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„Sofort seinen Lohn verlangt?“ lachte der Baron. „Nein, er hat seine Arbeit sehr schlecht getan, so schlecht, daß sie ganz und gar mißlungen ist.“

„Esel!“

Es war eigentümlich, welchen Ausdruck der Diener in dieses Wort zu bringen vermochte. Verachtung, Stolz, Selbstbewußtsein, demütiges Mitleid, alles das lag darin. Es klang deutlich heraus, daß er es besser getan hätte als der Kapitän. Übrigens verkehrte Pierre mit seinem Herrn zwar höflich und ergeben, aber doch in jener dienstfertigen, vertraulichen Weise, welche sich gewöhnlich bei älteren Dienern einwurzelt, welche sich in die Geheimnisse ihrer Herrschaft einzuschleichen gewußt haben.

„Ja, ein Esel ist er“, meinte der Baron.

„Ein Stich, ein einziger Stich! Wie leicht, gnädiger Herr!“

„Ja. Aber eine Entschuldigung gibt es doch.“

„Keine!“

„O doch. Der Deutsche hatte einen stählernen Harnisch angelegt.“

„Donnerwetter!“

„Ja. Der Dolch ging nicht hindurch.“

„So muß man eben schießen!“

„Allerdings. Wo sind meine Pistolen?“

„Dort im Sekretär. Sie wollen doch nicht – – –?“

„Freilich will ich!“

„Selbst – – –?“

„Ja“, nickte der Baron stolz.

„Kann denn der Kapitän nicht allein –?“

„Nein. Er braucht einen, der ihn anfeuert. Sind sie geladen?“

„Nein.“

„Lade eine, aber sorgfältig!“

„Aber, gnädiger Herr, die Gefahr –!“

„Pah, es ist keine Gefahr dabei. Es wird so arrangiert, daß wir sicher sind.“

„Gewiß?“ fragte Pierre im Ton der Besorgnis.

„Ja, habe keine Angst um mich, Alter. Nötigenfalls haben wir unser Alibi.“

„Sie sind ja den ganzen Abend zu Hause gewesen und von mir bedient worden. Aber der Kapitän; wie steht es mit seinem Alibi?“

„Er war bei mir.“

„Schön!“

Mit diesen Worten öffnete Pierre den Sekretär, nahm den Pistolenkasten hervor und begann, eine der Waffen zu laden.

„Wo hast du das Laternchen?“ fragte sein Herr.

„Auch im Sekretär.“

„Setze es instand.“

„Das ist gut, gnädiger Herr. Man weiß nicht – – –“

Er schien sich darin zu gefallen, in nur halb ausgesprochenen Sätzen zu reden. Übrigens war die Angelegenheit ja eine solche, über die man sich nicht gern vollständig ausspricht.

„Das Fenster lehnst du nur an, schließest es aber nicht zu“, befahl Reillac.

„Ah, warum, gnädiger Herr?“

„Es ist möglich, daß der Kapitän mitkommt. Er darf nicht wissen, daß ich dich mit in das Vertrauen gezogen habe. Mache schnell. Ich habe nur sehr wenig Zeit!“

Die Pistole war geladen; jetzt wurde die Laterne hervorgenommen.

„Wenn es nur gut abläuft!“ meinte der Diener.

„Wie soll es anders ablaufen?“

„Oh, oft hat in solchen Sachen der Teufel sein Spiel!“

„Na, hier werden jedenfalls wir selbst die Teufel sein“, lachte der Baron.

„Und dennoch – – –! Gnädiger Herr, ich liebe die Deutschen nicht; ich gönne diesem Königsau lieber zehn Kugeln anstatt einer; ich an Ihrer Stelle aber würde diese Angelegenheit denn doch auf eine andere Weise zu ordnen suchen.“

„Auf eine andere? Hm! Auf welche?“ fragte der Baron neugierig.

Der Diener spitzte den Mund wie ein Faun, küßte sich die Fingerspitzen und antwortete:

„Auf eine sehr, sehr interessante Weise.“

„Ach, ich kenne deine Pantomimen, weiß aber dennoch nicht, was du meinst. Heraus damit!“

„Hm! Ich setze den Fall, Mademoiselle Margot besäße meine Liebe und versagte mir ihre Gegenliebe, so würde sie doch auf die leichteste Weise der Welt meine Frau.“

„Ah! Laß mich doch diese Weise kennenlernen!“

„Ich behaupte sogar, daß sie mich bitten würde, ihr Mann zu werden.“

„Pierre, du bist nicht gescheit!“

„Aber auch nicht dumm, wie ich zu meinem Ruhm selbst gestehen muß.“

„So sage, wie du sie zwingen willst?“

„Ich würde sie zu mir einladen.“

„Und sie kommt auch?“

„Sie kommt sogar in mein Schlafgemach, gnädiger Herr!“

Sein Gesicht nahm jetzt einen so lüsternen Ausdruck an, daß sein Herr lachen mußte.

