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Einen Augenblick blieb sie reglos stehen, vollführte dann mit der rechten Hand eine seltsame Geste, stieß einen leisen Hauch aus und sank zu seinen Füßen nieder.

Anthony riss sein Programmheft in lange Streifen und ließ sie auf den Boden der Loge über der Vorbühne fallen.

Oben und unten rechts von ihm war das Publikum. Mal lachte es, mal war es still, mal hob es wie ein einziges Wesen die Hände und schlug sie zusammen. So wie jetzt, als Canning Cumberland unten auf der Bühne mit ungewohnter Stimme und getrieben von einem inneren Teufel das Fenster aufriss und sagte:»Gott, ist das grässlich!« «Falsch! Falsch!«, schrie Anthony innerlich auf und hasste Cumberland, hasste Barry George, weil der sich von einem Satz aus vier Wörtern überrumpeln ließ, hasste das Publikum dafür, dass es Gefallen daran fand. Der Vorhang senkte sich mit einem langen Seufzer nach dem zweiten Akt, und ein Geräusch wie heftiger Regen erfüllte das Theater, schwoll gewaltig an und hielt immer noch an, nachdem die Lichter im Zuschauerraum bereits angegangen waren.

«Anscheinend«, sagte eine Stimme hinter ihm,»findet Ihr Stück Anklang.« Es war Gosset, dem das Jupiter gehörte und der die Aufführung unterstützt hatte. Anthony wandte sich stotternd zu ihm um:»Er macht es kaputt. Die Szene war für den anderen gedacht. Er hat sie ihm geklaut.« «Mein Junge«, sagte Gosset,»er ist Schauspieler.« «Betrunken ist er. Es ist unerträglich.« Er spürte Gossets Hand auf seiner Schulter.

«Die Leute beobachten uns. Sie stehen im Rampenlicht.

Das hier ist Ihr großer Auftritt — ein Erstlingsstück und gleich ein Riesenerfolg. Kommen Sie, alter Knabe, gehen wir einen trinken. Ich will Sie mit jemandem bekannt machen — « Anthony stand auf, und Gosset, den Arm um seine Schultern gelegt, lächelte in die Runde, tätschelte ihn und führte ihn Richtung Logentür.

«Tut mir Leid«, sagte Anthony,»ich kann nicht. Bitte lassen Sie mich. Ich gehe hinter die Bühne.« «Lieber nicht, alter Junge. «Die Hand lag plötzlich fester auf seiner Schulter.»Hören Sie, alter Junge — «Anthony hatte sich jedoch bereits losgemacht und war durch die Tür zur Bühne geschlüpft.

Am Fuß der halsbrecherischen Treppe stand Dendra Gay und wartete.»Ich dachte mir schon, dass du kommen würdest«, sagte sie.

Anthony sagte:»Er ist betrunken. Er verpfuscht mir das ganze Stück.« «Es ist doch nur die eine Szene, Tony. Gleich am Anfang des nächsten Akts ist er fertig. Es läuft grandios.« «Aber verstehst du denn nicht — « «Doch. Das weißt du doch. Aber es ist ein Erfolg, Tony, mein Liebling! Man hört es und riecht es und spürt es bis ins Innerste.« «Dendra …«, sagte er unsicher.

Jemand kam dazu und schüttelte ihm die Hand, schüttelte sie unentwegt. Kulissen wurden in Leinwand eingeschlagen und mit einem Stück Schnur zusammengebunden. Ein Kronleuchter stieg auf in die Dunkelheit.»Beleuchtung«, ordnete der Inspizient an, und die Bühne wurde von Licht überflutet. Eine ferne Stimme intonierte monoton:»Letzter Akt, bitte. Letzter Akt.« «Ist mit Miss Bourne alles in Ordnung?«, wollte der Inspizient plötzlich wissen.

«Es geht schon wieder. Sie ist erst in zehn Minuten dran«, sagte eine Frauenstimme.

«Was ist denn los mit Miss Bourne?«, fragte Anthony.

«Tony, ich muss gehen und du auch. Es wird bestimmt großartig, Tony. Bitte glaub dran. Bitte.« «Dendra«, hob Tony an, doch sie war schon verschwunden.

Auf der anderen Seite des Vorhangs kündigten Hörner und Flöten den letzten Akt an.

«Bitte alles die Bühne verlassen.« Die Bühnenarbeiter traten ab.

«Licht im Zuschauerraum.« «Licht im Zuschauerraum ist aus.« «Achtung.« Und während Anthony noch zaudernd links neben der Bühne stand, hob sich der Vorhang. Canning Cumberland und H. J. Bannington eröffneten den letzten Akt.

Mike kniete neben Coralie Bourne auf dem Boden und hörte, wie hinter ihm jemand den Durchgang betrat. Er wandte sich um und sah vor dem Hintergrund der erleuchteten Bühne die Silhouette des Schauspielers, der ihn durch ein Fenster auf der Bühne angesehen hatte. Es sah so aus, als wiederholte die Silhouette die Geste, die Coralie Bourne gemacht hatte, und drückte sich dann an die Wand.

