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»Sie wollten auf dem Weg zurück, den wir gekommen sind«, erläuterte Spurner.

»Die Ärzte auch?«, fragte Walker. Einen Augenblick flammte Hoffnung in ihm auf.

»Nur wir sind noch übrig«, sagte Pia. »Und ihr.«

Walker sah sich um. »Was ist das hier? Ein Heiligtum?«

»Eine Festung«, sagte Pia. Ali hoffte, sie würde nicht mehr verraten. Sie wollte nicht, dass Walker etwas von der kreisförmigen Karte erfuhr, und auch nichts von den Soldaten aus Keramik.

»Wir haben sie vor zwei Wochen entdeckt«, bot sich Twiggs an.

»Und warum seid ihr immer noch hier?«

»Wir haben nichts mehr zu essen.«

»Sieht aus, als ließe sich das Ding hier verteidigen«, sagte Walker zu einem Lieutenant mit angesengter Uniform. »Stellung sichern. Boote ans Ufer bringen. Die Ausrüstung und unseren Gast hier herein. Und schafft den Toten weg.«

Sie setzten Walker vor einer Wand ab. Sie gingen sehr vorsichtig mit ihm um, doch man sah, dass es ihm große Schmerzen bereitete, die Beine auszustrecken.

Jetzt tauchten immer mehr mit Nahrung und anderen Helios-Versorgungsgütern schwer beladene Söldner vom Strand auf. Ihre Uniformen hingen in Fetzen an ihnen herunter, einige gingen ohne Stiefel. Manche hatten Kopfverletzungen, andere Wunden an den Beinen. Der Lack von Walkers Elitetruppe war ab. Übrig geblieben waren müde, verängstigte Revolverhelden.

»Wie viele Leute habt ihr unterwegs verloren?«, wollte Walker wissen.

»Keinen«, sagte Pia. »Bis jetzt.«

Der Colonel suchte nicht einmal nach einer Erklärung, als der Geologe Ruiz an den Fersen aus dem Raum gezogen wurde. »Ich bin beeindruckt«, sagte er. »Ihr habt es geschafft, euch ohne Verluste hunderte von Kilometern durch die Wildnis zu schlagen. Und das unbewaffnet.«

»Ike weiß, was er tut«, sagte Pia.

»Crockett ist hier?«

»Er ist auf Erkundungstour«, warf Troy rasch ein. »Manchmal ist er tagelang weg. Er sucht das nächste Proviantlager.«

»Er vergeudet seine Zeit.« Walker drehte den Kopf zu dem schwarzen Lieutenant. »Nimm dir fünf Mann. Finde unseren Freund Crockett. Wir können keine Überraschungen mehr gebrauchen.«

»Wir sollten diesen Mann besser nicht jagen, Sir«, sagte der Soldat. »Unsere Leute haben im letzten Monat mehr als genug durchgemacht.«

»Ich will aber nicht, dass er hier irgendwo herumschleicht.«

»Warum tun Sie das?«, fragte Ali. »Was hat er Ihnen getan?«

»Das Problem besteht eher darin, was ich ihm getan habe. Crockett ist nicht der Typ, der vergibt und vergisst. Er hockt irgendwo da draußen und beobachtet uns.«

»Er ist bestimmt schon weg. Hier gibt es nichts mehr für ihn zu tun. Er hat gesagt, wir hätten ohnehin aufgegeben.«

»Und warum weinen Sie dann?« Walker wurde energisch. »Keine Gefangenen, Lieutenant, verstanden? Crocketts erstes Gebot!«

»Jawohl, Sir«, murmelte der Lieutenant. Er suchte sich fünf Männer aus und machte sich mit ihnen auf den Weg.

Nachdem der Suchtrupp gegangen war, schloss Walker die Augen. Ein Soldat zog ein Messer aus seiner Stiefelscheide, schnitt eine Kiste mit Proteinriegeln auf und zeigte auf die Wissenschaftler. Er überließ es Troy, die Päckchen an seine Kameraden zu verteilen. Twiggs küsste seine Ration und riss sie dann mit den Zähnen auf.

Ali nahm nur kleine Happen und nippte ein wenig Wasser dazu. Twiggs übergab sich. Und aß gierig weiter.

Allmählich füllte sich der Raum. Mehr Verwundete wurden hereingebracht. Zwei Mann bauten am Fenster ein Maschinengewehr auf. Insgesamt zählte Ali mit sich und ihren Gefährten weniger als fünfundzwanzig Leute. Mehr waren offensichtlich von den ursprünglichen 150 Expeditionsteilnehmern nicht mehr übrig.

Walker öffnete die blutunterlaufenen Augen. »Bringt alles rein«, befahl er. »Auch die Boote. Wir graben uns hier ein paar Tage ein. Das hier ist die Antwort auf unsere Gebete. Eine feste Burg an diesem verdammten Ozean.«

Die Schweinsäuglein des Soldaten waren anderer Meinung. Er salutierte. Aber Walker entglitt sein Kommando.

