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Als sie damit fertig waren, waren die Büffel mit dem bloßen Auge deutlich zu sehen. Mit unverminderter Geschwindigkeit rasten die durch ein bislang unbekanntes Ereignis aufgebrachten Tiere auf einer eineinhalb Meilen langen Front heran, von dem Präriebrand offenbar gar nicht beeindruckt.

Dabei erwies sich Jacobs Einschätzung als richtig. Der starke Südwind trieb das Feuer strikt nach Norden, so daß der Treck von dem Brand unbehelligt blieb. Gierig fraßen sich die Flammen über das ausgetrocknete Gras den Büffeln entgegen. Es war fast wie ein Wettrennen zwischen Feuer und Büffelherde, wer bis zu ihrem Zusammentreffen eine größere Strecke zurücklegen konnte.

Die Luft flirrte vor Hitze und ließ die Umrisse der riesenhaften, zottigen Tiere verschwimmen. Aber die Reiter konnten genug sehen, um zu erkennen, daß die Büffel das Feuer bald erreicht haben würden.

»Es klappt nicht!« rief Sam Kelley laut, um das Donnern der unzähligen Büffelhufe zu übertönen, zu Jacob herüber. »Das Feuer beeindruckt die Büffel nicht im geringsten.«

»Abwarten«, sagte Jacob nur und mußte vor sich selber zugeben, daß er Kelleys pessimistische Einschätzung teilte. In ihrer Raserei mußte es den wilden Tieren ein leichtes sein, die nicht allzu breite Feuerfront zu durchbrechen. Und dann war ihnen der Treck schutzlos ausgeliefert.

Jacob kam ein neuer Gedanke, und er riß seinen Colt aus dem Holster.

»Schießt!« schrie er seinen Gefährten zu. »Macht einen Heidenlärm! Übertönt diese verfluchten Büffel!«

Und er feuerte in die Luft, bis die Trommel leer war, lud hastig nach, und gab die nächsten sechs Schüsse ab.

Die übrigen Reiter taten es ihm nach, aber in ihren Herzen keimte wenig Hoffnung. Die Schüsse vermochten kaum das Donnergrollen der Büffelhufe zu übertönen, und der Boden erzitterte bereits unter dem Stampfen der Tiere.

Die ersten Büffel waren nur noch etwa dreißig Yards vom Feuer entfernt, als sie plötzlich langsamer wurden und ihre Richtung änderten, um nach Osten abzuschwenken. Die nachfolgenden Tiere folgten den Leitbüffeln. Es war kaum glaublich, aber ganz dicht vor dem Feuer floß das Meer der dunklen, riesigen Leiber in eine neue Richtung.

Atemlos, mit aufgerissenen Augen verfolgten die Reiter, wie die Büffel vor dem Feuer davonrannten.

»Wir haben es geschafft!« rief Sam Kelley aus Leibeskräften und stieß einen lauten Jubelschrei aus.

Unter Freudengebrüll, ihre Hüte ausgelassen in der Luft schwenkend, galoppierten die Reiter zum Treck zurück, wo sich ebenfalls Erleichterung und Freude ausbreitete.

Nur von einem Planwagen starrten den Reitern besorgte Gesichter entgegen. Es war der Wagen der Millers.

Jacob hatte kaum seinen Grauen neben ihm gezügelt, als Ben Millers Frau Agnes vom Bock her fragte: »Wo ist Ben? Wie geht es ihm?«

»Das weiß ich leider nicht. Ben und Oregon Tom haben wir nicht gesehen.«

»Sind sie etwa unter die Büffel.«, begann Agnes, schaffte es aber nicht, den Satz zu Ende zu bringen.

»Das glaube ich nicht. Auf ihren Pferden sind sie schnell genug gewesen, um sich in Sicherheit zu bringen.«

In den Augen der Frau las Jacob ein Schwanken zwischen Zweifel und Hoffnung, als sie fragte: »Aber wo sind sie dann?«

»Ich werde einen Suchtrupp zusammenstellen«, versprach Jacob.

Fünf Minuten später ritt er an der Spitze von einem Dutzend Männern in die Prärie hinaus. Sie wandten sich nach Nordosten, um die noch immer durch das Grasland tobenden Flammen zu umgehen.

Als sie auf der Höhe des links von ihnen prasselnden Feuers waren, zügelten sie überrascht ihre Pferde, denn ein einsamer Reiter kam ihnen aus der Richtung entgegen, aus der vor kurzem die Büffel gestürmt waren. Noch hing der von den Tieren aufgewühlte Staub in der hitzeflirrenden Luft, weshalb die Umrisse des Reiters nur undeutlich zu erkennen war.

»Wer von ihnen mag das sein?« fragte Martin, der, gebannt wie alle anderen, dem Mann entgegenstarrte.

