Das ist ein Unglück — aber nun kann man es nicht mehr ändern. Auf jeden Fall haben Sie die Beruhigung, dass mir nicht so leicht etwas Unerfreuliches passieren kann. Du lieber Himmel! Das ist ja schon Rugby. Ich steige hier aus.
Habe hier eine geschäftliche Angelegenheit zu erledigen.« Er stand auf, schüttelte sich ein wenig und knöpfte den Regenmantel zu. Dann drückte er den schäbigen Hut tiefer über die rätselhaft funkelnden Gläser seines Kneifers. Der Zug verlangsamte seine Fahrt und hielt. Mit einem kurzen «Gute Nacht «und einem schiefen Lächeln stieg er aus.
Pender sah ihm nach, wie er schnell den Bahnsteig entlangging.
«Verrückt«, murmelte Pender, sonderbar erleichtert.
«Gott sei Dank, es sieht so aus, als ob ich nun das Abteil für mich alleine haben werde.« Er wandte sich wieder dem» Mord im Pfarrhaus «zu, doch seine Gedanken waren woanders.
Wie hieß doch gleich wieder das Zeug, von dem der Kerl geredet hatte? Nicht um alles in der Welt hätte er sich an den Namen erinnern können.
Es war am folgenden Nachmittag, dass Pender die Notiz im Standard las. Wenn sein Blick nicht an dem Wort» Badewanne «hängen geblieben wäre, hätte er sicherlich die kurze Nachricht überlesen: WOHLHABENDER FABRIKANT STIRBT IN DER BADEWANNE!
Ehefrau entdeckt die Tragödie Eine schreckliche Entdeckung machte heute Morgen Mrs. John Brittlesea, die Frau des bekannten Direktors der Brittleseas Engineering Werke in Rugby. Da ihr Ehemann, den sie noch vor einer Stunde wohlbehalten und gesund gesprochen hatte, nicht rechtzeitig zum gemeinsamen Frühstück erschien, suchte sie ihn im Badezimmer, wo sie ihn, nachdem man die verriegelte Tür aufgebrochen hatte, tot in der Badewanne liegend fand. Nach Feststellung des Arztes war Brittlesea bereits vor einer halben Stunde gestorben. Als Todesursache wird Herzschlag angegeben.
Der verstorbene Fabrikant …
Ein komischer Zufall, sagte sich Pender. Noch dazu in Rugby! Mein unbekannter Freund würde sich sehr dafür interessieren, wenn er noch dort ist, um seine geschäftliche Angelegenheit zu erledigen. Möchte eigentlich wissen, was für eine Art von Geschäften er betreibt …
Es ist eine sonderbare Sache, wie man dauernd auf die gleichen Umstände trifft, wenn die Aufmerksamkeit erst einmal darauf gelenkt ist. Diese Umstände scheinen dann direkt hinter einem her zu jagen. Angenommen man bekommt eine Blinddarmentzündung: Augenblicklich füllen sich die Spalten der Zeitungen mit Nachrichten über Staatsmänner, die an Blinddarmentzündungen erkranken, und Opfern, die daran sterben. Man erfährt, dass beinahe alle Bekannten, oder wenigstens ihre Freunde, daran gelitten haben oder daran gestorben sind — oder sich viel schneller davon erholten als man selbst. Es ist ausgeschlossen, eine Zeitschrift aufzuschlagen, ohne auf einen Artikel zu stoßen, der die Heilung davon als Triumph der modernen Chirurgie bezeichnet oder zumindest über einen wissenschaftlichen Vergleich des wurmförmigen Blinddarms von Männern und Affen berichtet. Wahrscheinlich war die Beachtung des Blinddarms zu allen Zeiten die gleiche; nur dass man das erst in diesem Augenblick bemerkt, da die eigene Aufmerksamkeit sich darauf richtet. Auf jeden Fall ging es Pender so, dass er plötzlich entdeckte, mit welcher außergewöhnlichen Häufigkeit Leute in ihren Badewannen zu sterben schienen.
Die Fälle verfolgten ihn geradezu. Jedes Mal dieselbe Reihenfolge von Tatsachen: das heiße Bad, die Entdeckung der Leiche, die gerichtliche Untersuchung.
Und immer das gleiche medizinische Ergebnis: Herzschlag, infolge zu heißen Badens. Pender kam zu dem Schluss, dass es keineswegs ungefährlich war, in die mit heißem Wasser gefüllte Badewanne zu steigen. Er begann sein eigenes Bad jeden Tag ein wenig kälter zu nehmen, bis es geradezu ungemütlich wurde.