Eine Frau mit Schürze trat aus der offenen Tür.

«He da — Sie!«, sagte Mike.

Nun geschahen drei Dinge gleichzeitig. Die Frau schrie auf und kniete sich neben ihn. Der Mann verschwand durch eine Tür auf der rechten Seite.

Die Frau hielt Coralie Bourne in den Armen und stieß heftig hervor:»Warum sind Sie zurückgekommen?«Dann gingen die Lichter im Durchgang an. Mike sagte:»Hören Sie, es tut mir furchtbar Leid«, und nahm den breitkrempigen schwarzen Hut ab. Die Garderobiere starrte ihn an, Coralie Bourne stieß einen langsam anschwellenden Schrei aus und schlug die Augen auf.

«Katie?«, sagte sie.

«Ist ja gut, mein Kleines. Er ist es nicht, Liebes. Alles in Ordnung. «Die Garderobiere fuhr ruckartig zu Mike herum:»Ziehen Sie das aus«, sagte sie.

«Ja, natürlich, es tut mir furchtbar — «Er trat aus dem Durchgang zurück und stieß dabei mit einem jungen Mann zusammen, der sagte:»In fünf Minuten, bitte. «Die Garderobiere rief ihm zu:»Sagen Sie denen, es geht ihr nicht gut. Sagen Sie, man soll den Vorhang noch halten.« «Nein«, sagte Coralie Bourne entschlossen.»Es geht schon, Katie. Sagen Sie nichts. Katie, was war denn los?« Sie verschwanden in dem Raum zur Linken.

Mike blieb im Schatten der aufgestapelten Kulissen neben dem Eingang zur Passage stehen. Auf der Bühne herrschte reges Treiben. Er entdeckte Anthony Gill, der sich auf der anderen Seite mit einem Mädchen unterhielt.

Der Gehilfe sprach mit dem Inspizienten, der nun in den Raum rief:»Ist mit Miss Bourne alles in Ordnung?«Die Garderobiere kam heraus und rief:»Es geht schon wieder.

Sie ist erst in zehn Minuten dran. «Der junge Gehilfe begann zu intonieren:»Letzter Akt, bitte. «Der Inspizient gab eine Reihe von Anweisungen. Ein Mann mit Monokel und üppigem Bart kam den Durchgang herunter und blieb außerhalb der Bühne stehen, richtete sich auf und zupfte seine Kleidung zurecht. Hörner und Flöten ertönten.

Canning Cumberland trat aus dem Raum zur Rechten und ging auf seinem Weg zur Bühne dicht an Mike vorbei, wobei er einen starken Alkoholgeruch hinterließ. Der Vorhang hob sich.

In seinem Versteck entfernte Mike verstohlen den Bart und stopfte ihn in die Manteltasche.

Ein Grüppchen Bühnenarbeiter stand in der Nähe. Einer von ihnen raunte heiser:»Ganz schön angesäuselt.« – «Geht aber wie geschmiert.«—»Und ich sag dir auch, warum: Eben weil er angesäuselt ist.« Es vergingen zehn Minuten. Mike dachte:»Die Sache läuft definitiv nicht nach Plan ab. «Er horchte. Auf der Bühne schien sich eine gewisse Spannung aufzubauen.

Canning Cumberland hob die Stimme zu einem lauten, aber verzerrten Ton. Eine Bühnentür öffnete sich, «Bemühen Sie sich nicht«, sagte Cumberland.»Adieu. Ich finde schon allein hinaus. «Die Tür knallte zu.

Cumberland stand neben Mike. Plötzlich gab es ganz in der Nähe einen lautstarken Knall. Die Kulissen vibrierten, Mike erbebte bis ins Innerste. Cumberland ging in seine Garderobe, und Mike hörte, wie der Schlüssel im Türschloss umgedreht wurde. Der Geruch von Alkohol vermischte sich mit dem Geruch von Schießpulver. Ein Bühnenarbeiter trat an einen Klapptisch und legte eine Pistole darauf. Der Schauspieler mit dem Monokel ging von der Bühne. Er sprach kurz mit dem Inspizienten, ging an Mike vorbei und verschwand im Durchgang.

Es roch. Es roch nach allem Möglichen. Unwillkürlich begann er, während er immer noch dem Stück lauschte, die Gerüche zu ordnen. Klebstoff. Leinwand.

Fettschminke. Der Inspizientengehilfe klopfte an zwei Türen.»Mr. George, bitte.«—»Miss Bourne, bitte. «Sie kamen heraus, Coralie Bourne in Begleitung ihrer Garderobiere. Mike hörte, wie sie einen Türknauf drehte und etwas sagte. Eine unverständliche Stimme antwortete ihr. Dann kam sie mit ihrer Garderobiere an ihm vorbei.