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„Ich werde morgen genaue Erkundigungen einziehen“, meinte der Kapitän, „und Ihnen beizeiten … Widerstand leisten wird.“

„Ich werde ihn zu brechen wissen, da ich dabei auf Ihre Hilfe rechnen darf“, sagte der Baron. „Jedenfalls steht zu erwarten … ihre Ehre retten, so bleibt nichts anderes übrig als … darauf rechne ich!“

Bei diesen letzten Worten schob er die Tür zu. Nun wurde es finster, und Königsau konnte kein einziges Wort mehr vernehmen. Er wartete noch eine längere Weile, doch vergebens, und so beschloß er, seinen Rückweg anzutreten.

Dieser gelang ihm vollständig, denn da das Gartenhaus höher lag, als das Gäßchen draußen, so war von innen aus die Mauer leichter zu erklettern, als von draußen herein. Jetzt war es aber Hauptsache, sich das Gäßchen genau zu merken; dies konnte unter Umständen von größtem Vorteil sein.

Er schritt es mehrmals auf und ab, ebenso die anliegenden Straßenteile und war endlich sicher, es am Tag sehr leicht auffinden zu können. Nun kehrte er nach Hause zurück.

Auf dem Heimweg dachte er über das nach, was er gehört hatte. Er entnahm daraus, daß ein neuer Anschlag gegen ihn und Margot verabredet worden war, doch ließ sich nicht denken und erraten, worin derselbe bestehe. Es war die Rede davon gewesen, daß der Kapitän morgen Erkundigungen einziehen wolle, daß Margots Ehre zu retten sei, daß ihr Widerstand besiegt werden solle. Aus alledem ließ sich doch nichts Bestimmtes folgern. Nur das schien festzustehen, daß der neue Anschlag recht bald ausgeführt werden solle.

Königsau gelangte bald auf seine Straße und an das Palais des Marschalls. Es standen, wie vorhin, zwei Posten da. Er bückte sich da, wo er seine Stiefel abgelegt hatte, nieder; sie waren weg. Er trat daher zu den Posten. Seines leisen Ganges und der Dunkelheit wegen hatten sie ihn nicht kommen gehört. Sobald sie ihn aber erblickten, riefen sie ihn an:

„Wer da?“

„Preußischer Husarenoffizier“, antwortete er. „Seit wann steht ihr hier?“

„Nicht ganz eine Stunde.“

„Wurden euch keine Stiefel übergeben?“

„Nein.“

„Wurde auch nicht der Name eines Offiziers genannt?“

„O ja, Herr Lieutenant, den habe ich gehört.“

„Welcher?“

„Lieutenant von Königsau.“

„Gut, ich bin es.“

„Herr Lieutenant sollen sofort zum Marschall kommen.“

„So spät?“

„Sofort. Sie sollen gar nicht erst nach Ihrer Wohnung gehen.“

„Sapperlot! Ich habe ja keine Stiefel an!“

„Die haben Exzellenz mit hinaufgenommen.“

„Alle Teufel! Konfisziert?“

„Ich weiß nicht. Wir sollen aber sagen, daß der Herr Lieutenant sofort erscheinen sollen, und zwar in Strümpfen.“

„Na, da muß ich es wohl oder übel tun.“

Er trat ein und stieg die Treppe empor. Droben im Vorsaal stand der Unteroffizier von der Wache.

„Was tun Sie so spät hier?“ fragte der Lieutenant.

„Ich habe den Herrn Lieutenant anzumelden.“

„Ah, so werde ich erwartet.“

„Ja.“

„Na, melden Sie!“

Der Unteroffizier verschwand hinter der Tür, und es dauerte eine ganze Weile, ehe er wiederkam, um Königsau zu sagen, daß er eintreten könne. Diese Zeit hatte nämlich Blücher gebraucht, um Margot zu verstecken, die auch bei ihm war.

Als der Lieutenant die Tür hinter sich zugezogen hatte, trat er drei Schritte vor und machte sein Honneur. Blücher hatte die Pfeife im Mund, und in der Stube gab es fürchterlichen Tabaksqualm. Auf dem Tisch stand eine kostbare japanische Schale, welche der Marschall benutzt hatte, um die ausgerauchten Pfeifen auszuputzen. Schwefelfaden und Zunder lagen in einem silbernen Fruchtkörbchen.

