Die Wolken wurden dichter.
Mit ihnen kam der Regen.
Wolken und Regen spiegelten die Seele des Berglandes von Guayana. Eine Seele, die sich scheinbar nur von Wasser und dem verhangenen Himmel ernährte, um anschließend einen stickigen, feuchten Dunst auszustoßen, der rasch aufstieg und den Himmel, der für kurze Zeit leuchtend blau und sauber gewesen war, erneut verdunkelte.
Es kam einem vor wie das Ausdehnen und Zusammenziehen eines riesigen Herzmuskels, der sich niemals eine Pause gönnte.
Es war eine trostlose und zugleich enorm faszinierende Landschaft.
Wasser, das vom Himmel fiel, und Wasserdampf, der vom durchnässten Boden zum Himmel aufstieg.
Ruhige Flüsse, die sich urplötzlich in reißende Ströme verwandelten.
Tafelberge, die häufig nicht größer waren als ein paar Fußballfelder, aber so viel Wasser aufnehmen mussten, dass sie gewaltige Wasserfälle hervorbrachten.
Spiegelglatte Lagunen.
Seltene Fische.
Grausame Piranhas.
Kuriose Seekühe, die stets auf der Hut waren und nur für kurze Augenblicke an die Wasseroberfläche kamen, um Luft zu holen.
Weiße Reiher.
Rote Ibisse.
Schwarze Wildenten.
Und eine erdrückende Schwüle.
Jeden Morgen starteten sie bei Sonnenaufgang und flogen so lange, bis dichte Wolken oder das Stottern des Motors, der seinen Geist aufzugeben drohte, sie zur Landung zwangen.
Dann verstrichen ein, zwei oder drei Tage, einmal sogar eine ganze Woche, ohne dass sie abheben konnten, weil dichter Nebel über der Landschaft hing.
Es war zum Verzweifeln.
Eintönig und deprimierend.
Jimmie Angel und Dick Curry hatten einen verhängnisvollen Fehler begangen, als sie Mitte Juni in diese Gegend gekommen waren. Es war Winter, so seltsam dies auch anmuten mochte, und die hohen Temperaturen und sintflutartigen Regenfälle führten zu der intensiven, anhaltenden Verdampfung.
Doch bis September konnten sie auf keinen Fall warten.
Die Zeit lief ihnen davon.
Und mit ihr das Geld.
Zweimal mussten sie nach Ciudad Bolívar fliegen, um die Maschine aufzutanken, die Reservekanister aufzufüllen und Proviant zu kaufen. Ein Monat war vergangen, aber sie hatten nicht einmal ein Zehntel des Gebietes erforscht, wo sich laut Aussage des Schotten der Heilige Berg befinden musste.
Wasser, Wolken und Dampf…
Und ein überlasteter Motor.
Sie saßen unter der sich allmählich auflösenden Plane, die sie an die Tragfläche der alten Maschine gespannt hatten, und schlugen die Zeit tot. Von Tag zu Tag wurde es schwerer, gegen die Enttäuschung und Verbitterung anzukämpfen, die sich mehr und mehr in ihre Herzen fraß, als ihnen ihr klägliches Scheitern bewusst wurde.
Es war einfach entmutigend, wenn nach einem wolkenverhangenen, verregneten Tag gegen Abend plötzlich alle Wolken verschwanden und der Himmel so klar leuchtete, dass sie Tausende von Kilometern entfernt die Krater auf dem Mond deutlich erkennen konnten.
»Wir haben nur noch eine Woche.«
»Ich weiß.«
»Was willst du tun?«
»Es gibt nicht viel, was ich tun könnte. Diese Kiste hat alles gegeben, was in ihr steckt; ich glaube nicht, dass sie den Rückflug überstehen würde. Deshalb habe ich mir überlegt, dass wir sie in Ciudad Bolívar lassen und mit dem Schiff zurückfahren. Später könnten wir es noch einmal versuchen. Wir müssten eine Achse, einen Propeller und ein neues Fahrwerk mitbringen.«
»Und du meinst, dass sich das lohnen würde? Die Maschine ist doch nur noch ein Wrack.«
»Da hättest du die Bristol Piper sehen müssen, mit der ich auf dem Tafelberg gelandet bin!«, rief Jimmie. »Dagegen ist diese hier das neueste Modell.« Er klopfte zärtlich auf das Fahrwerk der Maschine, an dem er lehnte. »Ich bin sicher, dass ich sie reparieren und noch ein paar Jahre damit fliegen kann, aber dafür brauche ich unbedingt Ersatzteile.«
»Und woher sollen wir das Geld nehmen? Wir haben keinen Cent mehr.«
»Das brauchst du mir nicht zu sagen.« Jimmie deutete mit einer Kopfbewegung auf die verschwommenen Umrisse der fernen Tepuis. »Das einzige Mal in meinem Leben, wo ich Geld hatte, war nach dem Ausflug dorthin. Aber mit den vielen Bruchlandungen, die ich gebaut habe, und dem Börsenkrach hat sich alles verflüchtigt. Dafür suchen die Erdölgesellschaften ständig erfahrene Piloten, die bereit sind, Nitroglyzerin zu transportieren. Und der Job wird verdammt gut bezahlt. In einem Jahr könnte ich das Geld, das wir brauchen, zusammenkratzen.«
»Was wird Virginia dazu sagen? Sie war immer gegen diesen Job. Er ist zu gefährlich.«
»Virginia?«, wiederholte der Pilot überrascht. »Du scheinst sie nicht so gut zu kennen, wie du immer behauptest. Am Dienstag wird sie die Scheidung einreichen, und wenn das Wetter sich nicht ändert, stecken wir zu diesem Zeitpunkt noch immer hier im Sumpf.« Er stieß einen tiefen Seufzer aus. »Ich mache mir keine Illusionen. Meine Ehe ist wortwörtlich ins Wasser gefallen. Ich fürchte, da kann man nichts mehr machen.«
»Bist du denn nicht traurig darüber?«
»Nun, es ist eine Niederlage, findest du nicht? Und niemand scheitert gerne. Als ich geheiratet habe, war ich davon überzeugt, dass unsere Ehe halten würde, ›bis dass der Tod euch scheidet‹, wie es so schön heißt. Und bei Gott, ich habe es versucht. Aber ich hätte auch wissen müssen, dass es in meinem Leben nur eines geben kann, die Fliegerei. Jede Frau wird es eines Tages leid, wenn ihr Mann die ganze Zeit in den Wolken verbringt. Ich kann verstehen, dass man nicht mit dieser Anspannung leben kann. Wenn man nie weiß, ob der Mann zum Abendessen nach Hause kommt oder man ihr nur eine verkohlte Leiche bringt.«
»Es muss doch nicht so enden. Du bist nun schon zwanzig Jahre dabei und lebst immer noch.«
»Das stimmt. Zwar mit ein paar Schrammen, aber ich lebe. Trotzdem kann Virginia nicht vergessen, dass ich von den sechs Piloten, die damals, als wir uns kennen lernten, die akrobatische Flugstaffel bildeten, als Einziger noch lebe. Und weil ich sie wirklich liebe, will ich ihr diese Angst einfach nicht mehr länger zumuten.«
»Wieso gibst du die Fliegerei nicht auf, wenn du sie so sehr liebst?«
Der König der Lüfte nickte. »Daran habe ich auch schon gedacht. Vor ein paar Monaten war ich beinahe so weit, meinen Job meiner Ehe zu opfern, aber jetzt weiß ich, dass ich nicht mehr zur Ruhe kommen werde, wenn ich nicht noch einmal auf diesem verfluchten Berg gewesen bin. Das heißt, ich würde sie so oder so unglücklich machen, und ich finde, dass sie das nicht verdient.«
Der Regen hielt an.
Es regnete und regnete, nicht besonders heftig, aber unaufhörlich, mit der ermüdenden Beharrlichkeit der tropischen Breiten, wo die Zeit stillzustehen scheint und alles Leben erstarrt, als wartete man nur darauf, dass der Regen es endlich leid wurde, die Welt mit seinem endlosen Klagelied zu langweilen.
Eines Morgens stellten sie überrascht fest, dass sie Gesellschaft bekommen hatten.
Etwa dreißig nackte Indianer mit großen Bögen und spitzen Pfeilen saßen reglos im weiten Kreis um den eigenartigen Vogel und bestaunten ihn schweigend.
Man hätte sie für lebende Statuen oder einen Teil der Landschaft halten können. Die Anwesenheit der zivilisierten Fremden ließ sie anscheinend völlig ungerührt. Ihre Aufmerksamkeit galt allein der eigenartigen Maschine, die sie wahrscheinlich schon häufiger über den Himmel ihres Territoriums hatten fliegen sehen.
Hinter dem Vorhang aus Wasser, das von der Plane fiel, baumelten Jimmie und Curry einen halben Meter über dem nassen Boden halb verborgen in ihren Hängematten und beobachteten die Gruppe misstrauisch, ohne zu wissen, was sie von dem seltsamen Ritual halten sollten.