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Zu diesem Schluss war anscheinend auch Virginia Angel gekommen, als sie eines Tages unangemeldet im Hangar auftauchte und das in lauter Einzelteile zerlegte Flugzeug studierte, das nur aus Holz- und Metallstücken bestand. Es sah nicht so aus, als könnte es auch nur einen Meter zurücklegen, ohne von vier Männern angeschoben zu werden.

»Glaubst du im Ernst, dass sich diese alte Kiste mehr als hundert Stunden in der Luft halten kann?«, fragte sie skeptisch. »Glaubst du, dass sie dem Wind in den Bergen und den Regenfällen im Dschungel trotzen wird? Meinst du, ich hätte Lust, die ganze Zeit hier auf dich zu warten und zu zittern, dass die Kiste durchhält?«

»Dazu ist sie schließlich konstruiert worden.«

»Nein!«, widersprach sie erregt. »Diese Maschine war für den ruhigen Himmel über Europa gedacht. Sie braucht regelmäßige Inspektionen in eigens dafür vorgesehenen Werkstätten, in denen man über Originalersatzteile verfügt. Oder etwa nicht?«

Da sie keine Antwort auf ihre Frage erhielt, trat sie näher und legte die Hand auf das Gitter des Kühlers, der auf einer Holzbank lag.

»Was willst du machen, wenn der Motor über der Gran Sabana seinen Geist aufgibt? Wirst du warten, bis man dir einen neuen aus London schickt? Oder noch schnell versuchen, auf diesem verdammten Tafelberg zu landen, obwohl du weißt, dass ihr da nie wieder heil herunterkommt?«

»Bisher bin ich mit solchen Problemen immer noch selbst fertig geworden«, erwiderte Jimmie nur. »Schließlich ist das mein Beruf.«

Virginia hatte in den letzten beiden Wochen mindestens sechs Kilo verloren, und das hieß einiges, denn sie war entsetzlich dünn. Nun setzte sie sich auf die Bank neben den Kühler und schüttelte resigniert den Kopf.

»Du täuschst dich! Dein Beruf besteht darin, so viele Bruchlandungen hinzulegen, bis du dir endlich das Genick gebrochen hast. Du bist ein Selbstmörder. In Wirklichkeit suchst du den Tod und verachtest das Leben.« Sie zeigte vorwurfsvoll auf Curry, der mit gesenktem Kopf dabei war, eine Radachse einzuschmieren. »Und jetzt willst du auch noch diesen Idioten mit in den Tod ziehen, statt dass er sich endlich aufrafft, sich eine vernünftige Frau sucht und eine richtige Familie gründet!«

Auch diesmal erhielt sie keine Antwort von den beiden Männern, die genau wussten, dass sie Recht hatte, aber trotzdem nicht im Traum daran dachten, sich von ihrem Vorhaben abhalten zu lassen.

Virginia Angel dachte einen Augenblick nach. Dann schien sie einzusehen, dass sie auf Granit biss und ihren Willen niemals durchsetzen konnte. Schließlich stand sie wortlos auf und ging müde wie eine Verliererin, die ihre Niederlage mit zehn Jahren ihres Lebens bezahlt hat, Richtung Ausgang.

»Mach, was du willst!«, rief sie, als sie auf der Schwelle des riesigen Tors stand. »Ich ziehe zu meiner Schwester. Wenn du innerhalb von zwei Monaten wieder da bist, egal, ob reich oder arm, denn darauf kommt es nicht an, werde ich es als deine letzte große Dummheit betrachten und es gut sein lassen. Ansonsten schwöre ich dir bei den Kindern, die ich eines Tages haben werde und die du mir nicht schenken wolltest, dass ich mich von dir scheiden lasse!«

Als sie weg war, verstrichen etliche Minuten, bis Curry aufsah und schlicht sagte: »Ich glaube, sie meint es ernst.«

»Darauf kannst du Gift nehmen.«

»Was jetzt?«

»Wir müssen einen Zahn zulegen.«

»Glaubst du denn, dass es in zwei Monaten überhaupt zu schaffen ist?«

»Frag mich was Leichteres.«

»Wie viele von diesen verfluchten Tepuis gibt es eigentlich südlich des Orinoco und östlich des Río Caroní?«

»Keine Ahnung.«

»Wirst du den, den wir suchen, aus der Luft erkennen können? Oder müssen wir auf jedem einzelnen von diesen Ungetümen landen?«

