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»Das ist die nächstliegende Antwort — aber sie ist völlig falsch. Wenn Sie eine Gruppe von mehr als vierundzwanzig Personen haben, stehen die Chancen besser als fünfzig zu fünfzig, dass zwei davon am selben Tag zur Welt gekommen sind.«

»Das ist doch albern! Vierundzwanzig Tage von dreihundertfünfundsechzig bringen doch niemals so hohe Chancen.«

»Tut mir leid — aber es ist so. Und wenn mehr als vierzig Personen versammelt sind, werden in neun von zehn Fällen zwei den gleichen Geburtstag haben. Unter Umständen könnte es sogar bei uns zweiundzwanzig hier klappen. Wollen wir's versuchen, Commodore?«

»Gut — ich werde herumgehen und jeden nach seinem Geburtstag befragen.«

»O nein«, protestierte McKenzie. »Wenn Sie's so machen, schwindeln die Leute. Die Daten müssen aufgeschrieben werden, damit keiner den Geburtstag des anderen kennt.«

Eine fast leere Seite aus einem der Touristenprospekte wurde für diesen Zweck geopfert und in zweiundzwanzig Streifen zerrissen. Nachdem man sie eingesammelt und verglichen hatte, stellte sich zu jedermanns Erstaunen und zu McKenzies Freude heraus, dass sowohl Pat Harris als auch Robert Brian am dreiundzwanzigsten Mai geboren worden waren.

»Reiner Zufall!«, meinte ein Skeptiker und rief damit eine mathematische Auseinandersetzung zwischen einem halben Dutzend männlicher Passagiere hervor. Die Damen blieben uninteressiert; entweder hatten sie nichts für Mathematik übrig oder nichts für Geburtstage.

Als der Commodore entschied, die Sache habe lange genug gedauert, meldete er sich wieder zu Wort.

»Meine Damen und Herrn!«, rief er. »Wir kommen zum nächsten Programmpunkt. Das aus Mrs. Schuster und Professor J. bestehende Vergnügungskomitee hat einen Einfall gehabt, den ich für recht gut halte. Sie schlagen vor, einen Gerichtshof zu errichten und jedermann der Reihe nach ins Kreuzverhör zu nehmen. Das Ziel des Gerichts soll es sein, eine Antwort auf die folgende Frage zu finden. Warum sind wir eigentlich auf den Mond gekommen? Natürlich werden sich manche gegen ein Verhör sträuben — ich weiß ja nicht, ob nicht die Hälfte von Ihnen vor der Polizei oder den Ehefrauen auf der Flucht ist. Es steht Ihnen natürlich völlig frei, die Aussage zu verweigern, aber nehmen Sie es uns nicht übel, wenn wir dann die schwerwiegendsten Schlussfolgerungen ziehen. Nun, was halten Sie von der Idee?«

Man zeigte sich teils begeistert, teils gelangweilt, aber da keine entschlossene Opposition auftrat, machte der Commodore weiter. Beinahe automatisch wurde er zum Gerichtsvorsitzenden gewählt, Mr. Schuster wurde ebenso selbstverständlich zum Kronanwalt ernannt.

Man hatte die vordersten beiden Sitze umgedreht, so dass Richter und Kronanwalt, die darauf Platz nahmen, den Zuhörern gegenübersaßen. Nachdem es sich alle bequem gemacht hatten und Pat Harris als Gerichtssekretär Ruhe im Saal herstellte, hielt der Vorsitzende eine kurze Ansprache.

»Wir betreiben augenblicklich noch keine Strafverfahren«, sagte er, nur mit Mühe ein ernstes Gesicht bewahrend. »Hier handelt es sich um ein reines Untersuchungsgericht. Wenn irgendein Zeuge der Meinung sein sollte, dass er von meinem ehrenwerten Kollegen eingeschüchtert wird, dann braucht er sich nur beim Gericht zu beschweren. Würde der Sekretär so gut sein, den ersten Zeugen zu rufen?«

»Äh — Euer Ehren — wer ist denn der erste Zeuge?«, sagte der Sekretär vernünftigerweise.

Es bedurfte einer zehnminütigen Diskussion zwischen dem Vorsitzenden, dem Kronanwalt und debattierfreudigen Mitgliedern der Öffentlichkeit, um diesen wichtigen Punkt zu entscheiden. Man verfertigte schließlich Stimmzettel, und als Erster wurde der Name David Barrett gezogen.

Der Zeuge trat lächelnd vor und blieb vor dem Richtertisch stehen.

Irving Schuster, in Weste und Unterhosen nicht allzu gelehrt aussehend, räusperte sich nachdrücklich.

