten. Nebelhafte Gestalten rannten an ihm vorbei. Leute riefen. Er versuchte sich aufzurichten und stellte fest, dass er am Fuß einer Steinpyramide saß. Der vertraute schneidende Klang einer leisen, ärgerlichen Stimme hallte durch die Kapelle; dann kehrte sein Orientierungssinn zurück.