»Bin ich ein Hellseher?«, fuhr ihn der König der Lüfte barsch an. »Damals war alles von dichtem Nebel verhüllt, wir konnten höchstens die Umrisse erkennen. Und der Dschungel da unten ist wie ein riesiger grüner Teppich.« Er zuckte die Achseln. »McCracken hat versucht, mich in die Irre zu führen, indem er mich Hunderte von Runden drehen ließ. Und wenn ich ehrlich bin, ist ihm das auch verdammt gut gelungen.« Er seufzte laut angesichts seiner Ohnmacht. »Kann sein, dass ich den Berg wiedererkenne, aber genauso gut ist es möglich, dass ich ihn nicht finde.«

»Na wunderbar! Das heißt, dass wir Blindekuh spielen werden.«

»Du kannst jederzeit aussteigen. Noch ist Zeit dazu«, erklärte Jimmie ohne jede Spur eines Vorwurfs. »Mit weniger Gewicht habe ich bessere Chancen und du würdest deinen Anteil trotzdem bekommen. Ich werde auf jeden Fall mit dir teilen.« Er zeigte auf die Gipsy Moth. »Ohne deine tatkräftige finanzielle Unterstützung hätte ich Jahre gebraucht, um mir eine solche Maschine kaufen zu können.«

Curry sah aus, als wollte er Jimmie mit seinen Blicken töten.

»Ich soll den Augenblick verpassen, wenn wir das Gold und die Diamanten eigenhändig aus der Höhle holen?«, erwiderte er. »Kommt überhaupt nicht infrage. Vergiss es! Glaub bloß nicht, ich wäre nur wegen des Geldes dabei. Ich mache mit, weil mir jedes Mal die Haare zu Berge standen und ich vor Neid fast gestorben bin, wenn du erzählt hast, wie ihr auf dem Tepui gelandet seid und wie der Schotte später mit seinen Körben voller Gold und Diamanten aus dem Nebel aufgetaucht ist.«

»Virginia hatte Recht. Du bist wirklich verrückt.«

»Ist das nicht wunderbar?«

»Genau.«

Sie machten sich wieder an die Arbeit. Drei Tage später erklärte Jimmie den Moment für gekommen, eine Reise anzutreten, die ihm, ohne dass er es ahnte, das enge Tor zur Unsterblichkeit weit aufstoßen würde.

Keine Seele kam, um sich von ihnen zu verabschieden. Niemand winkte mit einem weißen Taschentuch, um ihnen gute Reise und viel Glück zu wünschen, als ihre Maschine den Boden von Colorado verließ.

Außer Virginia Angel, die nun weit weg war, wusste niemand, welche Gründe sie zu ihrer Reise bewegten oder in welchen entlegenen Teil der Erde sie führen sollte.

In Wahrheit war das Ziel nicht das venezolanische Guayana, sondern jenes phantastische Reich der Träume, das jeder Mensch eines Tages zu erreichen hofft, und wenn es an Bord einer klapprigen alten Gipsy Moth ist, die 1927 von De Havilland gebaut worden war.

Kaum waren sie gestartet, machte sich ein unerwartetes und beunruhigendes Problem bemerkbar. Dick Curry vertrug das Fliegen nicht.

Wie immer man es nennen mochte, Schwindel, Höhenangst oder gar Höhenkoller — als Curry den ersten Blick nach unten warf und die Menschen sah, die so klein wie Ameisen erschienen, schloss er die Augen, ballte die Fäuste und legte sein Schicksal in Gottes Hand, der ihm nur den guten Rat geben konnte, sich wenigstens nicht gegen den Wind zu übergeben.

Die erste Etappe der Reise verlief verhältnismäßig ruhig. Nach Zwischenlandungen in Amarillo und Abilene kamen sie in San Antonio, Texas, an. Curry, der legendäre Rennfahrer, war am Ende seiner Kräfte.

»Vielleicht solltest du mit dem Zug zurückfahren«, riet Jimmie seinem Freund besorgt, als er sah, dass der nicht mal eine Tasse Tee hinunterbekam. »So einen ruhigen Tag wie heute habe ich selten erlebt. Mir wird ganz mulmig, wenn ich daran denke, was sein wird, wenn wir erst einmal die Berge erreichen.«

»Auf keinen Fall!«

»Überleg es dir noch mal«, beharrte der Pilot. »Wenn einem beim Fliegen übel wird, kann man nichts machen. Die Ärzte sagen, dagegen ist kein Kraut gewachsen. Das hat nichts mit Feigheit zu tun. Es ist ein medizinisches Problem. Nicht mal der mutigste Mann kann was dafür, wenn ihm da oben schwindelig wird.«

»Ich werd’s schon schaffen.«