Jeden Morgen, noch bevor er sich hinsetzte, um in Ruhe die Nachrichten zu studieren, suchte er die Zeitung nach Schlagzeilen über einen Unfall im Badezimmer ab und war sofort erleichtert, aber gleichzeitig irgendwie enttäuscht, wenn eine Woche vorüberging, ohne dass sich eine Tragödie dieser Art ereignete.
Einer von diesen plötzlichen Todesfällen, von denen er auf solche Weise erfuhr, ereilte eine junge, schöne Frau, deren Ehemann, ein Chemiker, einige Monate vorher erfolglos versucht hatte, sich von ihr scheiden zu lassen.
Der staatliche Untersuchungsrichter schöpfte Verdacht und unterzog den Ehemann einer Reihe von Kreuzverhören. Es gelang ihm nicht, den medizinischen Befund des Arztes zu erschüttern. Pender, über die phantastische, unglaubliche Möglichkeit brütend, wünschte leidenschaftlich, wie jeden Tag seit seiner Begegnung mit dem Unbekannten in dem Zug, dass er sich an den Namen der Droge erinnern könnte, die der Mann erwähnt hatte.
Dann brach die Aufregung in Penders eigene Nachbarschaft ein. Der alte Mr. Skimmings, der allein mit seiner Haushälterin gerade um die Ecke wohnte, wurde tot in seinem Badezimmer aufgefunden. Sein Herz war nie sehr kräftig gewesen. Die Haushälterin sagte zu dem Milchmann, dass sie immer etwas dieser Art erwartet hatte, weil der alte Herr darauf bestand, sein Bad so heiß zu nehmen. Pender ging zu der gerichtlichen Untersuchung.
Die Haushälterin machte ihre Aussage. Mr. Skimmings war immer außerordentlich gut und freundlich zu ihr gewesen, und sie nahm es schwer, dass sie ihn nun für immer verloren hatte. Nein, sie hatte keine Ahnung gehabt, dass Mr. Skimmings ihr eine recht ansehnliche Summe Geldes hinterlassen würde, doch das zeigte, was für ein gütiges Herz er gehabt hatte. Der Wahrspruch lautete auf Tod durch Unglücksfall.
Wie gewöhnlich, machte Pender auch an diesem Abend seinen Spaziergang mit dem Hund. Eine besondere Neugier trieb ihn, an dem Haus des verstorbenen Mr.
Skimmings vorbeizugehen. Als er langsam vorbeischlenderte, verstohlen die leeren Fenster beobachtend, öffnete sich die Gartentür, und ein Mann kam heraus. In dem Lichtkreis einer Straßenlampe erkannte Pender ihn sofort.
«Hallo!«, sagte er.
«Ach, Sie sind’s«, antwortete der Mann.»Besehen sich wohl den Schauplatz der Tragödie, wie? Was denken Sie über diesen Fall?« «Was soll ich darüber denken? Nichts Besonderes«, sagte Pender.»Ich kannte ihn nicht persönlich. Komisch, dass wir uns auf diese Weise wieder begegnen.« «Ja, nicht wahr? Ich nehme an, dass Sie hier in der Nähe wohnen.« «Ja«, gab Pender zu und wünschte, er hätte es nicht getan.
«Wohnen Sie auch in diesem Viertel?« «Ich?«, fragte der Mann.»Nein. Habe hier nur eine geschäftliche Angelegenheit zu erledigen gehabt.« «Das letzte Mal, als wir uns trafen, waren Sie in Geschäften in Rugby«, bemerkte Pender. Sie gingen nun im gleichen Schritt nebeneinander her, sich langsam der Ecke nähernd, hinter der Penders Haus lag.
«Stimmt«, nickte der Mann.»Meine Geschäfte bringen mich im ganzen Land herum. Ich weiß nie vorher, wo ich am nächsten Tag benötigt werde.« «Sie müssten sich gerade in Rugby aufgehalten haben, als man den alten Brittlesea tot in seiner Badewanne fand, stimmt es?«, erwähnte Pender beiläufig.
«Ja. Komische Sache, der Zufall. «Der Mann blickte ihn von der Seite durch seine funkelnden Kneifergläser an.
«Hinterließ alles seiner Frau, glaube ich. Sie ist nun eine reiche Witwe. Sieht übrigens attraktiv aus. Sie war viel jünger als er.« Sie waren an Penders Haustür angelangt.»Kommen Sie auf einen Drink mit herein«, forderte ihn Pender auf und bereute sofort seine impulsive Einladung.
Der Mann war einverstanden, und sie gingen in Penders Bibliothek.
«In letzter Zeit sind auffallend viele dieser Unfälle beim Baden passiert, finden Sie nicht?«, begann Pender im leichten Unterhaltungston, während er Sodawasser in die Whiskygläser goss.