»Sie heißen David Barrett?«

»Richtig.«

»Ihr Beruf?«

»Ingenieur, jetzt pensioniert.«

»Mr. Barrett — würden Sie dem Gericht sagen, warum Sie zum Mond gekommen sind.«

»Ich war einfach neugierig. Außerdem hatte ich Zeit und Geld.«

Irving Schuster starrte Barrett schräg durch seine dicke Brille an. Damit konnte man die Zeugen oft nervös machen. In diesem Zeitalter galt es als exzentrisch, eine Brille zu tragen, aber Ärzte und Rechtsanwälte hatten die Gewohnheit beibehalten.

»Sie waren also neugierig«, wiederholte Schuster. »Das ist keine Erklärung. Warum waren Sie neugierig?«

»Diese Frage ist meines Erachtens so verschwommen formuliert, dass ich sie nicht beantworten kann. Warum tut man überhaupt irgendetwas?«

Commodore Hansteen lächelte vergnügt. Es war genau das, was er wollte — die Passagiere sollten diskutieren, ohne dass sich die Leidenschaften entzündeten.

»Ich gebe zu«, fuhr der Kronanwalt fort, »dass meine Frage ein bisschen spezifischer hätte sein können. Ich werde versuchen, sie neu zu formulieren.«

Er überlegte einen Augenblick und blätterte in seinen Notizen. Es waren lediglich aus den Broschüren herausgerissene Seiten, aber er trat nicht gern vor Gericht auf, ohne etwas in der Hand zu haben.

»Könnte man vielleicht mit Berechtigung sagen, dass die landschaftlichen Schönheiten des Mondes Sie angezogen haben?«

»Jawohl, das war einer der Gründe. Ich hatte natürlich die Broschüren gelesen und Filme gesehen. Ich fragte mich deshalb, ob die Wirklichkeit dieser Reklame entsprechen würde.«

»Und war das der Fall?«

»Ich würde sagen«, kam die trockene Antwort, »dass sie meine Erwartungen weit übertroffen hat.«

Es gab allgemeines Gelächter. Commodore Hansteen klopfte auf die Rückwand seines Sitzes.

»Ruhe!«, rief er. »Wenn die Verhandlung gestört wird, lasse ich den Saal räumen!«

Wie vorauszusehen, wurde das Gelächter noch ausgelassener. Als sich die Zuhörer einigermaßen beruhigt hatten, fuhr Schuster streng fort: »Das ist sehr interessant, Mr. Barrett. Sie sind unter beträchtlichen Kosten zum Mond geflogen, um sich die Landschaft anzusehen. Sagen Sie, haben Sie jemals den Grand Canyon gesehen?« — »Nein. Sie vielleicht?«

»Euer Ehren!«, beschwerte sich Schuster. »Der Zeuge macht Schwierigkeiten.«

Hansteen starrte Mr. Barrett grimmig an. »Sie führen hier nicht die Untersuchung, Mr. Barrett. Es ist Ihre Aufgabe, Fragen zu beantworten, nicht, sie zu stellen.«

»Ich bitte das Gericht um Entschuldigung, Mylord«, erwiderte der Zeuge.

»Äh — bin ich Mylord?«, meinte Hansteen unsicher, zu Schuster gewandt. »Ich dachte, ich sei ›Euer Ehren‹.«

Der Anwalt überlegte eine Weile.

»Ich schlage vor, Euer Ehren, dass jeder Zeuge sich der Anrede bedient, die in seinem Land üblich ist. Solange dem Gericht die entsprechende Ehrerbietung entgegengebracht wird, dürfte das doch wohl genügen.«

»Sehr schön — fahren Sie fort.«

Schuster wandte sich wieder an seinen Zeugen.

»Ich möchte wissen, Mr. Barrett, warum Sie es für nötig hielten, den Mond zu besuchen, obwohl Sie auf der Erde bei weitem noch nicht alles gesehen hatten. Können Sie uns einen vernünftigen Grund für dieses unlogische Benehmen nennen?«

Die Frage war gut gestellt; sie würde nahezu jeden interessieren, und Barrett bemühte sich ernsthaft, sie zu beantworten.

»Ich habe auf der Erde sehr viel gesehen«, sagte er langsam mit seinem englischen Akzent. »Ich habe im Hotel Everest gewohnt, beide Pole besucht, ja ich bin sogar auf dem Meeresboden gewesen. Ich kenne also einiges von unserem Planeten. Formulieren wir es einmal so. Er hatte die Fähigkeit, mich zu überraschen, verloren. Der Mond andererseits war völlig neu — eine ganze Welt, nicht einmal vierundzwanzig Stunden entfernt. Ich konnte dem Reiz dieser Neuheit nicht widerstehen.«

Hansteen hörte nur halb zu; er betrachtete unauffällig die Zuhörer. Inzwischen hatte er sich eine Meinung über Mannschaft und Passagiere der Selene gebildet. Er wusste, auf wen er sich verlassen konnte und bei wem mit Schwierigkeiten zu rechnen war, wenn es ernst wurde.