„Du irrst, alter Schelm!“ sagte er.

„Ich bin überzeugt.“

„So sprichst du im Delirium!“

„Oh, ich bin sehr bei Sinnen.“

„Da kennst du diese Margot nicht!“

„Ich brauche sie nicht zu kennen. Es kommt ganz allein auf die Art an, in welcher sie meine Einladung erhält.“

Jetzt wurde der Baron doch aufmerksamer. Er merkte, daß der Kammerdiener irgendeinen Plan hatte; darum fragte er:

„Wie würde deine Art sein?“

„Hm!“ brummte der Gefragte nachdenklich. „Je nach den Umständen. Hat Mademoiselle ihren Verlobten bereits einmal in seiner Wohnung besucht?“

„Ich glaube es nicht.“

„Erzählten mir der gnädige Herr nicht, daß Blücher den Freiersmann gemacht habe?“

„Ja.“

„So steht dieser Königsau bei dem Marschall gut?“

„Höchst wahrscheinlich.“

„So, daß dieser ihn auch einmal einladen könnte, mit ihm zu speisen?“

„Gewiß, Blücher soll in dieser Beziehung ja ganz und gar nicht penibel sein.“

„Gut, gut, da hätten wir ja gleich einen Modus!“

„Erkläre dich deutlicher!“

„Nun, wohlan! Es kommt ein Ordonnanzoffizier in einer Equipage zu Madame Richemonte, natürlich ein deutscher Ordonnanzoffizier, gnädiger Herr.“

„Weiter, weiter!“ sagte Reillac, ganz begierig, den Plan Pierres zu vernehmen.

„Dieser Offizier bringt die Empfehlung von dem Marschall; Mademoiselle Margot ist eingeladen, das Souper mit demselben einzunehmen. Ihr Bräutigam ist ebenso eingeladen, holt sie aber nicht ab, weil er überrascht werden soll. Er weiß gar nicht, daß Mademoiselle erscheinen wird.“

„Schlaukopf, ich beginne zu ahnen!“

„Nicht wahr?“

„Aber ein Fehler, ein sehr großer Fehler!“

„Welcher, gnädiger Herr?“

„Die Mutter ist nicht mit eingeladen, das würde sehr auffallen.“

„Ah, sagten der gnädige Herr nicht, daß sie krank sei?“

„Allerdings.“

„Nun, da hat man ja gleich die gute Ausrede. Die Ordonnanz hat zu melden, daß der Marschall wegen ihres Unwohlseins lebhaft bedaure, die gnädige Frau nicht auch bei sich zu sehen. Das wird wohl genügen?“

„Jedenfalls.“

„Nun kenne ich da an der Seine in einem kleinen Gäßchen einen heruntergekommenen Apotheker, welcher davon lebt, daß er gewisse Sachen, welche der Privatmann sonst nicht erhält, an seine guten Freunde verkauft.“

„Bist du einer dieser guten Freunde?“

„Ich schmeichle es mir“, antwortete Pierre lächelnd. „Er besitzt ein Parfüm, davon einige Tropfen in ein Taschentuch geträufelt und einer Dame vor das Gesicht gehalten, machen, daß diese sofort die Besinnung verliert.“

„Schurke!“ lachte der Baron. „Hast du selbst dieses Parfüm bereits erprobt?“

„Mit Ihrer gnädigen Erlaubnis, ja“, antwortete Pierre zynisch.

„An wem? An einer Dame?“

„Natürlich! An einem Herrn würde die Probe zu uninteressant sein.“

„Du bist und bleibst ein schlechter Kerl.“

„Danke, gnädiger Herr!“ sagte Pierre mit einer sarkastischen Verbeugung.

„Fahre fort!“

„Also Mademoiselle sitzt mit der Ordonnanz im Wagen. Der Offizier träufelt zwei Tropfen des Parfüms auf ein Tuch und hält es ihr vor das Näschen.“

„Du bist bei Gott ein Bösewicht!“ bemerkte der Baron. „Weiter. Verliert sie sofort die Besinnung?“

„Sofort“, antwortete der durchtriebene Diener.