»Wie habt ihr uns gefunden?«, fragte Pia.

»Wir haben euer Licht gesehen«, sagte Walker.

»Unser Licht?«

Ikes Öllampen, dachte Ali. Sie waren ihr kleines Geheimnis gewesen. Ein Leuchtturm für alle anderen.

»Habt ihr das fünfte Proviantlager gefunden?«, wollte Spurner wissen.

»Die Hadal hatten sich schon die Hälfte geschnappt«, erwiderte Walker.

»Nennen wir es einfach den Anteil des Teufels«, ertönte eine Stimme, und Montgomery Shoat betrat den Raum.

»Sie? Sie sind immer noch am Leben?« Ali konnte ihren Abscheu nicht verbergen. Von den Soldaten im Stich gelassen zu werden, war eine Sache, aber Shoat war wie die Wissenschaftler Zivilist, und er hatte von Walkers hinterhältigem Plan gewusst. Sein Verrat wog doppelt schwer.

»Es war ein abenteuerlicher Ausflug«, sagte Shoat. Er hatte ein blaues Auge und einen gelben Bluterguss an der Wange. »Haddie hat uns wochenlang ziemlich gerupft. Und die Jungs haben schwer daran gearbeitet, mich unterzukriegen. Inzwischen glaube ich beinahe, dass wir unsere Bildungsreise unter dem Pazifik nicht ganz zu Ende bringen werden.«

Walker ignorierte ihn einfach. »Ist diese Küste hier besiedelt?«

»Ich habe unterwegs nur drei Hadal gesehen«, sagte Ali.

»Mehr nicht? Keine Siedlungen?« Walkers schwarzer Bart teilte sich zu einem Grinsen. »Dann haben wir sie abgehängt, Gott sei Dank. Über das offene Wasser können sie unsere Spur nicht aufnehmen. Wir haben noch Nahrung für zwei Monate. Und wir haben Shoats Peilgerät.«

Shoat wedelte mit erhobenem Zeigefinger in Richtung des Colonel. »Ah-ah«, sagte er. »Noch nicht. Noch drei Tage nach Westen. So ist es abgemacht. Dann können wir uns über den Heimweg unterhalten.«

»Wo ist das Mädchen?«, fragte Ali.

»Ich habe sie falsch eingeschätzt«, krächzte Walker. Er brauchte Morphium.

»Sie haben sie getötet«, sagte Ali.

»Ich hätte es tun sollen. Sie hat mir nur Ärger eingebracht.« Er winkte mit der Hand. Zwei Soldaten zerrten das wilde Mädchen herein und fesselten es mit einer Drahtschlinge um den Hals an die Wand. Ihr Mund war mit Klebeband umwickelt. Sie roch stechend nach Kot und Schweiß. Auf dem Klebeband trockneten Streifen aus Blut und Rotz.

»Was haben Sie diesem Kind angetan?«

»Sie war für meine Männer eine gottlose Versuchung«, antwortete Walker.

»Sie haben Ihren Männern erlaubt ...«

Walker blickte sie verwundert an. »So moralisch? Dabei sind Sie selbst nicht besser, Schwester. Jeder will etwas von dieser Kreatur. Bitte schön, bedienen Sie sich, holen Sie sich das Wörterbuch von ihr. Aber verlassen Sie diesen Raum nicht ohne ausdrückliche Erlaubnis.«

Troy erhob sich und legte dem Mädchen seine Jacke über die Schultern. Das Mädchen wich zurück.

»In die würde ich mich nicht verlieben, mein Junge«, lachte Walker. »Die ist von Natur aus wild.«

Ali und Troy machten sich daran, das Mädchen zu füttern.

»Was habt ihr vor?«, wollte ein Soldat wissen.

»Wir nehmen das Klebeband ab«, antwortete Ali. »Wie soll sie sonst essen?«

Der Soldat riss brutal am Band und zog sofort die Hand weg. Das Mädchen schnappte so wütend nach ihm, dass es sich beinahe an dem Draht erdrosselt hätte. Ali zuckte erschrocken zurück. Überall im Raum wurde Gelächter laut. »Viel Spaß«, sagte der Soldat.

Als es fertig gegessen hatte, schloss das Mädchen die Augen. Zwischen Nahrungsaufnahme und Schlaf gab es so gut wie keinen Übergang. Sie nahm, was sie kriegen konnte.

Zwei Tage vergingen. Ike zeigte sich noch immer nicht. Ali spürte, dass er irgendwo in der Nähe war, aber die Suchtrupps kamen mit leeren Händen zurück.

Dann passierte es. Die Soldaten prügelten Shoat bei dem Versuch, ihm den Code für den Peilsender zu entreißen, fast bewusstlos. Seine Sturheit trieb sie zur Weißglut, und sie hörten erst auf, als Ali sich schützend über ihn warf.