Allmählich schälten sich seine Konturen deutlicher hervor. Es war ein hagerer Mann in Wildlederkleidung, der einen Schecken ritt.

Mit versteinertem Gesichtsausdruck hielt Thomas Bidwell auf die Gruppe zu. Er und sein Pferd waren über und über mit Staub bedeckt.

Noch ehe er den Suchtrupp ganz erreicht hatte, wurde der Scout mit Fragen bestürmt.

Oregon Tom wischte den Staub aus seinem Gesicht, sah den davonrollenden Planwagen nach und meinte mit erschöpfter Stimme: »Ein Glück, daß das Feuer die Büffel vertrieben hat. Wer ist auf die Idee gekommen?«

»Jacob«, sagte Martin und blickte seinen Freund nicht ohne Stolz an.

»Was ist passiert?« fragte Sam Kelley. »Wo ist Ben Miller?«

Der Scout zeigte müde in die Richtung, aus der er gekommen war.

»Da hinten ist er. Der Narr ist tot!«

Bestürzt sahen die Auswanderer ihren Scout an, die unausgesprochene Frage auf ihren Gesichtern, was geschehen war.

»Ben Miller war nicht der große Büffeljäger, für den er sich hielt«, erklärte Oregon Tom. »Leider war ich zu weit weg, um ihn zurückzuhalten. Sonst wäre das alles nicht passiert.«

»Was?« fragte Jacob laut.

»Ich hatte Miller noch ermahnt, eins der Tiere vom Rand zu schießen, ein Stück entfernt von der großen Herde. Aber er hatte es anscheinend auf eine junge Kuh mitten im Gewühl abgesehen. Er ritt zwischen die Tiere und feuerte seinen Karabiner ab. Aber die Büffelkuh war nur angeschossen und stürmte auf Miller los. Er zog seinen Revolver und feuerte auf die Kuh, während sein Pferd zu scheuen begann und ihn abwarf. Dann war die Kuh über ihm. Als ich am Ort war und die Büffelkuh erlegte, war Miller schon tot. Durch den ganzen Aufruhr geriet die Herde in Unruhe und stürmte plötzlich los. Millers Packpferd wurde niedergetrampelt. Mein eigenes lief erschreckt in die Prärie hinaus und ist irgendwo zwischen den Hügeln verschwunden.«

Sie ritten zu den Wagen zurück und veranlaßten den Treck zum Halten.

Jacob übernahm die schwere Aufgabe, Agnes Miller und ihren Kindern beizubringen, was mit Ben Miller geschehen war.

Erst sah die erfahrene, von vielen Jahren an der Grenze gehärtete Farmersfrau völlig gefaßt drein. Aber dann stiegen Tränen in ihre Augen, und verzweifelt schrie sie den Namen ihres Mannes.

»Nein, das glaube ich nicht!« schluchzte sie. »Ich glaube nicht, daß Ben tot ist. Ich. ich will ihn sehen!«

»Tun Sie sich das lieber nicht an, Ma'am«, riet ihr Oregon Tom. »Das, was die Büffelkuh von ihrem Mann übriggelassen hat, ist kein schöner Anblick. Sie würden ihn kaum erkennen.«

Die in Tränen aufgelöste Frau starrte den Scout ungläubig an. »Aber. wir müssen Ben doch wenigstens begraben.«

»Wären wir hier in der Stadt, gäbe ich Ihnen recht, Ma'am«, sagte Bidwell. »Aber würden wir zu der Leiche reiten, sie bestatten, und dann wieder zurückkehren, wäre der Tag vorbei.« Er sah nach Westen, wo sich die Sonne allmählich dem Horizont zuneigte. »Wir sollten die paar Stunden Tageslicht, die uns noch bleiben, besser ausnutzen, noch ein gutes Stück voranzukommen. Wenn wir in den Rockies einschneien, müssen wir alle sterben. Das hätte Ihr Gatte bestimmt nicht gewollt.«

»Der Mann hat recht, Mrs. Miller«, sagte Abner Zachary, der seine in Leder gebundene, abgegriffene Bibel in den Händen hielt. »Hier in der Wildnis kann eine selbstverständliche Christenpflicht die Ursache des eigenen Todes sein. Ich werde heute abend einen Gottesdienst für Ben abhalten.«

Agnes sah den Prediger an, als spendeten seine Worte ihr Trost. Aber plötzlich sprang sie vom Wagen und rannte in die Prärie hinaus, dabei immer wieder Bens Namen rufend.

Jacob und Martin glitten aus den Sätteln, liefen ihr nach, packten sie an den Armen und hielten sie zurück. Sie redeten beruhigend auf Agnes ein und brachten sie zum Treck zurück, um sie in die Obhut der anderen Frauen ihres Zuges zu geben.

Jacob ging auf den sechzehnjährigen Johnny Miller zu, der mit wächsernem Gesicht auf seinem Fuchs saß und bisher kein Wort gesagt hatte.