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»Welche?«

»Ich werde darauf verzichten, mich anzuschnallen«, antwortete McCracken gelassen. »Sollten Sie das Gefühl haben, dass ich eine Gefahr darstelle, drehen Sie einen Looping und lassen mich aus der Maschine fallen.«

»Sie sind wohl nicht ganz dicht!«

»Dann haben Sie mich wohl angesteckt.«

Jimmie klopfte die Pfeife an seiner Schuhsohle aus und beobachtete, wie die Glut vom Wind in die Nacht geweht wurde. Dann kratzte er sich nachdenklich am Kopf und schließlich nickte er fast unmerklich.

»Lassen Sie mich darüber nachdenken!«, antwortete er. »Die Jungs werden nicht sauer sein, wenn sich alles um einen Tag verschiebt. Ich erwarte Sie morgen Abend um die gleiche Zeit hier an dieser Stelle, aber eines sollten Sie sich merken. Wenn ich erst einmal eine Entscheidung getroffen habe, ist sie unumstößlich.«

»Abgemacht.«

Nach dem Liebemachen, als die Mulattin Floralba eingeschlafen war, lag Jimmie wach im Bett und starrte aus dem großen Fenster, durch das jetzt das erste Licht des Morgens kroch. Er würde heiß und stickig werden, wie die meisten Tage im tropischen Panama. Jimmie dachte darüber nach, was ihm der elegante Mann ein paar Stunden zuvor gesagt hatte.

Der Kerl war ehrlich, daran bestand kein Zweifel.

Jemand, der ein kleines Vermögen auf den Tisch legte, nur damit man ihn an einen gottverlassenen Ort im Dschungel flog, wusste genau, was er wollte.

Gold und Diamanten!

Jimmie dagegen wusste, dass der überwiegende Teil der Maschinen, die er von Panama nach Bogotá lotste, den kolumbianischen Smaragdschmugglern gehörte. Sie benutzten sie, um ihre Schmuggelware über die Grenze nach Brasilien zu schaffen, ohne dafür Steuern oder Zoll bezahlen zu müssen. Es war seit Jahrhunderten bekannt, dass die kolumbianischen Smaragdvorkommen die größten in ganz Südamerika waren. Kein anderes Land konnte sich in dieser Hinsicht mit Kolumbien messen. Doch von bedeutenden Gold- und Diamantenminen im Bergland von Guayana hatte er noch nie gehört.

Er wusste vom Goldstaub in den Nebenflüssen des Amazonas und von den einst berühmten Silberminen in Peru, aber dass es Diamanten, echte Diamanten in Südamerika geben sollte, war etwas ganz Neues.

Instinktiv hatte er Diamanten immer mit dem Kongo, Südafrika oder Namibia in Verbindung gebracht.

Und jetzt tauchte plötzlich dieser beunruhigende Kerl auf, der scheinbar geradewegs aus einer Boutique auf der Fifth Avenue kam, erzählte allen Ernstes von einem geheimnisvollen Fundort und untermauerte obendrein sein Angebot mit fünfzehntausend Dollar und dem Versprechen auf zehn Prozent Beteiligung an den Erlösen.

Verdammt!

Fünfzehntausend Dollar entsprachen mindestens sechs Reisen nach Bogotá und zurück; zwölf Flüge über scharfzackige, verschneite Berggipfel, durch Täler mit gefährlichen Luftströmungen und Tausende von Meilen über eine grüne Hölle hinweg, die so dicht bewachsen war, dass man ihn niemals finden würde, falls sein Motor aussetzen und er abstürzen sollte.

Fünfzehntausend Dollar bedeuteten eine nagelneue Maschine und eine wohlverdiente Ruhepause in Gesellschaft einer hübschen Mulattin.

Und obendrein eine Hand voll Gold und Diamanten.

Mist, verdammter!

Diese Versuchung war wirklich sehr verlockend und er hasste Versuchungen, weil er aus Erfahrung wusste, dass er einfach nicht gelernt hatte, ihnen zu widerstehen.

Aber was wusste er oder sonst wer schon von diesem weiten, unerforschten Land, das man Escudo Guayanés nannte?

Auf welche Winde, Strömungen und Berge würde er stoßen, in einem Gebiet, das bis zum heutigen Tag kein Pilot überflogen hatte?

Jedenfalls war noch nie einer zurückgekehrt, um davon zu berichten.

Am späten Vormittag des folgenden Tages hatte er bereits die wenigen, unvollständigen Karten studiert, die er in Panama über diese Region auftreiben konnte. Sierra Parima, Sierra Pacaraima, Monte Roraima, Río Orinoco, Río Caroní… zufällig über die Karte verstreute Namen ohne die geringste Gewähr, und kein einziger Eintrag konnte verlässlich über die Höhe eines Gebirges Aufschluss geben. Eine einzige Stadt, in der er auftanken konnte: Ciudad Bolívar, die zudem so weit entfernt lag, dass er riskieren musste, mitten im Urwald wie ein Bleiklumpen vom Himmel zu fallen.

Mist, verdammter.

Es war Wahnsinn.

Eine von vielen verrückten Ideen in seinem kurzen, verrückten Leben.

Aber auch faszinierend. So kam es, dass er am Abend dem eleganten Caballero mit der imponierenden Goldkette ohne Umschweife erklärte:

»Sie werden sich einen Fliegeranzug besorgen müssen.«

»Den habe ich bereits.«

»Und Sie müssen auf Ihr Gepäck verzichten.«

»Ich habe ohnehin nie welches.«

»Und was machen Sie mit Ihren teuren Klamotten?«

John McCracken zog sein Jackett aus, leerte die Taschen und warf es dann gleichmütig über die Brüstung auf die Straße von Panama.

»Was bedeutet schon ein Anzug?«, fragte er.

Jimmie sah ihn verblüfft an und seufzte laut auf.

»Also einverstanden!«, erklärte er. »Bei Tagesanbruch starten wir.« 

Eine halbe Stunde bevor die Sonne über der Landenge aufging, die zwischen den beiden größten Ozeanen der Welt liegt, ließen die Männer die Motoren ihrer drei Maschinen warmlaufen. Als die ersten Sonnenstrahlen die Startbahn erreichten, setzte die klapprige weiße Bristol Piper des Königs der Lüfte zum Start an und erhob sich knapp vor den blühenden Wipfeln der Flamboyantbäume am Ende der Piste in den Himmel.

Sie flogen in weitem Bogen über einen verrosteten Frachter hinweg, der gerade durch die Schleusen des Kanals geschleppt wurde, und warteten auf die beiden Curtissmaschinen. Die umgebauten ehemaligen Bomber waren zwar langsamer und schwerer, aber auch erheblich sicherer als der leichte Doppeldecker, der sie über die Anden lotsen würde.

Jimmie drehte eine letzte Runde, als wollte er sich von der zivilisierten Welt verabschieden, und nahm dann Kurs nach Osten, während die ewig laute, geschäftige Stadt allmählich hinter ihnen verschwand.

John McCracken saß hinter ihm und beobachtete alles so erstaunt, als säße er zum ersten Mal in seinem Leben in einem Flugzeug.

Er erstickte fast in seinem unbequemen, mit Schafswolle gefütterten Fliegeranzug aus Leder. Der Schweiß lief ihm in Strömen herab. Doch was die Kleidung betraf, hatte der Pilot nicht mit sich reden lassen.

»Da oben können Sie nichts überziehen, ohne Gefahr zu laufen, dass es vom Wind weggeweht wird. Ich garantiere Ihnen, dass Sie vor Kälte wie Espenlaub zittern werden, sobald wir in der Luft sind, auch wenn Sie sich im Augenblick noch zu Tode schwitzen.«

Es war schwer zu glauben, dass man in den Tropen frieren konnte, aber dieser Amerikaner hatte zweifellos eine Menge Erfahrung, was das Fliegen anging. Außerdem erschien es McCracken unklug, sich schon am Anfang der Reise mit ihm anzulegen.

Abgesehen von der Hitze war es ein faszinierendes Spektakel, denn Jimmie hatte die Flugroute entlang des Panamakanals gewählt, um auf direktem Weg in die Karibik zu gelangen, damit sein Passagier und die beiden Anfänger, die die anderen Maschinen flogen, das größte je von Menschenhand geschaffene technische Bauwerk der Welt bewundern konnten, das sich unter ihnen erstreckte.

Die Corte de Culebra, eine Hunderte von Metern lange Schleuse, führte geradewegs durch ein hohes Gebirge, das über zehn Jahre hinweg von unzähligen Arbeitern aus aller Herren Länder abgetragen worden war. Sie imponierte jedem, der den Kanal mit dem Schiff passierte. Doch sie aus fünfhundert Metern Höhe zu sehen wie jetzt der Schotte, das verschlug einem förmlich die Sprache.

Nachdem sie den enormen Gatúnsee, der die Schleusen mit Wasser versorgte, und wenig später auch die quirlige Stadt Colón, die eigens für die Arbeiter des Kanals gebaut worden war, hinter sich gelassen hatten, tauchte vor ihnen ein aufgewühltes Meer mit weißen Schaumkronen auf, über dem ein scharfer Nordostwind wehte, so stark, dass er die Bristol auseinander zu reißen drohte.