„Ach, was ist denn das?“ fragte Blücher in erstauntem Ton. „Sie kommen ja so leise wie ein Spitzbube herein. Das klingt gerade, als ob kein Geldbeutel vor ihren Fingern sicher wäre. Ach Teufel noch einmal! Sie haben keine Stiefel!“

„Zu Befehl, Exzellenz!“

„Nun, wo stecken denn diese Stibbeln?“

„Sie sind nicht sicher gewesen vor den Fingern Eurer Exzellenz!“

Blücher schmunzelte und sagte, die Hand drohend erhebend:

„Junge, mache keine guten Witze! Du weißt, die schlechten verzeihe ich, aber die guten bestrafe ich mit Lattenarrest!“ Und einen ernsten Ton aufschlagend, fuhr er fort: „Es ist mir noch nie vorgekommen, daß ein Lieutenant sich in Strümpfen bei mir gemeldet hat! Das ist unbegreiflich!“

„Desto begreiflicher ist es, wenn Ew. Exzellenz einem Lieutenant befehlen, in Strümpfen zu erscheinen.“

„Du, das ist ein schlechter Witz; den rechne ich dir nicht an. Bilde dir also nichts auf ihn ein! Übrigens wärst du bald schrecklich blamiert gewesen. Es war jemand da, der schöne Augen über deine Strümpfe gemacht haben würde. Gucke sie dir mal an, mein Sohn! Sie sind ja dreckiger wie ein Paar Pferdehändlerstiefel. Und die Zehen gucken wohl – ach, zeige doch her! Na, sie stecken noch drin; da geht es! Gehe dort hin in den Silberschrank, und fahre in deine Feueressen!“

Königsau gehorchte und öffnete den Schrank. Da, wahrhaftig standen seine Stiefel mitten unter dem funkelnden Gold- und Silbergeschirr. Er nahm sie heraus und zog sie vor den Augen des Marschalls an.

„So“, sagte dieser. „Jetzt bist du wieder der Hugo, der sich sehen lassen kann. Gehe doch mal hin an die Tür, und klopfe an!“

Königsau tat es. Sofort öffnete sich die Tür.

„Margot!“

„Hugo!“

Sie lagen sich in den Armen, ohne sich durch die Gegenwart des Marschalls stören zu lassen. Dieser zupfte an seinem Schnurrbart herum, zog allerlei glückliche und verdrießliche Gesichter und sagte schließlich:

„Ja, die haben sich beim Kopf! Wo aber bleibt der alte Gebhard Leberecht von Blücher? Den nimmt niemand bei den Ohren!“

„O doch!“ antwortete Margot.

Sie trat auf ihn zu, legte ihm die Arme furchtlos um den Hals und küßte ihn recht herzhaft auf die Wange.

„Mädel“, sagte er, „das ist die falsche Adresse: hat dir's der Hugo denn nicht besser beigebracht? Komm her!“

Er nahm sie beim Kopf und küßte sie auf den Mund; dann sagte er zu Königsau:

„Wenn du es nicht leiden willst, so verklage mich oder hau mich! Aber ich habe mit der Hexe jetzt stundenlang beisammengesessen; sie hat mir's angetan, und wir sind so hübsch einig geworden, daß ich wollte, du wärst der General und ich der Lieutenant. Sie hat mir alles erzählt, was heute passiert ist. Nun erzähle du weiter, mein Sohn, damit man klar sehen kann.“

Königsau setzte sich neben Margot, legte den Arm um sie und begann zu erzählen. Unterdessen ging Blücher auf und ab und rauchte wie ein feuerspeiender Berg.

Der Lieutenant ließ nicht das geringste hinweg. Margot lehnte ihr Köpfchen an seine Schulter und weinte vor Glück, ihn wieder zu haben. Es war, als ob Blücher der Vater dieser beiden sei, vor dem sie sich gar nicht zu genieren brauchten.

Als Königsau geendet hatte, sagte der Marschalclass="underline"

„Fürchterlich! Der eigene Bruder! Was willst du tun, mein Junge?“

„Sie beide niederschlagen, wo ich sie finde.“

„Nein. Das geht nicht, das verbiete ich dir. Verstanden!“

„Exzellenz –!“

„Papperlapapp Exzellenz! Ich habe es der da versprechen müssen.“

Er zeigte bei diesen Worten auf Margot. Königsau sah dem schönen Mädchen in die dunklen, feuchten Augen und fragte:

„Margot, du wünschst, daß ich mich nicht räche?“

„Hugo, er ist doch immer mein Bruder!“ bat sie.

„Gut! Aber dieser Baron Reillac?“

„Auch ihm soll nichts geschehen, mein lieber Freund.“

„Ja, so wie es in der Bibel zu lesen ist“, sagte Blücher gerührt. „Rebecca hat auch feurige Steinkohlen auf das Haupt des Herodes gesammelt.“

Der Lieutenant konnte denn doch ein Lächeln nicht unterdrücken. Der Marschall sah es, und fragte mit etwas verlegener Miene: