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»Hier ist Maurice Spenser, Interplanet News. Ich unterhalte mich mit Doktor Rawson. Nun, Doktor, wir wissen im Augenblick nur, dass Sie und Mr. Lawrence die Selene gefunden haben und dass die Passagiere wohlauf sind. Vielleicht können Sie uns ohne technische Einzelheiten sagen, wie viel — verdammt noch mal!«

Er fing das langsam fallende Glas auf, ohne einen Tropfen zu verschütten, dann trug er den schlafenden Wissenschaftler auf die Couch. Nun ja, er durfte sich nicht beschweren. Das war das Einzige, was bisher nicht nach Plan gegangen war. Und selbst daraus vermochte er noch einen Vorteil zu schlagen. Denn solange Rawson hier im Hotel Roris schlief, konnte ihn niemand finden, geschweige denn interviewen.

In Clavius City war es Direktor Davis inzwischen gelungen, jedermann davon zu überzeugen, dass er niemanden bevorzugt hatte. Seine Freude über die Entdeckung der Selene hatte sich schnell gelegt, als kurz hintereinander sämtliche großen Nachrichtenagenturen anriefen und wissen wollten, wie es Interplanet News gelungen sein konnte, die Sache exklusiv zu bringen.

Nachdem sich alles aufgeklärt hatte, war der Argwohn bei den anderen Agenturen offener Bewunderung für Spensers Glück und Tüchtigkeit gewichen. Es würde noch eine Weile dauern, bis sie begriffen, dass er noch ganz andere Trümpfe in den Händen hatte.

Die Funkzentrale in Clavius hatte schon viele dramatische Augenblicke erlebt, aber die folgenden Stunden waren unvergesslich. Es war, als lausche man Stimmen aus dem Grab, dachte Davis. Noch vor ein paar Stunden hatte man all diese Männer und Frauen für tot gehalten — und jetzt reihten sie sich frisch und fröhlich hinter dem Mikrofon in der Selene auf, um ihre Freunde und Verwandten zu beruhigen. Dank der Sonde, die Lawrence als Markierungszeichen und Antenne zugleich an Ort und Stelle belassen hatte, konnte die fünfzehn Meter dicke Staubdecke den Kreuzer nicht mehr von seiner Umwelt abschirmen.

Die ungeduldigen Reporter mussten warten, bis die Selene ihre Sendungen unterbrach, um zu ihren Interviews zu kommen. Miss Wilkins diktierte jetzt Mitteilungen, die ihr von den Passagieren gereicht wurden.

»… sag Martha, Jan und Ivy, dass sie sich keine Sorgen zu machen brauchen. Ich komme bald nach Hause. Frag Tom, wie die Sache mit Ericson geklappt hat, und teil mir das bei deinem Anruf mit. Alles Liebe — George. Haben Sie das? Hier Selene — bitte kommen.«

»Zentrale ruft Selene. Ja, wir haben alles — wir sorgen dafür, dass alles weitergeleitet wird. Können wir jetzt mit Captain Harris sprechen? Bitte kommen.«

»Captain Harris ruft die Zentrale. Bitte kommen.«

Davis trat ans Mikrofon.

»Captain Harris — hier spricht Davis. Ich weiß, dass Ihre Passagiere noch viel zu sagen haben, aber die Nachrichtenagenturen haben ihre Leute hier. Ich kann sie kaum noch zurückhalten. Würden Sie mir zunächst beschreiben, wie es in der Selene jetzt aussieht? Bitte kommen.«

»Nun, es ist sehr heiß, und wir haben nicht allzu viel an. Aber wir können uns über die Hitze wohl nicht beschweren, denn durch sie hat man uns ja gefunden. Übrigens gewöhnt man sich daran.

Die Luft ist noch recht gut, wir haben genug Nahrung und Wasser, obwohl der Speiseplan nicht gerade abwechslungsreich ist. Was wollen Sie sonst noch wissen? Bitte kommen.«

»Fragen Sie ihn nach der Stimmung der Passagiere«, meinte einer der Reporter.

»Alle haben sich sehr gut gehalten«, sagte Pat ein wenig hastig. »Wir fragen uns natürlich, wie lange es dauert, bis man uns herausholen kann. Wissen Sie schon Näheres? Bitte kommen.«

»Chefingenieur Lawrence plant in Port Roris bereits die Rettungsarbeiten«, erwiderte Davis. »Wir verständigen Sie sofort, sobald er eine Schätzung treffen kann. Wie vertreiben Sie sich denn inzwischen die Zeit? Bitte kommen.«

Pat erzählte es ihm und erhöhte damit die Verkaufsziffern von »Mein Freunde Shane« und »Orange und Apfel«. Außerdem berichtete er über die Verhöre.

»Das muss sehr amüsant gewesen sein«, meinte Davis. »Aber jetzt können wir Ihnen alles übermitteln, was Sie brauchen — Musik, Theaterstücke, Diskussionen. Was Sie wollen! Wie es Ihnen gefällt. Sie brauchen Ihre Wünsche nur bekanntzugeben. Bitte kommen.«

Pat ließ sich Zeit zur Beantwortung. Die Funkverbindung hatte ihr Leben verändert, ihnen Hoffnung gebracht und eine Mitteilung an ihre Angehörigen ermöglicht. Aber in gewisser Hinsicht bedauerte er fast, dass es mit ihrer Abgeschlossenheit zu Ende war. Das erhebende Gefühl der Gemeinsamkeit, selbst durch Miss Morleys Benehmen nur geringfügig getrübt, hatte sich verflüchtigt. Sie bildeten keine Einheit mehr. Wie ein Regentropfen im Meer waren sie in der Masse ihrer Mitmenschen untergegangen.

16

Chefingenieur Lawrence hielt nichts von Ausschüssen. Aber diesmal machte er eine Ausnahme, weil es bei diesem Komitee keine Sekretäre, keine Denkschriften und Protokolle gab, weil die Empfehlungen unverbindlich waren und schließlich, weil er selbst den Vorsitz führte. Er allein leitete die Rettungsarbeiten, solange ihn der Chefverwalter nicht fristlos entließ — wozu er sich nur unter großem Druck entschließen würde. Das Komitee sollte lediglich technisches Wissen und Ideen liefern, gewissermaßen als privater Gehirntrust fungieren.

Nur ein halbes Dutzend Mitglieder war tatsächlich anwesend — die übrigen befanden sich irgendwo auf dem Mond, auf der Erde oder im Weltraum. Der Bodenexperte auf der Erde war im Nachteil, weil er infolge der begrenzten Geschwindigkeit der Funkwellen immer um eineinhalb Sekunden hinterherhinkte — und bis dann seine Bemerkungen den Mond erreichten, würden fast drei Sekunden vergangen sein. Man hatte ihn daher gebeten, sich Notizen zu machen und seine Ansichten bis zum Schluss aufzusparen.

»Für die neu Hinzugekommenen möchte ich die Situation noch einmal kurz schildern«, sagte Lawrence, nachdem sich alle Konferenzteilnehmer gemeldet hatten. »Die Selene liegt in einer Tiefe von fünfzehn Metern auf geradem Kiel. Sie ist unbeschädigt, alle Maschinen funktionieren, und die zweiundzwanzig Insassen fühlen sich wohl. Sie haben genug Sauerstoff für neunzig Stunden — diese äußerste Grenze müssen wir im Auge behalten.

Für diejenigen, denen nicht bekannt ist, wie die Selene aussieht, haben wir hier ein maßstabgerechtes Modell bauen lassen.« Er hob es hoch und drehte es vor der Kamera hin und her. »Sie gleicht einem Omnibus oder einem kleinen Flugzeug. Von besonderer Eigenart ist nur ihr Antrieb, für den diese breitflügeligen Schiffsschrauben verwendet werden.

Das entscheidende Problem ist natürlich der Staub. Wer ihn nie gesehen hat, kann sich keine Vorstellung davon machen. Alle Vergleiche mit Sand oder ähnlichem Material auf der Erde sind völlig abwegig. Die Substanz gleicht eher einer Flüssigkeit. Hier ist eine Probe davon.«

Lawrence zeigte einen großen, durchsichtigen Zylinder, der zu einem Drittel mit einer amorphen grauen Substanz gefüllt war. Er kippte den Zylinder — und der Sauerstoff begann zu fließen. Er bewegte sich langsamer als Wasser, aber schneller als Sirup, und es dauerte ein paar Sekunden, bis seine Oberfläche wieder eben wurde. Niemand hätte nur durch Betrachtung auf die Idee kommen können, dass es sich nicht um eine Flüssigkeit handelte.

»Der Zylinder wurde luftleer gepumpt, so dass der Staub sich wie in seiner natürlichen Umwelt verhält«, erklärte Lawrence. »In Luft ändert sich das, dabei verhält sich die Substanz wie sehr feiner Sand oder Puder. Ich möchte Ihnen gleich sagen, dass es unmöglich ist, das Zeug synthetisch herzustellen. Wenn Sie experimentieren wollen, schicken wir Ihnen Staub in jeder Menge zu. Wir haben wirklich genug davon.

Noch ein paar andere Dinge. Die Mindestentfernung der Selene zum Land — in diesem Fall zum Gebirge der Unzugänglichkeit — beträgt drei Kilometer. Die Staubtiefe unter ihr könnte mehrere hundert Meter betragen. Wir wissen es nicht. Wir können uns auch nicht darauf verlassen, dass keine Beben mehr stattfinden, obwohl die Geologen nicht daran glauben.